Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

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Aber als es Abend wurde und das Auto schnaufend die Straße erreichte, die sich in unzähligen Windungen an der illyrischen Küste cntlangzieht, kamen andere Gedanken, Urplötzlich hinter niederer Böschung hervor kam das Meer auf wie eine ungeheuere tiefblaue, fast schwarze Wand. Die Sonne war schon hinab, und nur ein paar rötlich gefärbte Wölkchen schwebten über dem spiegelglatten Meer. Das war still und sehr feierlich. Und sie hätte gern haltgemacht und den Anblick tief in sich aufgenommen. Aber der Viertakt des Motors häramcrlc fort, und der kleine, schlanke Mensch am Steuer nahm maschinenhaft unbewegt seinen Weg weiter. Seltsame Kakteen hingen zu beiden Seiten der Straße über, griffen vorwärts mit slachelbewehrten dunklen Armen. Sterne blitzten auf. Dann bog der Wagen wieder von der Straße am Meer ab. Die Holperei begann von neuem, wenn auch nicht so heftig wie im ersten Teil der Straße, Tief vornübergebeugt hing der Chauffeur am Steuer. Aus seiner Hüfttasche sah irgend etwas Metallisches hervor, an dem sich Dorrits Blick verfing. Plötzlich wurde es ihr klar, daß es der Kolben eines Revolvers war. Das war soweit nichts Außergewöhnliches. Aber sie beugte sich doch vor, um ihrer Sache .sicher zu sein. Ja, es war ein Revolverkolben. Die Hüfttaschc war aufgegangen. Bei der nächsten heftigen Bewegung würde die Waffe herausfallen. Der blitzende Kolben reizte zur Berührung — Jetzt schob sich der Drücker zurück — und Dorrits Finger griffen die Waffe auf. Ihm auf die Schulter klopfen Sie, Sie haben Ihr Schießzeug verloren! Ja — aber — — Der hochwandernde Blick blieb jetzt am Nacken des Chauffeurs haften, der schmächtig, dünn, fast weiblich aus dem Kragen sah. Der Haarschnitt hinten hatte sich verschoben — der Chauffeur trug eine Perücke. Also doch! war ihr erster Gedanke, Sie halle sich immer wieder ein Gefühl von Sicherheit aufschwatzen wollen — gegen eine widerliche kleine leise Stimme, die zum Aufpassen riet. Es ist schon so, daß diese widerliche kleine leise Stimme in uns meistens recht hat. Also doch! Und dann blieb ihr fast das Herz stehen bei dem Gedanken, sie hätte den Blick nicht an dem glänzenden Gegenstand hängenlassen, den Revolver nicht entdeckt. Jetzt zum Beispiel würde es wahrscheinlich der Fall gewesen sein — es war schon ziemlich dunkel, der Himmel tiefgrün. Sie wog die ziemlich schwere Waffe in der Hand — — Wenige Minuten später kam ein Haus in Sicht. Bald sah man, daß es sich um ein ungewöhnlich großes, langgestrecktes Gebäude handelte. Die Architektur war nicht zu erkennen. 1^8 war schon zu dunkel. Auch verschleierten dichte Palmcngruppcn die Formen fast vollständig. Der Chauffeur bremste ziemlich hart und hielt. Man war vielleicht fünfhundert Meter von dem Gebäude entfernt. Der Chauffeur sprang ab und öffnete den Schlag. ,,Schükri ~ Pas;ha-i Haus', sagte er kurz. ,, Steigen Sic ab!" ,, Fahren wir nicht bis ganz hin?" fragte Dorrit, Den Revolver hatte sie unauffällig unter der aufgestützten rechten Hand, Typen aus der Komparserie zu dem neuen Ulaton-Film „Der loeiße Teufel" nach der Novelle „Hodschi Mural" von Leo Tolstoi Phot. Ufa ,, Überlassen Sie das mir", sagte der Chauffeur, ,, Jetzt kommen Sie heraus! Nehmen Sie den Beutel ab, den Sie um den Hals haben! Geben Sie ihn her — oder ich — " Er griff in die Hüfttasche, „Oder was?" fragte Dorrit. Und der Chauffeur sah seine eigene Waffe auf sich gerichtet. Er war sehr blaß, er rang nach Worten. „Ihre Stimme kommt mir so bekannt vor", fuhr Dorrit fort. „Vielleicht nehmen Sie einmal die Perücke ab," Mit einem Ruck flogen Mütze, Perücke und Brille herunter, Schwarzes, wuschliges Frauenhaar quoll hervor. Dorrit nickte. ,,Dns habe ich mir gedacht. Was wollen Sie eigentlich, Madame Jancovics? Ein Raubübei .'all mit Revolver — lUyrien muß ganz nahe bei Texas liegen. Können Sie auch so von der Hüfte weg schießen wie Bück Duane oder der blutige Fred? Himmel, was ist das für eine Kolportageatmosphäre in diesem Land!" Ranka lachte spöttisch auf, „Sic sind eine eingebildete Gans. Weil ich dumm genug war, Sie für eine Stubenhockerin zu halten, für ein Büromädchen ohne Ahnung der hiesigen Verhältnisse, haben Sie zweima' Glück gehabt. Und jetzt blasen Sie sich auf wie ein Frosch. Wenn sie eine Ahnung hätten, Sie blöde — — " ,, Lassen Sie Ihr Gekeif!" unterbrach Dorrit, aber sie lachte dabei. ,,Die Einbildung dürfte wirklich nicht auf meiner Seite sein. Ich begreife nicht, wie sich Ihresgleichen vorstellen kann, einer Mitteleuropäerin von heute überlegen zu sein! .Titta, das kleine Stubenmädchen' oder ,Ein Finger in der Nase, der andere am Pistolendrücker'. Sic kommen hundertfünfzig Jahre zu spät, meine Liebe." Die blonde und die schwarze Frau standen einander gegenüber. Wie in einem amerikanischen Film, dachte Dorrit. , Alberne Pute", sagte Ranka. „Das nächste Mal werde ich — " ,, Haben Sie sich den niedlichen Schnurrbart eigentlich angeklebt oder ist der Natur?" fragte Dorrit sanft. Ranka riß das Stückchen Bariwolle, das sie vor der Feindin lächerlich machte, mit einem Schimpfwort herunter, ,,Ich habe jetzt genug von Ihnen", sagte Dorrit verächtlich, ,, Verschwinden Sie — da hinunter! Ich fahre morgen allein weiter. In Kotorakek werde ich dafür sorgen, daß das Auto seinem wirklichen Besitzer zurückgegeben wird. Er heißt, soviel ich weiß, Danilo Pasic oder so ähnlich. Damit es aber Ihnen nicht etwa einfällt, mir morgen irgendwo aufzulauern — ich werde mir Polizeideckung verschaffen. Gute Nacht, Madame oder Monsieur! Vergessen Sie nicht, Ihren Schnurrbart mitzunehmen!" ,,Was wollen Sie jetzt tun?" fragte Ranka unbewegt. ,,Ich fahre hinauf zum Hause Schükri-Paschas. Und Sic machen kehrt und gehen zurück." Ranka zerbiß ein Lächeln, Gott allein wußte, ob vor Wut oder vor Hohn, Sie drehte sich um und ging langsam den Weg zurück, den sie heraufgefahren waren. Eine Weile sah ihr Dorrit nach. Dann setzte sie sich an das Steuer des Wagens, Autofahren konnte sie. Mit dem Zweisitzer Käte Oestvigs ging sie viel besser um als die Besitzerin selbst. Das Auto schnaufte und sprang vorwärts. Fortsetzung folgt