Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

^^^ qci4HSöe/v^ juM^eirjiicuin Das Stadtchen Burchar in Nebraska ist vermutlich eine jener Landstädte des amerikanischen Mittelwestens, die sich alle zum Verwechseln ähnlich sehen. Eine Broadway genannte Hauptstraße mit einigen Gebäuden, die den nicht gelungenen Ehrgeiz zeigen, Wolkenkratzer zu werden, Nebenstraßen, die zumeist von Holzhäusern umrahmt werden, und Wellblechbuden an den Rändern, die kein Pflaster mehr haben, sondern schon Prärie sind. Diese Landstädtchen leben von den Farmern, die auf ihren Fords viele Kilometer herbeieilen, um einmal ,, Großstadtluft" zu genießen. Aber ehe das Auto und mit ihm die schönen Landstraßen in Amerika populär wurden, herrschte in solchen Ansiedlungen alles andere als Wohlstand. Kein Wunder, daß die junge Generation aus ihnen heraus in die bevölkerten Städte drängte, in denen es leichter war, zu Dollar — und wenn nicht zu ihnen, so doch zu einem mäßigen Vergnügen — zu kommen. Unter den jungen Leuten, die aus Burchar herausströmten, befand sich auch ein gewisser Harald Lloyd (das o in der zweiten Silbe des Vornamens kam erst viel später), der sich nicht nach dem Osten, nach Chikago oder New York, sondern nach dem Westen, nach Kalifornien wandte. Man hatte damals gerade die großen erfolgreichen Bohrungen in Erdöl gemacht, und das ganze Land war von einem Ölfieber ergriffen. Man kaufte ein paar Acker wertlose Wüste — auf Kredit natürlich, wie alles in Amerika — und konnte morgen schon Millionär sein, sobald das Vorkommen von Erdöl unter dem Sande verbürgt war. Wer aber nicht auf Petroleum spekulierte, hatte die Anwartschaft auf eine Filmkarriere. Hollywood war, nachdem Mac Sennet 1911 den Grundstein zu dem ersten Atelier gelegt hatte — Grundstein natürlich nur im symbolischen Sinne, denn das Studio war nichts anderes als ein leichter Bretterbau — , in Amerika damals schon berühmt. Mary Pickford hatte bereits ihre Wocheneinnahme von 10 000 Dollar, David Wark Griffith, der berühmte Regisseur, bezog kaum weniger und wagte eben den ersten Großfilm ,,Intolerance", bei dem 6000 Menschen die ,, Atmosphäre" machten, wie man in der Filmsprache sagt. Dieser gewisse junge Mann tauchte also in Hollywood auf, erfüllt mit dem Optimismus der Jugend, allerdings mit einem sehr amerikanischen Optimismus, dem ein Berufswechsel über Harald Lloyd p/wt. Paramount Nacht keine Unbequemlichkeit bedeutet. Natürlich mußte er sehr schnell einsehen, daß auch in Hollywood die besten Plätze bereits besetzt waren und sogar um die sehr wenig guten die Rauferei Tag und Nacht ging. Aber ihn störte die Erfolglosigkeit gar nicht, der er eine sehr große Zähigkeit entgegensetzte. Schon in jenen Tagen war der Verbrauch an Menschenmalerial in der Filmstadt enorm. Die Regisseure wollten immer neue Gesichter sehen, und wer nicht selbst als Komparse für einen bestimmten Typ abgestempelt war, hatte kaum Aussicht auf eine längere Beschäftigung und noch weniger darauf, einen ,,bit", eine winzige Rolle, zu erhalten. Harald Lloyd war ein Statist wie tausend andere. Und wenn er zumeist für die Groteskkomödien engagiert wurde, so allein deshalb, weil er über eine körperliche Ausbildung verfügt, die ihn Kunststücke nach Art eines Parterreakrobaten als geringfügig erscheinen ließen. Es ist bekannt, daß in den amerikanischen Kurzfilmen die tollsten Dinge von den Darstellern verlangt werden und durchaus nicht alle halsbrecherischen Kunststücke mit Hilfe eines Tricks aufgenommen sind. Lloyd kam nun auf eine echt amerikanische Art durch Unglück zu seinem Glück. Er hatte in einer Groteske eine Bombe zu werfen, die im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Knalleffekt werden sollte. Durch ein Versehen des Aufnahmeleiters war die Bombe mit einer falschen Zeitzündung versehen. Sie explodierte, ehe die Aufnahme begann, und zerfetzte die rechte Hand von Harald Lloyd. Zwar konnte man ihm diese im Hospital von Los Angeles mühsam zurechtflicken, aber um die Karriere als Liebhaber, die er sich wie jeder andere Filmaspirant erträumt hatte — schon weil diese Darsteller immer das höchste Honorar erhalten — war es aus. Der Regisseur, der sich ein wenig Gewissensbisse machte, beschäftigte ihn weiter, weil Lloyd trotz des Unfalles vor nichts zurückschreckte, fand ihn aber zu wenig typisch. Das freundliche, gesunde Durchschnittsgesicht des typischen amerikanischen Bürgers sagte zu wenig für die Groteske, deren Wirkung ja auf einer Zuspitzung der Gegensätze besteht. Ja, wenn Lloyd dick gewesen wäre wie Fatty Arbucle oder athletisch wie Henry Bergmann, wenn er gespielt hätte wie Ben Turpin, dann wäre es leichter gewesen, ihm einen ,,bit" zu geben und ihn mehr nach vorn zu stellen. Es war kaum mehr als eine Laune, die den Regisseur einst ver