Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

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im an Ihnen, glaube ich. Bitte, machen Sie einmal die Augen auf und sehen Sie zum Fenster hinaus! Was liegt da, wie?" Er sah sich verblüfft um. In der Bucht, fünfzig Meter unterhalb des Hauses, lag eine kleine, blitzende Luxusjacht mit weiß gestrichenem schlanken Rumpf und einem leuchtend zitronengelben Schornstein. Und vom Bug der Jacht tropften die Ankerketten herunter. Es gab nur einen einzigen kurzen Moment der Erstarrung. Dann gab sich Dorrit einen Ruck. ,,Ich übernehme das Kommando", erklärte sie. „Sie müssen — hören Sie — Sic müssen jetzt tun, was ich Ihnen sage. Machen Sic sofort, daß Sie hier herauskommen, und laufen Sic zum Strand herunter! — Rufen Sie die Jacht an! Sagen Sie, daß man die Herrschaften mit Vergnügen erwartet — daß es Ihnen eine besondere Ehre sei, sie hcraufzuführen — daß sie den Besuch sicherlich nicht bereuen werden — und lotsen Sie die ganze Gesellschaft hier herauf. Sofort. Um alles weitere brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Dafür sorge ich." ,,Ja — aber — " ,,Kein Aber! Vorwärts, vorwärts!" Resigniert machte Robby kehrt, saß mit einem Ruck Fensler, bog sich nach außen und verschwand, sich wieder der Dachrinne emporziehend, mit einem Schwung. Im ersten Augenblick hatte sie ihm ganz entsetzt nachgestarrt. In der Aufregung hatte sie gar nicht daran gedacht, daß er ja das Zimmer nicht durch die Tür verlassen konnte — Noch immer klangen draußen die Stimmen der Diener. Sie zwang sich, zu überlegen. Aber mit aller Macht mußte sie die Worte zurückdrängen, die er ihr über den Pascha gesagt hatte — sonst verlor sie die Sicherheit. Und die brauchte sie — vielleicht nur noch auf ein paar Stunden, aber sie brauchte sie. Sie wußte sehr gut, daß es bisher zwecklos gewesen wäre, etwa den Pascha unter Bedrohung zur Herausgabe des Geldes zu zwingen. Bei dem Fußballspiel hatte sie die Zahl seiner Leute feststellen können — es waren fast zwanzig. Und jetzt? Wer konnte sagen, was für Menschen an Bord der Jacht waren — und sie kamen ahnungslos herauf, erwarteten ein Vergnügen, eine Sensation; vielleicht, ja, fast sicher waren Frauen dabei. Sie durften nicht in Gefahr kommen. Warum sollte sie aber auch? Sie lächelte. Sie hatte wieder einmal eine Idee. * Robby hatte das Ufer erreicht. Von der Jacht stießen gerade zwei Boote ab, jedes von zwei Matrosen gerudert und jedes gefüllt mit einem Dutzend eleganter, lachender, schwatzender Menschen. Robby schwankte zwischen der Freude, endlich in diesem verfluchten Land ein paar Europäer zu treffen — und dem Gefühl absoluter Unsicherheit. Würden die Leute die ,, Einladung" annehmen? Und wenn sie sie annahmen — würde der Pascha die Tore öffnen lassen? Es war schließlich nicht gut denkbar, daß diese Damen und Herren wie er über den Ahorn da hinten und über die Mauer und die Hühnerställe einsteigen würden — Fast gleichzeitig stießen die Boote an Land. „Hallo!" schrien die Insassen im Chor. ,,Hcre we are — Sind Sic der Führer? Ist das da oben die neue Sache? Dear me, das sieht aus wie eine Festung. Wie alt ist das Haus? Gibt es eine Bar? Gibt es eine Tanzdiele? Sind vor uns schon Leute angekommen? Was spielt man bei euch? Bac? Roulette? Ecartc?" Robby, umtost von den amerikanischen und englischen Quelschtönen, ließ die Fragen wie belaubt auf sich einprasseln. Völlig hilflos klammerte er sich an das, was ihm Dorrit aufgetragen halte. Er machte eine leichte Verbeugung, murmelte seinen Namen. „Ladies and gentlemen — man erwartet Sie mit Vergnügen — CS ist mir eine besondere Ehre, Sie heraufzuführen — Sie werden den Besuch sicherlich nicht bereuen." Worauf ein großer, dicker Herr in tadellosem, blendend weißem Scglcranzug three checrs auf die famose alte Räuberhöhle da oben ausbrachte, so daß Robby ihn verblüfft ob dieses geradezu fabelhaften Ahnungsvermögens anstarrte. Die ganze Gesellschaft stimmte ein und machte sich dann begeistert daran, hinter Robby den Felsenpfad zum Hause des Paschas hinaufzusteigen. Alle waren in prachtvoller Stimmung, fanden den Weg romantisch, das Schloß, von dem nur ein paar Linien durch die dichten Palmengruppen schimmerten, ,, pittoresk" und ,,awfully nice", und der Besitzer der Jacht, Mr, Stuart Bopkinson, strich sich mit zufriedenem Lächeln seinen Menjou-Schnurrbart. Es war doch mal eine Abwechslung nach zehn Tagen Kreuzfahrt durch diesen blitzblauen Teich, den sie Mittelmcer nannten. Dorrit sah sie heraufsteigen. Sie stürzte zum Zimmer Schükri-Paschas, der seinen Kef hielt. Es war ganz ausgezeichnet, daß er seinen Kef hielt. Sie fegte an dem sudanesischen Diener, der sie nicht zurückzuhalten wagte, mitten in den Schlaf seiner Exzellenz hinein. Schükri-Pascha schlief den Schlaf des gerechten Wucherers. Er röchelte ein bißchen, und sein borstiger, weißgrauer Schnurrbart stach im Schnarchen auf und nieder. Seine bräunlich gefleckten Hände mit den dicken, übermäßig beringten Fingern zuckten, als wollten sie etwas festhalten. Dorrit überwand lebhaften Widerwillen und schlich an ihm vorbei zum Fenster, das sie aufriß, Sie schrie in den Hof: „Habib!" Der Neger am Tor erschien. Das Mädchen, das aus dem Schlafzimmer des Paschas sah, rief herunter, ,, Schließ den Gästen die Tore auf, Habib!" Habib, der Neger, grinste ein bißchen. Er riß die Tore auf. Die Kleider der Damen schimmerten bereits bunt zwischen den Stämmen des Palmenwäldchcns. Jetzt ging Dorrit auf Zehenspitzen hinaus. Der Pascha drehte sich, noch immer schlafend, auf die andere Seite. Vor dem Zimmer wandte sich Dorrit an den Diener: ,, Melde mich Seiner Exzellenz, Ali." Der Sudanese machte ein geradezu idiotisches Gesicht. Erst ging sie hinein, dann kam sie heraus und wollte sich melden lassen. Aber er gehorchte. Der Pascha war es schon fast gewohnt, im Kef gestört zu werden. Er kam kaum eine Minute später und brachte es sogar fertig, zu lächeln. Sie stürzte auf ihn zu. ,,Ich bin so froh, Exzellenz — soeben sind ein paar sehr liebe Freunde von mir eingetroffen — sie sind schon unten im Vorraum und freuen sich so darauf, Sie zu begrüßen. Bitte, kommen Sie doch gleich mit nach unten — ! Ich habe meinen Freunden bereits so viel von Ihrer herrlichen Gastfreundschaft erzählt — " Sie hatte ihn schon die halbe Treppe hinunter, als sich der Inhalt ihrer Worte in dem erst langsam wieder in Gang kommenden Gehirn des noch halb Schlafenden niederschlug. Er begriff zwar noch nicht, aber er hatte die ersten unbehaglichen Gefühle. Und da war es auch schon zu spät. Die ganze Gesellschaft platzte in den Vorraum. Der Pascha sah sich von zwei Dutzend Damen und Herren umringt, und das europäische Begrüßungszeremoniell nahm ihn voll in Anspruch. Dorrit ließ ihn auch gar nicht mehr dazu kommen, an irgendwelche Abwehrmaßregeln zu denken. Sie fischte geschickt die Französisch Sprechenden heraus und schob ihnen den Pascha als mundgerechten Bissen zu. Madame Ciaire de Vatel, Mrs. Joan Georgina Crawford und Miß Joy Pringle überschütteten den Verwirrten mit hundert Fragen, die alle zu beantworten er zwei bis drei Stunden gebraucht hätte. Dorrit sah ihn gut aufgehoben und fuhr wie ein Blitz unter die verstörte Dienerschaft. Weinvorräte aus dem Raritätcnkabinelt — ein Fäßchen uralten Malvasier und fünfzig Flaschen Irroy 1911 — wanderten nach unten. Ali, Hussein und Mulei wuschen Gläser. Achmed und Masud brachten Tablette mit Maiskuchen. Mit dem Temperament eines halben Dutzends von Kobolden heizte Dorrit die braven Leute durcheinander, wirbelte sie mit Likören und Zigaretten unter die umherstehenden Jachtleute, unter denen sich bereits zwanglose Gruppen zu bilden begannen. Niemand findet sich schneller in ungewöhnliche Situationen als der Angelsachse. Fortselzung folgt