Der Kinematograph (June 1915)

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No. 443. Der Kinematoi^raph — DÜKseldorf. Kciininissionen in doiifii man in ausfiilirlicher Weise den Standpunkt der Kino-Inteii-saenten vertritt und erhofft zu retten, wa.s ihh-Ii zu rettei iSt. Aehnlieiu» ]>olizeidiktatoris<-he (Jeseti.e liejien, wie wir aus sicherer Quelle erfahrm, ehenfalls in \orbereitung in den Kantonen Wallis und Zürich. Ein tJutes lä.sst sich <leni wütenden Kampfe gt-gen <la 8 Kino in <ler S< hweiz nicht ahsprechen. Dislang stand es uni die Organisation in der Kinohranche lei uns hitterliös. .Jeder ging seine eigene Wege uiul statt einer Stärkung des Solühu-ität.sgefühls hatten wir die leidige Tatsache zu beklagen, da.ss einer dem anderen hindernd iin Wege stand. Die Verliältnisse hahen nun zu l)es.serer Einsiidit gezwungen. Mit Sitz in Zürich hat si«-h ein V'erbaml der Interi-ssenten im kinematogra]>hisehen (iewerbe gebildet, tlem liereits die grösste Mehrzahl der sc’hweizer. Kinobesitzer als Mit- glicuier Ireigetrcten sind und der eine erfreulich rege und initiative Tätigkeit an den Tag legt. Wir erhoffen in dieser Zeit allgemeiner Anfeindungen und Angriffe von ihm nicht wenig, in erster Linie, dass er sieh die mächtigen Brudt>r- organisationen im deut.sch'.n Na«dibarreieh zum Vorbil«! nehme und seinem erst»*n rühmenswerten Eifer keine S<-hwächung cslcr gar Schwächlichkeit «luhle. H.ins Muggli. Film-Betrachtungen.*) III. Wir .sahen, dass das nuKlernc Kino in erster Linie be¬ rufen erscheint, das Zauberstüek, das -M ä r c h c n , das Abenteurer-Stück, den p u k uiul die Kitt erromant ik dem Theater abzunehinen. \'er- möge der glänzenden te<‘hni8chen Hilf.smiitel, ülierdie das heutige Kino verfügt und dadurch, dass es infolge tler viel grösseren gest^häftlichen Ausnutz-Möglichkeit .seiner Films auf die Inszenierung sehr viel mehr Oeld, Pracht uml Per¬ sonal verwenden kann als die meist.m mittleren Thi«ter, ist ee imstande, auf diesem Gebiete ganz Ausserordentliches ZV leisten uml den venvöhntesteii Ansprüchen gerecht zu wjrden. Will man die Kinder des Kapitän Grant, Heini Fogg uiul sebien getreuen Diener Passe-Paitout (Reis<> um die Erde in 80 Tagen), Aladin mit seiner Wunderlampe, will man Hoffmann'sehe Spukgestalten, den Kalif<*n von Bagdad und den Grafen v<>n fileichen, den Glöckner von Notre-Dame und Richard Löwenherz in ihre fremdartige Welt, l>ei ihren Erlebni.s.sen. Gefalu-en und Abenteuern begleiten, so wird man sieh ans Kbio wemlen müssen; hier wird man sie wiederfinden zusammen mit dem braven Kapitän Farandoul, mit Herrn (killiver und so vielen an¬ dern. Ein moderner iJichter des Spukhaften, Kanus Heinz Ewers, hat im Kino erst den richtigen B<Klen für sein Son¬ dertalent gefunden, nachdem er zuerst weder auf dem Theate.* noch im Zirkus von stärkerem Erfolg liegleitet gewesen war. Stoffliches steht in all diesen Dingen im Vordergrund, Stoffliches, da«, .seinen höchsten Reiz durch verblüffend realistische Ausführung erhält. Es wird nwli über das Kino -Drama gesprochen werden; dts-h «ei schon hier erwähnt, dass wirklich stoffarme N'orwürfe auf die Dauer im Kino nicht ziehen. Es wäre schon aus diesem Grunde verfehlt. Ibsen und Hebbel ins Kino zu bringen; die Ver- .suche sind, soweit ich ersehen konnte, auch nicht glücklich verlaufen. Bei diesen Dichtem handelt es sich um tief¬ gründige Problem- und Gedankendichtungen; für die Welt- und Lehensanschauungen eines Hebbel und Ibsen sind die Menschen ihrer l>ramen oft nur Träger, Sprach- ■ohr. Für Hebbel "s Maria Magdalena. Herotles und Ma- 1 ianue, Judith u. v. a. kann der geeignete Platz nur das moderne Theater der ..Intellektuellen“ sein. Wohl gab es ein glänzendes Filmstück; .Judith von Bethulien — aber das ging nicht auf Hebbel, sondern auf das Bühnenwerk eines Amerikaners zurück ; die Heldin war hier ganz anders, viel moderner, spielerischer erfasst; sie war von kleinerem seelischen Format als die heroische, tiefernste Jüdin Hebliers, •) Siehe auch Xo. 438 und 439 des .,Kinematograph'‘ und Haupt.Sache bilueten bi ilicMJin Film nicht ilu' tiefer seelisc-Iier Kontlikt. sondern die ganz hervorragemlen Regie- und Inszenierungskünste, die hier bei .Schilderung des üppigen orientalischen Lagerlebens, l»ei dem unheimlich realistischen Sturm auf Betliulien, und liei der Darstellung des Elends der hungernden Bevölkerung gezeigt wurden. Neben den obengenannten Thciren für da« Kino halte ich auch für glücklich, clas alte R o in und Pompeji, das alte Griechenland, das alte Kart h a g o , B a b y 1 1 » n, A 1 e x a n fl r i e n , wie überhaupt d e n Grient in grosszügiger Weise im Film wieder aufleben zu lassen. Wir haben in dieser Be¬ ziehung auch wirklich ganz hervorragende Filmkunst werke schon gehabt; es .sei nur an den Cleopatra-Film erinnert. Auch diese Art Films sind im letzten Grund Ausstat¬ tungsstücke. die vordem bald dem Theater, bald dem Zirkus zukamen. Kein Zirkus kann heutzutage solch gewaltige Mittel und Ma.ssen für derartig glänzende Schau¬ stücke in Bewegung setzen, wie es das Kino vermag; es ist ja bekannt, cla.ss viele fler Zirkusse von einst sich eben fladurch zugrunde richteten, dass sie immer mehr \’er- mögen an die Aus.stattung grtisser Schaustücke uml Pan¬ tomimen setzten; das Publikum aber ward ebenfalls in seinen Ansprüchen von Jahr zu Jahr verwöhnter; und kluge Ziruk.silirektoren schafften sich li'ber stattliche Tierparks an. als dass sie den für ihre Kasse so ungesunden Wettlauf um da« Zirkus-Schaustück weiterhin mitmachten. Aehrdiches gilt fiü die Theater. Wer kann sich eine so ungeheurer glänzende Au.sstattung und Wicflergabe einer grossen Ballett-Pantomime wie ..Sardanapal“ leisten ausser etwa die Oper des Kaisers in Berlin, wer die „.losephs- legende" und ähnliche szenische Prachtstücke aiiaser der Pari.ser und Londoner und Petersburger grossen Oper und etwa die Metropfditain-Oper in Newyork? Das moderne Kino aber kann es und bringt damit einen Abglanz von Herrlichkeit und traumhaft schöner Wirklichkeit in die entl^enste Provinz des Reiches, lässt die Ueppigkeit des einstigen kaiserlichen Roma, die Riesen¬ bauten des alten Babylon und den schimmernden Prunk der >Dirchenstädte aus „Tausend und eine Nacht" vor den feuchtglänzenden, nach Eindrücken hungrigen Augen kleiner Nähterinnen und armer Kanzlei-Angestellter lebendig werden; es schafft auf diese Weise ihren Sehnsüchten eine beglückende Erfüllung und ihrem Phantasieleben eine heil¬ same, künstlerische Entspannung. Die exotische und