Der Kinematograph (June 1915)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 441. Drr Kinrniatograph — Düsseldorf. bei der ^k•hwe^e <les l'nglüoks. das über *lie Menschheit hereinfrehr«K-hen. der erfindiingsreiehe Humor aucii in Kinodichtung und Darstellung nar-hg?la.sscn iiätte und der künstlich erzeugte, spekulative, weil ol>en nicht echt, nicht recht fes-selt un<l zur Heiterkeit reizt. Es gibt genule Jetzt genug Ltnite. die im Kino getne lachen möchten, al>er meist nicht lachen können. Zug.'geljen, dass dies heute nicht so leicht ist denn sonst, m. müssten deniux>h unverfälschte, reine I.4ichpillen. mit «:en Bestandteilen wirkli<'h gesunden Witzes, un1>edingt wi-ken. Die Prager lächtspielprogrammc weisen Jetzt meist zur Hälfte die ver¬ schiedenen Arten von Films auf. die der Belustigung dienen sollen; allein unter vielem Spreu ist nur selten ein Kom Jener glitt liehen Eigens<-haft, womit eüie wirklich heitere Stim¬ mung erzeugt uml Jene länger nardil.altig wohltuende innere Befritxligung hervorgerufen u-irtl, die eines Lust¬ spiels selhstverstäiuüichster Zwts-k und AVert sein müsste und solchem df>ch so rar gegeben ist. Uehrigens sind unter <len neuen Dramen, mit welchen in <len letzten Monaten die kftnkurrierenden Bios Reklame machten, auch nur ganz wenige gewesen, die der vorauf- g^angenen Ankündigung einigermassen eiit.-.prachen und eine Prolongation auf eme zweite Wmhe rechtfertigten. Unter den zirka 40 Kinos innerhalb des Prager Polizei¬ rayons weisen immer no<-h «lie meisten Lichtbildtheater zwei Dramen bei in der Regel vier Bildern des Programms auf; das übrige wird Von Lustspielen liestritten und wo nur ein Drama oder eine Burleske aufgefUhrt wirtl, werden Naturaufnahmen eingeschaltet, die Ihm fünf Programm- bihlem gewöhnlich nirgends fehlen I..eider ist in Prag immer noch die ungehinderte Wahl französischer und italienischer Films, Ja auch englischer mit russischem Text l>emerkbar. Nelien Mia Carmi und e.nigen Orössen der französischen und italienis<-hen Schau¬ spielkunst blieb Asta Nielsen, Henny Porten, Rudolf Schildkraut. Psilander usw. immer noch Trumpf und auch tlie Wiener Kunstfilms, sowie die clänischen und schwe¬ dischen Fabrikate erster Bonität finden fortgesetzt be¬ sondere Beachtung. Alles in allem merkt man aber doch, dass es mit der Saison zu Ende geht, und wäre für die im S<»mmer durch¬ haltenden Bios Vor allen Dingen zu wünsc-hen, dass nicht epidemische Krankheiten deren Sperrung zur Folge haben: Nach den amtlichen Sanitätsberichten der böhmischen Statthalterei sind die durch Flüchtlinge und .Militärper¬ sonen Vom östlichen Kriegsschauplatz nach Böhmen ein- ges<hleppten einzelnen P<»cken-, Tv-phus- und C’holera- fälle zur Zeit nicht von Belang und ist der allgemeine Ge¬ sundheitszustand Prags ein relativ normaler, Jtslenfalls nicht lu.'utu'uliigendcr. Spitäler und I..azarctte sind mit kranken, verwundeten o«ler verstümmelten Soldaten ülH*r- füllt. aller zahlreiche Militärrekonvalcszcnten liesuchcn fleissig die ihnen freien Zutritt gcwähremlcn Kinos, womit allein sclmii der Beweis erbracht ist, dass die Behönlen den in Biihmen dort und da s{K>ra<lisch auftretcmlcn Fällen kontagiöser Krankheiten, die auch in Prag bisher nicht liedenklich auftraten, nicht die Be<lcutung lieilegen, die ängstliche Gemüter Jetzt v'iellci<'ht Von dem Besuch der c»ft vollliesetzten Bios abhält. Zugunsten der Kriegsfürsorge werden fortwährend Theater-, V'ariete- uml KinofestVorstellungen, Konzerte und deklamatorisch-musikalische Abende veranstaltet. Variete Tichy hat ntK-h vor Saisonschluss aliermals — wie schon einmal — den ganzen Bruttoertrag der hlinnahine einer Vorstellung dem Rtiten Kreuz zur Verfügung gestellt; auch im Kabarett Liicema fand kürzlich eine Festvorstellung für die erblindeten Soldaten statt, und Bio Lucema, ein Etablissement allerersten Ranges, dessen sachverständige Leitung sich im Betrieb und dessen Wirkung äus.sert, brachte es zuwege, da.ss der neue Statthalter Böhmens, Graf Coudenhove mit (iemahlin, einen W<ihltätigkeit8- festaliend in dem schmucken Lichtbildtheater mit seinem Besuch beehrte. ln der ersten Wo<-he des Wonnensomls fanden volks¬ tümliche Lichtspiek im Deutschen Landestheater statt, und zwar mit Vorträgen des Kriegslierichterstatters Felix Falema über seine Erfahrungen uml Eindrücke von den Kriegsschauplätzen in Belgien, Ostpreus.Hcn und Russland, Von welchen er zahlreiche Lichtbilder aufgenommen. Den Soldaten hält der durch seine Projektionsvorträge rühm- lichst bekannte Professor Dr. Bulrenicek seit Wochen lächtbildVorträge in den Bara<-ken, wobei er namentlich die südlichen Teile der Monarchie- uiifl die Grenzgebiete im Bilde Vorführt. Man sorgt also in Prag nicht nur für das leibliche Wohl der Soldaten, sondern auch für deren aurt^ende, belehrende Unterhaltung in den Lazaretten und Rekonvaleszentenbaracken uiul ersieht hieraus, dass die Projektionskunst auch den Krieger, der im Schützen¬ graben und am Schlachtfeld die (ireuel des grässlichstett aller Kriege miterlebt, noch ganz besonders zu fesseln ver- mt^. Wie überall, wo sie fortan den Boden zu ihrer Weiter- entwicklur^ findet, so wird sie auch in Pr.vg in künftigen Friedenszeiten sich <ler Kulturmission bewusst bleiben, die sie hoch über politische uiul nationale Gegensätze stellt, Dr. phil. Albert Wehl er (Hultertus). Das kinematographisdie Tongemälde Ziehrer s. Ueber die EntstehunJI; des Kino-Kriegsstückes „Der Traum eines Reservisten", welches Jetzt die Welt durch¬ eilt. und dem das l»erühmte Tongemälde mit gleichem Titel zugrunde liegt, erzählt der Meister folgendes: ..Sie sollen wissen, — so begann er — wie und wann mein musikalisches Tongemälde „Der Traum eines Reser¬ visten“ entstanden ist. So recht genau kann ich darüber nicht Best'heid sagen; ich weiss nur, dass es gegen Ende der achtziger Jahre war, um die Zeit, da die Volksmusik in Wien noch das Wort hatte, in der Glanzepoche der Wiener Liederdichter, da es noch empfängliche Herzen für echte Wiener Musik gab. Damals war ein Volkskonzert nicht das. worauf die heutigen musikalischen Leute mit einer gewissen Herablassung blicken. Damals konnte man hochberühmte Musiker, wie Johannes Brahms. Hans Richter und amlere, draussen ausserhalb «ler Stadt finden, den l>odenständigen Klängen lauschend! Jede Programmnummer eines solchen Konzertes fand ihr dank¬ bares Publikum. Es war eine innige Freude für den I>iri- genten. Neues zu ersinnen. Neues zu schaffen und sich damit in die Herzen der lebensfrohen heiteren Menschen¬ kinder einzuschmeicheln. Denn Dirigent und Zuhörer waren damals eins. Die Wiener wollten mitsingen, mitjubeln, und alles, was sie bedrückte, was sie beglückte, sich von der Seele Jauchzen, mit den Tönen lachen und weinen. Wer die richtigen Noten dafür fand, wart! zu ihrem Lieb¬ ling. So war es damals auch mein Bestreben, für die Gunst der Wiener, deren ich mich rühmen durfte, mich dankbar zu zeigen. Mit Potpourris, die ich aus den berühmtesten Wiener Liedern zusammenstellte, hatte ich so grossen