Der Kinematograph (January 1913)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 314. Te T^.‘^^o^Ä■s , 3^‘ , ‘ , ' -Düsseldorf, 1. Januar 1913. Erscheint jeden Mittwoch. Was die Mitwelt dem Kino verdankt. (Die Bewertung des Lichtbildes Einleitun?. Zu den Erfindungen, die sich die Gunst des Publikums sozusagen im Sturme erobert haben, gehört unzweifelhaft auch der Kinematograph. Seine Popularität ist beispiellos und eine Abschwächung seiner Beliebtheit ist in absehbarer Zeit kaum zu erwarten. Der Vielse tigkeit des lebenden Bildes ist nichts Gleichwertiges an die Seite zu stellen. Unser ganzes modernes Leben verdank« ihm ausserordentlich viel. Er hat den Gesichtskreis aller «.»esellschaftsschichten erweitert und uns Lebensgebiete erschlossen, die uns ohne seine Dazwischenkunft vielleicht für immer verschlossen geblieben wären. Und ganz abgesehen von den praktischen Gewinnen, die fast jeder Besucher eines Lichtspielhauses mit sich nach Hause nimmt, wachsen die Spezialgebiete, auf denen der Kinematograph sich Heimatsrecht erwirbt, fast von Tag zu Tag. Er gibt fast keine Berufsart mehr, die ihn nicht zum Helfer und Berater herangezogen hat oder im Begriffe ist heranzuziehen, und selbst die mannigfaltigen Gebiete der ernsten Wissenschaft wenden sich immer ver¬ trauensvoller dem Kinematographen zu, in der Erkenntnis, dass seine schweigsamen Offenbarungen wertvoller sind, als die durch das Wort nur unvollkommen und mühsam vermittelten Eindrücke. Die Natur Ist auf die Bühne gebracht worden, und die grossen und kleinen Geschehnisse des Alltags kann man an der weissen Wand vom bequemen Paikettsitz aus an sich vorüberziehen lassen. Der eminente Bildung swert des Kine¬ matographen wird denn auch von keinem Einsichtigen mehr geleugnet und von seiner Verwendung im Schul¬ unterricht und bei der Jugenderziehung verspricht man sich in Zukunft noch ausserordentlich viel. Die Mitwelt verdankt dem Kinematographen, w as ihr noch keine andere Erfindung in gleichem Masse und in gleichem Umfange geboten hat. Der Kinematograph hat die Welt verkleinert. Brachten uns schon Telegraph und Eisenbahn den Bewohnern ferner Weltteile nahe und vermittelte uns die Buchdrucker¬ kunst die Erlebnisse kühner Forscher in anschaulicher Schilderung, der Kinematograph tut doch noch ein übriges: er bringt uns die Geschehnisse selbst in so greifbare Nähe, dass wir dabei zu sein glauben. Und so hat denn auch jeder Gebildete von seinem Standpunkt aus etwas Günstiges über das zu sagen, was die Mitwelt seiner Vermittlung verdankt. Wir lassen hier eine Reihe von Ansichten folgen. in der Gegenwart und Zukunft.) Oskar Blumenthal: Ich bekenne, dass ich lange Zeit selbst zu den eitrigst < Stammgästen der Filmbühnen gehört und mich sogar i dem Plane getragen habe, gelegentlich auch einige Kino¬ dramen zu schreiben. Die Erorberung einer neuen Technik die durch die Verzichtleistung auf das gesprochene W bedingt wird, hat;c etwas Verlockendes für mich. Und dann der Kuriositätenreiz, dass solche Arbeiten nach d> Meter!Filmband honoriert werden! Mir schwebt« Dreitausend-Meterdichtung vor, die sich über eine ha Meile Zelluloidstreifen ausstrecken sollte, und Ereignis Ereignis ketten musste. Dabei war es mir noch eine le ¬ dere Beruhigung, dass ein für die Filmbühne geschaffenes Drama niemals der Gefahr ausgesetzt ist, auf auswärtigen Bühnen eine Verstümmelung zu erfahren Hier allein ist dem Autor die volle Sicherheit ge¬ boten. dass die Darstellungen in der Provinz mit dem Urbild der Hauptstadt vollkommen kongruent sein w erden. Keine Dürftigkeit der Ausstattung, kein Regiefehler, keine I.i— . keit in der Wiedergabe braucht befürchtet zu werden Denn das Filmband ist unabänderlich und endgilt ig Und da ein Text nicht vorhanden ist, so kann sich der Filmdra¬ matiker auch in dem Frohgefühl sonnen, dass ihm di- Extempores erspart sind, mit welchen der Witz der Dar steiler so oft- almosenspendend dem Witz des Autors glaubt zu Hilfe kommen zu müssen. Man wird es verstehen, d diese Lockungen stark genug sind, um einen Bühnendichter zum Kino hinzuziehen. Als Thomas Edison aus dem Kinderspielzeug des Schnellsehers und des Mutoskops mit seiner genialen Erfindungskraft das Kino hervorgezaubert hat, standen wir alle im Banne dieser bewunderungswürdigen Neuschöpfm Die Wirklichkeit wurde jetzt nicht mehr in einem st am zur Pose versteinerten Bild festgehalten, sondern in der fliessenden Bewegung des Augenblicks. Die Verwandlung kraft der Stunde wurde auf das Bild übertragen. Das rollende Leben w urde in seiner ganzen Vielgestaltigkeit auf die Pr. jektionsleinwand geworfen. Und es gab anscheinend ke Grenzen für die Eroberungskraft des|Filnfk. Er hat uns Leben8gebiete aufgeschlossen in die wir sonst keine Einblicke gewinnen. Selbst unter die Wellendecke des Meeres ist er siegreich eingedrungen, um das Leben der Seetiere vor uns auf zu- b )