Der Kinematograph (September 1915)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 454. Der kinematosraph — Düsseldorf. um ihn dann mit niedrigerer Spannung aus dem primären Ring zu nehmen. Nun zum Kino. Für die Bogenlampe, die das für die Darstellung der Bilder nötige Lieht zu spenden hat, sind rund 50 Volt Spannung nötig. Es mögen aueli einige Volt mehr oder weniger gewählt werden; doch knmn t es hier darauf nicht an. Jedenfalls steht fest, dass der gelieferte Strom — wir denken immer an Wechselstrom — nie jene niedrige Spannung haben wird, die eine solche Lampe braucht. Denn mindestens werden 110 Volt gebot ei werden, und oft sind es noch mehr. Im allgemeinen geht das Be¬ streben überhaupt dahin, recht hoch gespannte Ströme im Kraftwerk zu erzeugen, weil der Betrieb mit ihnen ökonomischer ist als mit schwach gespannten. Aber selbst dann, wenn das Netz eine Spannung von ltHHi Volt lieferte, würde ein Transformatm Rat schaffen können. .Man brauchte nämlich dann nur den Leitungsstrom durch eine primäre Wickelung zu schicken, die zwanzigmal soviele Windungen hat wie die sekundäre Wickelung, aus welcher der I^ampenatrom genommen wird. Denn dann würde sich die Spannung im Verhältnis von 20 zu 1 herabmindern: sie würde also von 1000 auf 50 — das ist ja der zwanzigste Teil — hetabgehen. Schade ist es eben nur. dass man dieses vorzügliche Instrument allein bei Wechselstrom benutzen kann. Wäre es auch bei Gleichstrom zu verwenden, so würde es gerade¬ zu unbezahlbar sein! Ha ns Bourquin. Düsseldorfer Brief. Wer diese Woche die Rieseninserate unserer Licht¬ spielhäuser las, sollte meinen, der Höhepunkt in der Ent¬ wicklung der Kinematographie sei nun erreicht. Man las von „der grössten Sehenswürdigkeit“, dem ..Gipfelpunkt aller Sensationen“, der nicht übertroffen werden kann. Das ..Höchste, was künstlerisehe Gestaltungskraft auf die Leinwand zaubern kann“. ..die grösstmögliohste Veitiefung seelischer Konflikte im Film“, das, „was Hunderttaosende mit Bewendrung erfüllt" und „von dem man noch wochen¬ lang sprechen wird“ sollte dem Publikum gezeigt werden. Nun ist es zwar nicht ganz so schlimm geworden, aber wir sahen doch das, was man vor dem Kriege „Schla¬ ger". jetzt aber dem Geist der Zeit entsprechend „Kanonen“ nennt. Rein zahlenmässig betrachtet, marschiert der „Todesjockey“ an der Spitze. Allein die Frühvorstellung am Sonntag (Asta Nielsen-Theater) brachte 700 zahlende Personen. Im Vordergründe des Interesses dagegen stand die Erstaufführung des Katzenstegs (l'nion-Theatcr). ein¬ geleitet durch einen Vortrag des Herrn Max Mack. Es war schon aus dem Grunde von Interesse, den bekannten Regisseur gerade vor einem Sndermannfilm zu hören, weil wir ihm ja den ersten sogenannten Autorenfilm „Der Andere“ verdanken. Von damals bis heute ist ein '.anger Weg. Was bei dem Lindau’schen Werk noch Experiment war, ist heute zum glänzenden Resultat geführt. Aller¬ dings ist bei den neueren Bearbe.t ungen der Autor zurück und der Regisseur in den Vordergrund getreten. So sahen wir nicht den Katzensteg von Sudermann, sondern Motive aus dem Roman für das Kino von Max Mack bearbeitet. Von unserm Standpunkt aus, ist das auch das einzig rich¬ tige. Aus dem Vortrag selbst, der packend und treffend die Aufgaben und Ziele des Kinoregisseurs zeichnete, seien zwei Punkte besonders erwähnt, weil sie zugleich eine treffende Charakteristik des Films darstellen. Es wird da gesagt, dass dieses Bild mit einer Bestimmtheit in unsere Zeit hineinpasst wie kaum ein anderes Werk, und dass es nicht leicht gewesen ist, die Tiefen des mensch¬ lichen Seelenlebens, die sich in Sudermanns Buch offen¬ baren. der Leinwand zu erschöpfen. Glänzend gelungen ist dann der Versuch, durch die Grossartigkeit roman¬ tischer Naturbilder den schauspielerischen Vorgängen einen majestätischen Hintergrund zu geben. Im einzeln seien da ausser den Szenen am Katzensteg noch das Bild vom pflügenden Bauer und die Tierbilder erwähnt. Künstlerisch vornehm wirken die Gegenlichtaufnahmen, stimmungs¬ voll klingt das Ganze mit einer entzückenden Silhouette des ausziehenden Heeres aus. Allerdings wird die tiefe Wirkung da wohi durch die begleitende Musik mit erzielt. Zur Erinnerung an seinen Düsseldorfer Besuch durfte Mack behände! ten I Airbeer in den deutschen Farben mit¬ nehmen. der ihm mit schönen Worten über die Meister¬ werke deutscher Filmkunst üben eicht w urde. Während beim Katzensteg der Gesamteindruck alles bedeutet, wird „Der Fluch der Schönheit" im ,. Residenz - theater" einzig und allein getragen von der Kunst Frau Carmi Vollmöllers. Es stellt der Kunst der Tragödin und dem künstlerischen Verstehen des Zensors ein hohes Zeug¬ nis aus, dass er bei dem heiklen Vorwurf des Textes, bei dem einzelne Szenen bis an die Grenze des eben Erlaubten gehen, auch nicht den kleinsten Ausschnitt vornahm. Der Inhalt des Bildes ist kuiz etwa: Eine Frau betrügt ihren Mann mit einem Maler, der Betrogene geht in den Tod. Dem Maler folgen: ein Zigeunerprimas, ein Gutsbesitzer und andere Kavaliere. Der Sohn wird durch das Treiben der Mutter aus dem Kadettenhaus gejagt — er glaubt an sie. Er verliert durch der Mutter Schuld seine Braut — er glaubt weiter an sie. Da muss er sich selbst über¬ zeugen. Der Mann, der da eines Tags zu der Mutter schleicht, ist «1er grösste Feind des Sohns. Der einst im Kadetten- haus so schlecht über die Frau sprach, die er jetzt zur Ge¬ liebten hat. Das ist zu viel. Im gleichen Zimmer greift auch der Junge zur Pistole — das unglückliche Weib findet nur einen Zettel bei dem Toten: „Jetzt weiss ich, warum mein Vater starb. Es wird hier in doppeltem Sinn der Kreislauf des Ge¬ schehens dargestellt, wie im Schnitzler sehen Reigen und ebenso wie dort, wird alles mit der grossen Beweiskraft augenfälliger Realistik an uns glaubhaft herangebracht. Das darf man aber nur da wagen, wo eine (’armi Voll¬ möller zur Verfügung steht, die bis in die kleinste Neben¬ szene hinein mit vollendeter und unerreichter künstlerischer Intensität zu nuancieren versteht. Die andern Darsteller treten da naturgemäss alle zurück und doch ist das Ganze durch die Haml der Regie so geordnet, «lass es nicht etwa ein in den Vordergrundtretet; des Hauptdarstellers v«>r den andern ist. Die Photographie ist selten plastisch und die Szene von gediegenem Geschmack. Der Film wird in unsern vornehmen deutschen Theatern und bei einem verständnisvollen Publikum einen so tiefen und nach¬ haltigen Eindruck Unterlassen, wie selten ein Bild vorher. Die „Schadowlichtspiele“ bringen in dieser Woche „Das Fürstenkind“. Wir haben das Bild hier schon einmal ge¬ sehen und damals auch gewürdigt. Für den Fachmann ist es lehrreich gerade jetzt zwischen Märtyrerin der Liebe, Todes joekey und Katzensteg an dieses Bild heranzugehen. Nicht nur die Zeiten wandeln sich, auch der (Jeschmack. Was damals in Virage und Stimmung als Offenbarung