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Der Kinematoffraph '—Düsseldorf. \o. 307. äussern, germle mir, um ein l’rubleni mitfragen zu können, dessen Beantwortung ihn selbst, sofern er gt'sund empfindet, gar nicht berührt ? VN'enn die Bühnendichter vergessen, dass die Kitelkeit. der fiunger, die Sinnlichkeit und n<K-h eine Menge amlerer welterlösemler Triebe unsere Handlungen iHeinfliisscn, und wenn sie heute jwlem einzelnen Trielie und TrielK'hen eine IVrson herumbauen, so mag ja wohl der IVsychiater an solchen Bühnenmensi'hen s«‘iiie lu'lh“ Fi-eudc hallen. Was bImt den Zus<-hauer betrifft, so fehlt ihm die Wirkung gäii/.lich. Denn er soll aus dem MiterlelH-n di-s Dramas heraussteigen, wie aus einem heilsamen Ba<le. \i<-ht aber, da.ss er durch den Dramendichter auf Seelen- schwä<-hen hingewit'sen werde, ilie wohl jeder Mensch iTcrbt hat. <lie aber tl<K'h im l’nterbewusstsein sidilummerten, und «lu- das !/elH*n und sein Kampf ganz von selbst unschäd¬ lich mai'ht. So erzieht «lie Bühne se«‘lische Hy|><R-homler, mx-h folgt ihr die Kritik mit Aufm«*rksanikeit. das l'iiblikum jed<K-h zieht sich langsam zurück und sucht das Krlebnis im Kino. Bald wird die Kritik ihm dahin folgen, und sie soll keine crstairte S<-lwblone. sondern eine entwicklungs¬ fähige Kunst vorfimlen. die aber auch in ihren Aeusserlich keilen kunstfreundlich stün soll. Ks hat sich erfreulicherwei.se nwh niemand gefunden, «ler <len N'ersuch unternommen hätte, das Wissen des heutigen Kinmlramas zu charakterisieren. Hin solcher Versuch könnte nur zeigen, dass das Kino<lrama in (Jefahr ist. iler Si-hablone zu verfallen, wie andererseits das Bühiicmliama seine Entwicklung so sehr übei-s<-hritten hat, dass <*s die Fonleningen iles l’uhlikums weit hinter sich zurüekli«*ss. Ein solcher Versuch hätte ferner ergelH'ii, ila.ss tlie moralische Wirkung dis» Kinmlramas, auch wenn sein Sujet naiv ist, immerhin iM-steht und darauf kommt es d<H-h schlii-sslich an, ln erster Linie bannt das Kinodrama durch seine Ik^gebimheit, die Begebenheit an sich bannt auc!» den intilli- genten Ziisi'hauer, und erst seine Kenntnis von Welt und -Menschen belehrt ihn, ob der Dichter des Kinodramas einen blossen Effekt, eine Sen.sation «aler eine moralische Wirkung erzielen wollte. Mit -Absicht gehe ich in die primitivsten (Jesetze des -MinuKlramas ein, weil die Tagespressc Rund¬ fragen über den Wert di“s KintHlramas veranstaltet. Diese Rundfragen, mögen sie noch .so wiilersprii-hende Ergebnissi* /.eitigen. sind vor allem ein Beweis, dass die Kritik sich für das KiiuMlrama zu interessieren lieginnt. Sie hat die Absicht, sii;h lies Publikums und iler KiiUMlramenheldcii anziinehmcn und dieses lnteri*sse winl mancher Filmfabiik nicht ganz erwünscht sein, weil sie bis heute üIkt TikI und Ix'bcn des Dramen beiden unlRssdiränkt gebieten konnte. Xun frägt es sich, ob die Filmfabrik .luch den Willen h.it, den offenliari'H Bi*strebungen di'r Kunstkritik durch Konzes.sionen einen .Vngriffs]>unkt zu gelMui. Die l.ssiic. dii‘ den Vorgängen im Film mit InliTi-xst* folgen, sic sind schon die Kritik, auch wenn sie nicht iHTuflich den Film kritisch betrachten. Es ist diK-h klar, dass die rein indu¬ strielle Betonung von Firma und I-and das Publikum nicht im minilcsien interi-ssiert. und wiewohl die Fabrik aU .Macht- faktor, dann als industrielk*s l'ntemehmen, welclu-s auch mit der Konkunenz zu risdinen hat. ihre Propagandaniittcl so wählen darf, wie sie es für gut findet, so wäre es jislciu Kinematographeiiunteniehnier ein .\n.s|sim. jeilem Film¬ betrachter eine Freude, wenn das Werk der Kunst ininmclir auch rein kün.stlerisidic Mittel verraten würilc. Es ist nicht nötig, dass die Weihe des letzten Eindriicki-s durch \’or- gängc ri-in geschäftlicher Natur gestört wenle. Das l’ii- blikuin hat nicht das geringste Interessi* daran. Es lässt sich gerade üln'r Akt beginn und .Vktschbis- so viel sagen, dass man heute, in An wtr-iclit der ülH'rliand- nehmenilen Sihablone zögert, da» Thema ülKThaupt zu berühren. (Jewiss ist das i’clM‘1 de - jäh ablms-henilen .\kt- s-hlüs.sc und Si-hliissakte, die Einiügeng von Briefen und schriftlichen Erktäriingcii zwisi-lien Szene und Szene eine Konsequenz der tisdinischen und licht der künstlerisi-hen .Mängel. diK-ii auch ein Film lad rächt er. der sehr leicht zutriedenzustcllcn ist, wird durch die plötzliche Präsen¬ tierung der Firma von seinem l’nlK-liagen nicht befreit werden. Soll die offizielle Kritik (Jelegenheit iK'kommrn, sich mit -Aeusserliclikeiten zu iK-fa.ssen. die zu lM*seitigen Sache der Fabrik ist •' .Mit vollster .\bsicl;t habe ich hier (Jelegen¬ heit genommen auf das innerste W'.sam di“s Dramas flüchtig einzugehen, um von hier aus die Sc iablone di*s(o schärfer hervortriden zu lassen. (Jegen a le sonstigen Errungen¬ schaften der Kineiuatograpliie ers<-lieint sie stark haiid- werksmüssig. und wenn das llandwcrK der Kinematographie einen goldenen Bmlin zu gelam veririK'hle, so soll nunmehr auf diesem das kritikberei htigte Kunstwerk sich aufbauen. Mars regiert die Stunde! Berlin, den 2. August PJ14. Kriegslärm erfüllt die I..uft. fJestern nachmittag gegen sechs Uhr wurde ilurch FJxtrablättcr der grossim Tages¬ zeitungen die -Allerhöi'hste V'erordnung betreffenil die all¬ gemeine .Mobilmachung der gesamten deutsidien Streitkräfte iH'kanntgegeben, und wenn nicht noch ein Wunder ge¬ schieht . w inl ihr binnen kurzem die offizielle Kriegserklärung folgen. Unsere in dem Artikel ,,Z u r Lage“ (vorige Nummer des Kinematograph) ausgespnwhene Hoffnung, dass es uns vergönnt sein möge, den Filmkrieg in FVieilen zu Ende zu führen, scheint sich also nicht erfüllen zu sollen. Jetzt, nai'hdem sich die Würfel im Rollen befinden und, wenn iliese Zeilen zu Augen unserer Ijcser kommen, sicher schon gefallen sind, gibt es für alle Deutsche, ohne Unter- •schifil der Parteien und Berufe, nur noch eine Parole: Mit (Jott für König und Vaterland! — Auch wir von der Kinobranche, die wir vor wenigen Tagen noch alle Inten*s.sen auf ilcn bitter ernsten, aber doch friedlichen Kampf um un.serc E.\islenz konzentrieren durften, auch wir stehen heute im Zeichen des lieginnendeii Weltbrandes, auch wir müssen unseri' persönlichen Sorgen und Wünsche weit weit zurückilrängen, um uns zur Faluu' des \'aterlandea zu scharen. Mars regiert die Stunde! So mancher Mann vom Bau, so manche wohlbekannte Ei- si'heinung in der Berliner Friedrii-hstrasse ist bereits aus dem öffentlichen (Jetrielie verschwunden, um iler Pflicht als Vaterlands Verteidiger zu genügen. Vor ca. tlrei Tagen schon sind die französischen Staatsangehörigen der gros.sen I’arisi*r Firmen Pathe, Uaumont etc. nach ihrer Heimat abgereist, und Ix?ute, die jalu-elang als Kollegen friedlich an l inem Pulte arbeiteten, können sich in nächster Zeit als Feinde auf Tod und lieben mit der Waffe in der Hanil gegenüber¬ stehen; die Intemationalität unserer Industrie bringt das so mit sich — c’est la guerre! Wir Deutstdicn aber werden «lie Feder mit der l.Anze, das Filmband mit dem Schwert, die Kurbel mit «lern CJewehr vertauschen und unsere ITliclit so erfüllen, wie es eines jeden deut.schen Mani'.es w'ürdig ist. um unserem Vaterlande Ruhm, uns selbst aber einen neuen und dauernden Frieden zu erkämpfen! —