We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.
Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.
Na 284 Der kinematograph — Düsseldorf. beim Kino gibt, nicht deshalb, weil es, wie ich zuerst irr¬ tümlich sagte, sie nicht gibt! Gleich zu Anfang bin ich gezwungen die Haupttheee des Herrn Ludwig Fulda zu widerlegen, und zwar durch die wörtlich entgegengesetzte Behauptung seitens einer gewaltigen Granitsäulc der dramatischen Kunst, eines Mannes, dessen unantastbaren Ruhm die Theater¬ geschichte für alle Zeiten künden wird. Kein Bildnis hängt noch heute im Deutschen Theater zu Berlin über dem Direktionsschreibtisch und mit strengen Zügen blickt er auf seinen genialen Nachfolger der Moderne, auf Max Reinhardt, hernieder. — Fulda sagt nämlich: „Theater und dramatische Kunst »ird niemand für gleichbedeutende Be¬ griffe ausgeben wollen!“ Und demgegenüber sagt Heinrich Laube, der genialste Regisseur seiner Zeit, dessen revolutionierendes Wirken einen Markstein in der dramatischei Kunst bedeutet: „im Theater herrscht eben die theatra¬ lische Kunst, nieüt bloss die dramati¬ sche! Man fragt nicht darnach, woher diese theatralische Kunst ihre Hilfs¬ mittel nehme, sowie man nicht fragt, woher der Schauspieler sein schönes Organ habe oder seine schöne Gestal t.“ Für Fulda ist die dramatische Kunst noch jene „sterbende Künstlcrkunst“, die Gustav Melcher kürzlich in diesen Blättern treffend charakterisierte, ein diffiziles Sonder¬ erzeugnis. nur Auserwählten zugängig. Fulda scheidet streng „Theater“ und „dramatische Kunst“. Theater ist ihm die leichte Unterhaltungsware, gut genug für den Plebs; die dramatische Kunst ist der Extrakt für den Ken¬ ner. Wie könnte nun etwa gar solcher Extrakt, der in „Halbtönen“, „Halbfarben“ schwelgt, in einem Film ge¬ boten werden ?! Deshalb bietet der Film niemals drama tische Kunst: so ist seine Folgerung. Ko könnte er uns ja eigentlich in Ruhe lassen. Das geht aber doch wieder nicht, weil er aus ganz anderen Motiven Krieg gegen uns führen muss. Und so kann man auf so gutgemeinte Art in so arge Bedrängnis kommen. Es ist ein Glück. Herr Fulda, dass der gesunde Kern der theatra¬ lischen Kunst, von der Heinrich Laube spricht, weder durch eure teilweise im Golde badende leichte Muse noch durch eure gequälte, schweisstriefende Künstlerkunst sich an¬ kränkeln lässt, und dass gerade der Kincmatograph sein Erkleckliches dazu beiträgt. das Gefühl für echte dramatische Kunst zu wecken und zu stärken. Denn das Wort „Drama“ heisst „Handlung“, wenn Sie nichts dagegen haben. Und ein gewisser Les¬ sin g hat die Forderung aufgestellt, dass das ,,D r a m a- deu Durchschnitt des Lebens darstellen soll.“ Ich kann mir nicht helfen, mir sind die Aphorismen eines Gotthold Ephraim Leasing oder eines Heinrich Laube bedeutungsreicher als Bände von Ludwig Fulda, den der treffsichere und unbekümmerte Alfred Kerr einmal den „anmutigsten der Geburtstagsdichter“ nennt, einen „talent¬ vollen Autor hübscher poetischer Kleinigkeiten“, der zeitweilig einen „Humor entwickelt, bei dem man kalte Füsse bekommt.“ Nichts ist geeigneter, gleichermassen als Lern- wie als Lehrmittel, die Grundbedingung der dramati¬ schen Kunst, die Handlung oder die Darstellung des Lebeus- durchschnitts, klarzulegen als der Kincmatograph. Nach den Grundregeln des Dramas sollen der freie Erguss der Empfindungen, die Beweggründe des Tun und Lassens in Dialogen und Monologen auseinandergesetzt werden. Doch das moderne, realistische Drama hat andere Prinzipien aufgestellt und dem gesprochenen Wort gewaltige Ein¬ schränkungen auferlegt. Monologe sind, da sie ja im wirk- Berechnen Sie mal die vielen Vorteile Heinrich Ernemann A.-G., Paris und Dresden 156. Ernemann Aufnahme-Kino