Der Kinematograph (May 1912)

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Fernsprecher 305. Düsseldorf, 8. Mai 1912. Erscheint jeden Mittwoch. Nachdruck des Inhalts, auch auszugsweise, verboten. Die Handhabung der Filmzensur. Von Rechtsanwalt Dr. Richard Treitel in Berlin. 1 . Einigt» Fachzeitschriften heriehtei wöchentlich über die Films, die vom Berliner Polizeipräsidium in der Berichts- woohe verboten werden. Der Bericht teilt sich in zwei Rubriken. Einmal wird mitgeteilt, welche Films voll¬ ständig, dann welche für Kinder verboten sind. Die Durchsicht dieser Rubriken ist überaus interessant, uns tatsächlichen und aus rechtliche« Gründen. Aus tat¬ sächlichen Gründen darum, weil man deutlich erkennen kann, wie die fortgesetzten Angriffe au* den Kinemato- graphen die Zensoren bei ihrem an sich schon schweren Amte nervös und un¬ sicher gemacht haben. Es wird unglaublich viel verboten aus Gründen, die einer Prüfung kaum standhalten können. Das Verbot wird kurz liegründet, und begreif¬ licher Weise für Zensur und für Aussenstehende wird gegen ein solches Verbot selten der Rechtsweg beschritten. Ver¬ botene Stellen werden — wenn es technisch irgend nngängig ist aus dem Film herausgeschnitten. Es wird etwas anderes aus dem Film gemacht, weil man die unbeanstan¬ deten Stellen für die geschäftliche Verwertung retten möchte. Aus diesen Umständen erklärt sich vielleicht die Tatsache, dass oftmals die Wege des Kinodramatikers so dunkel sind. Tn eine Handlung, die einmal fertig konzipiert und dargestellt war. muss etwas anderes hineingesetzt werden, was Teile der früheren Handlung ergänzen und Zu¬ sammenhänge schaffen soll. Da geht es ganz selbstverständ¬ lich ohne Unebenheiten und Unklarheiten nicht ab. Hoffentlich gibt dieser Artikel Anlass dazu, dass die Filmfabrikanten nicht aus schlecht angebrachter Sparsamkeit weiterhin »ich die Films verbieten lassen, son¬ dern dass in möglichst zahlreichen Fällen die Entscheidungen der O e - richte angerufen werden. * L " Zensur wird ein derartiges |»ur wünschen können, um i jbtäbe für die Beurteilung lu gewinnen. [ 2 . Man betrachte einmal, »u« welchen Gründen , Film verboten wird. Ich zitiere: r’/.hrei e Mas»- n Film.« Titel: Die feierliche Stunde. Grund des Verbots: Raffinierter .Schurkenstreich eines höheren Beamten. Selbst¬ mord des Sträflings Titel: Die Wurzel des Uebels. Grund des Verbots Die Handlung beruht auf einem ganz gemeinen Verbrechen (Gift mischerei). Titel: Die verwelkte Lilie. Grund des Verbots: Wahn¬ sinnsszene infolge unglücklicher Liebe, Sterbeszene Titel: Die Herzogin von Braganza. Grund des Verbots Betrug, Ueberfall auf ein Auto. Fesselung. Bedrohung und Raub. Aus den für Kinder verbotenen Films zitiere ich folgende Titel: Der Faulenzer Grund des Verbots: Abstossend« Trunksucht»- und Wahnsinnsszene, Unglücksfall. Titel: Der Schiffbruch. Grund des Verbot s: Trunksuchts¬ szene. versuchter Mord. Die Szene versuchter Mord darf nicht vorgeführt werden. Titel: Eine indianische Mutter. Grund des Verbots Indianergeschichte mit Darstellung von Gewalttätigkeiten Ich will die Aufzählung nicht weiter fortsetzen. Es soll untersucht werden, ob ein Verbot derartiger Films wie sie aufgeführt sind, gerechtfertigt erscheint. Die Titel mögen geschmacklos, das Dargestellte zum Teil abstossend sein. Das mag ohne weiteres angenommen werden, wem man auch wird berücksichtigen müssen, dass aus einem langen Film nur kurze Stellen den Inhalt haben, der zum V erböte geführt hat. 3 . Es ergibt sich die Frage: Nach welchen Prinzipien wird die Zensur ausgeübt wenn sie zu Verboten solcher Films führt, wie sie angegeben sind? Die weitere Untersuchung wird sich damit zu beschäftigen haben, ob die Prinzipien einer gerichtlichen Nachprüfung standhaltcn können. Um zu erkennen, nach welchen Prinzipien die Filmzensur gehandhabt wird, sei an die Prinzipien erinnert. die früher oder jetzt für die Beurteilung von Theaterstücken massgebend w aren oder »i n d. a) Es bleibt die Frage ausser Prüfung, ob die Filmzensur gesetzlich zulässig ist. Diese Frage halt« ich nach dt>r Richtung hin für gelöst, dass die Film zensur gesetzlich zulässig ist. • : Für die Handhabung der Theaterzensur gibt es, soweit Theaterstücke in Betracht kommen, verschie¬ dene Prinzipien (vgl. Opet, Theaterrecht S. Ktxi