Film-Photos Wie Noch Nie (Jan-Dec 1921)

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Soviel ihm auch geschieht, es geschieht ihm nichts. Die Schweren, Dicken, Reichen, Groben, Feierlichen, Hochmütigen, kurz, die Unsympathischen, kommen zu verdientem Schaden. In jede Grube, die sie graben, stolpern sie, in jede Schlinge, die sie knüpfen geraten sie; die Welt ist für sie überstrichen mit Leim, auf den sie gehen. Was für Pech haben sie, wenn sie Glück haben! Wie schlecht bekommt es ihnen, wenn sie, ihres Opfers schon ganz sicher, eine winzige Katz-Maus-Spielpause machen, die süße Sekunde vor dem Hinhauen voll durchzuschmecken ... es ist die entscheidende, die sie so versäumen. Gott ist wider sie. Er füllt ihre Augen mit Nebel und ihre Glieder mit Schwerem. Er läßt sie in die Irre laufen und danebenzielen, und vom Himmel fallen Löcher in die Erde, damit sie hineintreten. Wie anders der sympathische Held, der Kleine, Flinke, Freche! Alle Dinge sind verschworen gegen die Jäger für ihn, das Wild. Es ist, als ob ein Heer von freundlichen Kobolden ihm zur Seite stünde. Schlupfwinkel öffnen sich, Verkleidungen liegen parat, Stützpunkte wachsen aus dem Leeren, der einzige Zufall, der helfen könnte, ereignet sich. Der Tod, ihm auf den Fersen, hat eine Sense aus Papiermache und macht sich lächerlich. Und immer, wenn die Not am höchsten, ist das NotWendige, das Not Wendende am nächsten. Man könnte religiös werden. Einen Millimeter vor dem Mann auf den Schienen kommt der Zug zum Stehen. Im letzten Sfekundenteilchen fährt der Heuwagen vorbei, der den aus dem dritten Stock Gestürzten weich auffängt, im tollsten Automobilgeflitze, kein Vogel entginge da dem Verderben, ist er sicher wie auf der sichersten Promenade. Durch jede Katastrophe geht er wie die Juden durchs Rote Meer. Weil er auserwählt ist vom Herrn, der die Filme macht. Ueber seinem Haupt blitzen Fittiche des Schützengels, der ihm geneigt ist. Wir rationalisieren diesen Engel, ver Au>: Alfred Poltfar „An den Rtnd geichrieben" Erntt Rowohlt VerUg Berlin W 5 0 (Der Junggeselle) manschen ihn ins Innere des Beschützten, geben ihm allerlei Namen, wie Pfiffigkeit, Witz, Mut. Aber unsere unbestechliche Infantilität spürt die Sache doch als das, was sie recht eigentlich ist: als Märchen. Und das ist der bizarre Reiz dieser Art von Film: daß da, hinter der Maske der groben, gemeinen Realität, das alte, liebe Märchen steckt. Es schimmert zart durch das Rohe. Die Welt der Zwerge und Riesen, der Drachen und geraubten Prinzessinnen und tapferen Schneiderlein, des geprellten Teufels und seiner Ueberlister erlebt da neue Inkarnation. Diese ungeschlachten Kerle, die dem Kleinen ans Leben oder ihn zumindest verprügeln wollen, haben sie nicht was von Fabelwesen, von dummen Riesen, bestimmt, hintergangen zu werden? Steht ihr Bezwinger nicht merkbar unterm Schutz einer guten Fee? Sind die Dämonen, die in den Dingen hausen, seinem Ruf nicht hörig? Und kriegt er nicht zum Schluß so sicher das Geld und das Mädel, wie der Gesell im Märchen den Thron und die Königstochter? In diesen Filmen hat sich das l uromantischste einen tüchtigen Romantischen angetrunken. Die Dinge, freiheittaumlig, springen aus der Ordnung. Ursache und Folge mischen sich in närrischen Kreuzungen. Ich sah einen herrlichen amerikanischen Groteskfilm, in dem die Leute mit einem Hieb auf den Schädel betäubt und mit dem gleichen Hieb auf den Schädel wieder zu Bewußtsein gebracht wurden. Es ging da am Ende her wie auf einer Exkneipe der angeheiterten Kausalitäten. Eine kostbare, sauerstoffreiche Welt. Der Terror der Wahrscheinlichkeit ist gebrochen, die Vernunft trollt sich mit eingezogener Logik, und über ihren verlassenen Positionen flattert rosenrot die Fahne der Freude. 49