Der Kinematograph (January 1917)

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No. 524 Der Kinematograph — Düsseldorf inseriert hat. wie ich auch Fil neu Unfreundliches sagen musste, die gerade in der betreffenden Nummer ■•echt ansehnlieh inseriert wurden. Ich werde das auch für die Folge mit meinem Urteil so machen, wie ich es für richtig halte, seihst auf die Gefahr hin, dass mir Herr Karfiol, wie er sieh äusserte. gehörig die Meinung sagen wird. Ich bin nämlich gar nicht ängstlich. Julius Urgiss. Gute und schlechte Filme. Darüber sind wir ja nun glücklicherweise doch schon hinaus, «lass dem Kino ni>ch irgendwie ein kultureller Wert abgestritten werden kann. Auf allen Gebieten ist das Kino oder vielmehr der Film ein wertvoller Faktor gewor¬ den, und man entbehrt ihn heute bereits, ob es sich jetzt um weltgeschichtliche oder bloss um gesellschaftliche Momente handelt, nur ungern. Man spricht gerade jetzt allerorten viel über den Werl des Films, freut sich ob seiner steten, hübschen Entwicklung oder regt sich über ihn auf. je nachdem man eben ein Freund oder ein Feind des Kinos ist. ..Ein guter Film — ein schlechter Film" - »las ist tat¬ sächlich ein geflügeltes Wort und gleichzeitig auch ein dehn¬ barer Begriff geworden. Gute Filme gibt es bekanntlich in den Augen der radikalen Kinogegner üiterhaupt nicht, und was die erbitterten Kinofeil de un.t- r einem schlechten Film verstehen, «las vermögen sie ja aller Wahrscheinlich¬ keit nach selbst nicht genau zu präzisieren Und mit Strafen allein kommt man auf die Dauer nicht aus. init Strafen allein vermag man eine ernste Sache auf «lie Dauer nicht zu bekämpfen! Verfolgt man «loch nur die Gerichtssaalberichte in den Tageszeitungen (di<‘ auch noch vielfach eine Voreingenom¬ menheit gegen das Kino beweisen), s«» kann man noch oft und oft genug die Beobachtung machen, mit welch einer rücksichtslosen untl beleidigenden Vehemenz einzelne ge¬ ehrte staatliche Ankläger (wie Richter un«l Staatsanwälte!) das Kino als »lie Quelle aller Verbrechen hinzustellen ver¬ suchen. Das Kino ist eben von Anbeginn an ein beliebtes und bequemes Steckenpfenl für die Hüter und Anwälte «ler öffentlichen Ordnung gewesen, ist es leider auch heute noch, nur glauben schon an «lieses Marche n weniger ..sorgenvolle Jugentlfürsorgeväter- und Mütter“ als ehedem Das Kino muss für alle Sünden herhalte.l.ihm allein wird im Jahrhundert d«»s Kindes «lie ganze Verderbnis unserer Jugend in die Schuhe geschoben. Un«l «lies trotzdem der Film eine immer grössere Verwendung auf allen Wissenschaft - liehen und kulturellen Gebieten findet. N»>ch ist inan sich nicht ganz klar darüber. ob so einem Film eine grössere Dauerhaftigkeit innewohnt als «ler Photographie Aber jedenfalls weiss man heute schon so viel, dass uns durch «len Film Dinge erhalten bleiben, für welche die heutige Photo¬ graphie, bei all ihrer meisterhaften Vollendung nicht in An¬ wendung kommen kann (Mer ist es möglich, «lass uns eine Photographie beispielsweise genau dasselbe lebhafte, ja lebendige Bil«l von einem festlichen Einzug etlicher Majestäten oder berühmter Persönlichkeiten geben kann (Mer vermag uns etwa der Pinsel eines noch so routinierten Malers von Eigenart ein ebenso anschaulich«^» un«l präg¬ nantes Bild von einer Sache zu gel»en. wie ein Film ? Nein Und abermals nein. Einzig und allein der Film ist imstande, die naturgetreueste Wiedergabe all«*» «lessen zu geben, was uns keine Photographie uiul kein Stift euies Malers «erschaffen können. In der Historie aller IBinder und Staaten wird der Film einmal eine grosse Rolle zu spielen haben, in der Wissenschaft und Kunst wird sie ihm schon heute mit Recht zugewiesen. Es ist kleinlich von den Kinog«»gnern. immerfort «lie Schädlichkeit des Films im Munde zu führen und als Waffe zu benützen. In jeder Industrie kommen gute und s»'ldechte Artikel auf «len Markt. Das ist eben unvermeidlich. Kein Industriezweig ist so vollkommen, dass «*r nicht tarlclns- wertes Material enthielte, kein Kunstgenre so vollendet, dass cs nicht Absonderlichkeiten zeitigen würde. Es mag genügen, wenn ich dies mit einigen weniger. Beispielen illustriere. Gibt cs et wa in einer Bilderausstellung («lie doch zu neist auch Kindern zugänglich ist) durchwegs erstklassige Porträts. Di'ulschaften und Bilder <> h n «• erotische An¬ spielungen ? Finden wir gerade bei unserem hypermodernen Zeitgeschmack nicht oft genug abstosse i«le und obszöne Dinge in solchen Bilderausst«»Hunger., die mit echter und seriöser Kunst gar nichts, nicht einmal »len Namen, gemein¬ sam haben dürfen ? Oder i«*h bitt«*. schauen wir uns «loch nur einmal unser«' Theater an: wie derout un«l verroht ist da schon der Kunstgeschmack geworden' Ganz ruhig dürfen wir. ohne uns «ler Uebertrcibting schuldig zu machen, von einer allmählichen Entmoralisiervng «ler B ii h n e sprechen. Ehebrüche und Bettszenen wi«ler- lichstor Art bilden nur zu oft den alleinigen Inhalt der s<>- genannten „mo de r nen “ l'heaterstück«>. Ja. wirkt derlei auf so ein unverdorbenes Kindergemüt etwa veredelnd oder gar bildend ? Man braucht «ler jungen Kinoindustrie ganz gewiss nicht vorzurechnen, wie viele weniger moralisch«' Filme sie auf «l«*'i Markt wirft. Di«« Filmfabrikanten wissen zum T«*il schon ganz gut. »lass «lie Filmdichtung noch mancherlei zu wünschen übrig lässt. Es wäre andererscit s aber lächerlicl und absurd, wollte man bestreiten, «lass«*» in den Kinos auc. nicht eine stattliche Anzahl von Filmen gibt-, die mehr für die Bildung eines Kinobesuches tun, als so ein seichtes Lustspiel, «las von einzelnen Bühnen mit Vorliebe gespielt wird und nur ekeligen Sinnenkitzel auszuüben vermag. Und stellen wir uns «»in mal für einen Augenblick auf den Justamentstandpunkt: Warum sollen «lie Pikanterien nur ein ausschliessliches Privileg der Schauspielbühne sein, die überdies «lie Pikanterie noch durch das gesprochene Wort förmlich unterstreichen und so die völlige Auf¬ merksamkeit des Zuschauers erzwingen. Ich für meine Person bin kein Feind . 1 «*» Theaters. Ich schreibe doch seit fünfzehn Jahren tagein. tagaus Theaterkritiken. Aber i«'li kenne auch nur zu genau «lie Schwächen «les heutigen, imxlernen Theaters, und darum glaubt» ich mit einiger Berechtigung sagen zu dürfen, dass nicht der mindeste Grund vorliegt, «lass das K i n «» als Kunstinstitut von «len 'Theaterleitern so über die Schultern angesehen wird. Das Theater von heute ist nicht nur einen Gedanken kulturfördernder als so ein Kino. Im (Jegenteil. Die Mission, die «lern Film allmählich zuerkannt wird, deutet darauf hin, dass «las Kino sicherlich einmal über dem Theater stehen wird. Die Wendung, dass das Kino «las Theater «ler Zukunft ist, ist wohl schon ein bisschen abgebraucht, aber trotzdem n o c h w a h r. Spätere General ionen werden tliese Tatsache sicherlich bestätigt finden. l’n«i dann: Die Postkutsche ist von «ler Eisenbahn verdrängt worden — wer hätte «las seinerzeit für möglich gehalten!, der Fiaker wir«l vom Auto allmählich ganz kaltgestellt. und ist die Zeit wirklich noch so ferne, wo das Auto vom Luftschiff überhcl