Film-Photos Wie Noch Nie (Jan-Dec 1921)

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Erziehung zum Gentleman Gentleman — das ist wörtlich ein Edelmann. Aber ein Edelmann muß ebensowenig ein Gentleman sein, wie ein bürgerlicher Mensch sehr wohl einer sein kann. Gentleman ist ein Begriff, der nichts zu tun hat mit hoher Bildung und alter Familie, nichts mit Begabung und Talent, eigentlich nicht einmal mit Charakter, obwohl man sich einen Gentleman mit einem schlechten Charakter nicht gut vorstellen kann. Ein Gentleman muß sich in allen Lebenslagen tadellos benehmen können. Er ist der neue ^^^^^^ del, der keine Furcht kennt, irgendwo im Leben anzustoßen. Der Gentleman ist ritterlich gegen Frauen, aber er muß nicht galant sein. Was ihn vomGecken ^ und Schürzenjäger interscheisein sicher Takt, mit dem eine kritische tuation rasch erßt und aus ihr die richtigen Konsequenzen zieht. Der Gentleman ist gut angezogen, aber nicht um schön zu wirken, sondern nur um nicht unangenehm aufzufallen. Er ist immer einfach gekleidet und vermeidet es, in Aeußerlichkeiten individuell zu wirken, weil andere Menschen ärgert und er zum unfreiwilligen Anlaß ihres Spottes wird. Der Gentleman spricht nie viel. Nicht weil er nichts zu sagen hat oder weil er ein großer Schweiger ist, sondern weil er den Rhythmus einer Unterhaltung geschickt meistert und weiß, daß andere vielleicht auch etwas sagen wollen. Der Gentleman spricht nie zu wenig, nicht um die Maske des Philosophen zu tragen, sondern weil ein Gespräch sonst leicht stockt und peinliche Stimmungsstörungen hervorgerufen werden. Der Gentleman ist nie banal und nie originell, er ist aber immer korrekt. Zum Genie wird man geboren, ein Talent muß man haben; eine gute Figur, ein angenehmes Gesicht bekommt man von den Grazien in die Wiege gelegt. Das sind Gaben, die die selbst unbekümmert lebenden Götter achtlos verstreuen. Aber Gentleman kann man werden. Man kann sich oder andere zu ihm erziehen. Eigentlich nur durch die einfache Befolgung der Lebensregel: was dir an anderen mißfällt — lass' sein. Erregt ein Flegel deinen Abscheu, sei höflich; wirkt der Anblick eines saloppen, ungepflegten Menschen auf dich unangenehm, trachte sein Gegenstück zu verkörpern; ärgert dich ein unangenehmer Fex — sei nett; blamiert sich ein Tropf — sei vorsichtig und klug. Und sei immer das Gegenteil von gemein. Du weißt, daß menschliche Laster den Nebenmenschen unangenehm sind — sei aber um Himmels willen nicht salbungsvoll in der Propaganda für die Tugend — sondern meistere sie wie selbstverständlich. Protestiere gegen die Bezeichnung „anständiger Mensch", denn in ihr schwingt ein Unterton von Mitleid. Sei tapfer, aber nicht draufgängerisch, und wenn du dir den Luxus einer Weltanschauung leisten kannst — betrachte sie als dein Privileg. Sie geht keinen anderen etwas an. Und wenn dich, o Gentleman, ein böses Schicksal dazu verurteilt hat, Gentlemen filmen zu müssen, merke dir: spiele keine großen, edlen, gewaltig kühnen Helden mit romantischen Allüren. Sie sind immer ein bißchen komisch. Der Gentleman ist der Held unserer Zeit. 30