Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

leilhaft («emall luit, kann trotzdem nicht unlerdriicken, daß er ein paarnuil jjeschickterzn mischen wußte, als es notwendiji jjevsfscn wäre. Die vielen anderen Fälle, in denen er es ^anz jjewiß getan hat, verschweigt er, ob>il eich Schüchternheit sonst nicht seine starke Seite war. Er hat die naive Entschuldigung des Abenteurers, daß die von ihm Geplünderten sonst noch ärgeren Schelmen in die Hand j>efallen wären. Aber er lebte im Grunde vom Spiel, und es faszinierte ihn ganz gewiß nebenbei: denn der Abenteurer, der gewohnt ist, mit seinem Leben zu spielen und der sein Schicksal auf das Schachbrett seiner Tage setzt, geht bei allem nicht mit verkniffenem Ernst an das Spiel wie jene Dilettanten der Spielbank, die Aufnahmen aus dem UfaFilm ,,Manolescu" P/wt. Via sich Systeme errechnen, nach denen die Kugel der Roulette unfehlbar in das richtige Feld rollen muß. Der Abenteurer hält nichts von einem System, schon weil sein eigenes Leben systemlos ist und den Lockungen des Augenblicks gehorcht. Seine Existenz beruht darauf, daß er es versieht, die Zeitgenossen über das Ohr zu hauen, daß er gerissener ist als sie und schwache Augenblicke für sich auszunutzen weiß. Dieselbe Stellung nimmt er auch dem Spiel gegenüber ein. Für ihn ist die Glücksgöttin nicht blind und verteilt nicht wahllos die Scheine an Gerechte und Ungerechte. Er versucht, auch ihre schwachen Augenblicke abzupassen, um sie, wie irgendeinen anderen, zu düpieren. Aber das Spiel gehorcht anderen Gesetzen, und mit Ironie ist seine liefere Bedeutung nicht zu erschöpfen. Alle Abenteurer, die sich dem Spiel ergaben, kamen von ihm nicht los. Casanova verlor nicht selten bedeutende Summen an einem Abend. F"reilich war in seinen Tagen das Spiel vor der Erfindung populärer und rasch zu erhaltender Unterhaltungen, wie es Kino und Radio heute sind, eine soziale Erscheinung. Die Spielwut grassierte um die Wende des 18. Jahrhunderts in einer Weise, die uns heute unfaßbar erscheint. Heute setzen sich Damen der Gesellschaft zum Bridge an den Tisch, w ährend sia sich ehedem in den tollsten Glücksspielen versuchten. Es berührt uns seltsam, wenn wir in den Tagebüchern der gefühlvollen Elisa von der Recke lesen, wie sie sich auf allen ihren Reisen mit Leichtigkeit an den Spieltisch locken ließ, und noch verw undcrler sind wir, sobald wir den Zeilen entnehmen, daß die ,,reur«" Empfindlich schimpft, sobald es jemand vergaß, seine Spielschulden bei ihr zu begleichen. Also selbst eine dem Pietismus und der Empfindsamkeit verschwisterte Erscheinung konnte sich dem allgemeinen Zug ihrer Zeit nicht entziehen. Wenn sich die Vertreter des Bürgertums in ihrer Einstellung zum Spiel gründlich geändert haben, so sind die Abenteurer im Grunde die gleichen Mensclien geblieben. Die Schelme des Altertums unterscheiden sich von denen, die unsere Zeitgenossen sind, nur sehr wenig. Für einen Menschen wie Manolescu, der sein Leben der Erregung des Abenteuers in die Arme warf, bedeutet nun das Spiel viel mehr. Auch er gelangte durch sein blendendes Auftreten, seinen Witz und den Scharm seines Wesens in eine Gesellschaftsschicht, die ihm anders verschlossen geblieben wäre. Aber er war nicht frei von der Eitelkeil des Glücksritters, die Gesellschaft herauszufordern, weil er sich ihr gewachsen fühlte und weil er innerlich frei war von den Hemmungen der Konvention, die er hur äußerlich beachtete. Solche Rebellen sind immer tragisch gescheitert, weil es nur verschwindend wenige verstanden, im richtigen Augenblick zu bremsen. Chamfort, der Sohn des ancien regime, schrieb seine Aphorismen, in denen er sich mit den Gesellschaftsproblemen seiner Tage auseinandersetzt. Manolescu, der die Gesellschaft mit mehr als geschlossener Schicht vorfand, hätte für eine ähnliche Beschäftigung keine Resonanz mehr gefunden. Ihm blieb allein das Schicksal des Spielers.