Film-Photos Wie Noch Nie (Jan-Dec 1921)

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fynny Porten: (Theater unb $\lm Es sind vielfach Aufforderungen an mich gelangt, mich der Sprechbühne zuzuwenden, und ich muß sagen, daß es mir nicht leicht geworden ist, solche Aufforderungen abzulehnen. Denn selbstverständlich schlummert in jeder ernsten Filmschauspielerin die Sehnsucht, auch einmal auf der Sprechbühne zu stehen. Ich verhehle mir dabei nicht, daß der Sprung auf die Bretter für mich eine so große und ernste Aufgabe wäre, daß ich mich mit ganzer Seele und allen meinen Fähigkeiten diesem für mich neuen Gebiet hingeben müßte. Das würde viel Studium und Zeit erfordern. Und hierzu langt es leider bei meinem schweren Filmberuf — muß ich doch jährlich vier Filme herstellen — nicht. Diejenigen, die den Film als eine Surrogatkunst bezeichnen, haben ihn in seinem innersten Wesen einfach nicht erfaßt. Das Fehlen der Sprache im Film wird reichlich ersetzt durch Dinge, die wiederum die Sprechbühne nicht geben kann. Hat doch der Film den großen Vorzug, die freie Natur in allen ihren Nuancen, Schattierungen und großartigen Schönheiten einfangen zu können, und es ist Sache des Regisseurs und des Künstlers, wie er sich jeweils in diese Naturbilder einfügt. Der Film hat ferner für sich die Echtheit des Milieus und die Schnelligkeit des Szenenwechsels, und schließlich glaube ich, daß bei einem glücklichen Zusammenarbeiten aller Faktoren der Film eine spezifische Atmosphäre hat, wie sie die Bühne nie aufbringen kann. Für mich persönlich hat die Arbeit am Film, sei es im Atelier oder im Freien, nichts Desillusionierendes. Ich glaube, daß, ebenso wie es einen ,, Kulissenzauber" gibt, den ganz seiner Aufgabe hingegebenen Filmschauspieler ein ,, Atelierzauber" gefangennehmen kann. Mir gehl es jedenfalls so. Ich glaube, es ist tatsächlich ein Rauschzustand, in dem man sich befindet, wenn erst einmal der Ruf ..Aufnahme1" erschallt ist. Ich fühle und sehe nicht mehr den auf mich gerichteten Kurbelapparat, ich empfinde nicht die Wirkungen des Jupiterlichts, und auch aller Lärm und alle Begleiterscheinungen, der ganze technische Apparat, existieren für mich nicht mehr. Und dann: was dem Bühnenschauspieler ganz fehlt: die Nähe der Natur bei den Außenaufnahmen — das ist für den Filmschauspieler einer der größten künstlerischen Anreize und ein unvergleichliches Stimmungselement. Das habe ich zum ersten Male so ganz stark empfunden, als ich Hauptmanns ..Rose Bernd" im Film spielte. Ich fühlte da wirklich, wie die Sonne -bei der Feldarbeit heiß auf den Rücken prallte, ich sog den herrlichen Erdgeruch beim Kartoffelgraben ein und sah, wie der alte Bernd wirklich durch reifes, wogendes Kornfeld schritt, das in der Sonne glitzerte. Und trotzdem gibt es einen sehr wichtigen Grund, der mich veranlassen könnte, Theater zu spielen: einmal eine dramatische Handlung von der Exposition bis zum Schluß, langsam schauspielerisch steigernd, entwickeln zu können. Denn das ist vielleicht das Schwerste für uns Filmschauspieler: daß wir nie zusammenhängend unsere Rolle spielen, sondern daß die Reihenfolge und Einteilung der Aufnahmen nach den technischen Erfordernissen erfolgt. Selbst wenn ein feinfühliger Regisseur auf den Gang und die Entwicklung der Handlung in Reihenfolge der Aufnahmen Rücksicht nimmt, — es kann doch nie vorkommen, daß die Aufnahmen in der gleichen Reihenfolge stattfinden, wie sie nachher im Film abrollen. In dieser Beziehung ist die Arbeit am Film immer sehr schwer für mich. Mitten in der höchsten Ekstase, in einer Steigerung, muß abgebrochen werden, weil die nächste Szene in einer anderen Dekoration spielt. Diese Schattenseite des Filmberufs ist es, die bei mir oft die Sehnsucht nach der Bühne aufkommen läßt, obgleich ich meinen Beruf als Filmschauspieler in über alles liebe. V ielleicht empfinde ich diesenMangel gerade deshalb so stark. 31