Der Kinematograph (January 1917)

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IVr Kinenatograph — Düsseldorf. No. 524. Künstlerprofile. Von Julius Urgiss. VIII. l)a mu»H ich zuerst eine Oenchicltte erzählet Wir waren wieder einmal eingeladen worden. Itei einet Film¬ fabrik den neusten Film anzusehen. Grosses war verlteissen. ein neuer Stern hatte zum ersten Male gespielt, und nun sollten wir urteilen, ob es ein Stern erster Ordnung zu werden verspricht, was da auf der Leinwand seine Darstcllungs- kunst zeigte .,Was das nun wohl schon wieder sein wird“, dachten wir Denn an Enttäuschungen ist ja die Kunst nicht arm. Also die Geschichte ging los. Sic war furchtbar traurig. Und richtig, als der erst«' Akt zu Ende war. und das Licht im kleinen Saal wieder aufleuchtete, da sah ich. wie dem schmächtigen z.erlichen-Persönchen das da neben mir sass. dicke Tränen aus den schönen dunklet Augen rannen und den Abhang der Wangen herunterkullerten. ..Ach Göttchen" sagte ich -»ii dem kleinen Mädel recht belustigt. ..es ist doch zu rührend, nicht ?" Da trat mich ein strafender Blick. ,’Lachen Sie nur. Wenn man sich so zum ersten Male sieht —- ..Was heisst ..sich“? fragte ich. ..Na ja. ich bin doch die Hella Moja“- —Man er¬ spare mir. zu schildern, wie hör zu Mute war. Ich muss ver¬ dutzt dreingeschaut halten, und ich freute mich, dass es in demselben Augenblick wieder dunkel wurde. Während des zweiten Aktes konnte ich mich denn genügend von meinem Sclirecken erholen und mich auf die Unterhaltung in der nächsten Pause vorbereiten. Xa, und wir kamen auch ins Gespräch, das allerdings dann recht ausgedehnt wurde Und da erfuhr ich denn, wie Hella Moja zum Film kam. Auch diese Geschichte ist interessant Ungefähr ein Jalir, l»evor die junge Künstlerin ihre erste Filmrolle spielt, hatte sie der Firma, der sie. wie sie ehrlich eingesteht, ihren Ruhm verdankt, ihre Photographien eingereicht mit dem üblichen Schreiben, ob man sie nicht fürs Filmen verwenden könne. .Sie sei Schauspielerin im ..Künstlertheater", spiele ganz kleine Rollen, grössere nur. wenn mal eine Kollegin unpässlich sei. dann aber selbstverständlich mit grossem Erfolge, und was sonst noch so in diesen Briefen steht. Es erfolgte, wie das ja ebenfalls meistens üblich ist, prompt keine Antwort Also ein Jahr verging Da erscheint eines Tages bei der Firma ein junges Mädchen, das schüchtern die Bilder zurückerbittet, die sie einst eingereicht hat Von dem Empfangspersonal hat natürlich kein Mensch eine Ahnung. Bis eine der leitenden Persönlicnkeiten zufällig vorüberkommt Freudenschrei seinerseits. ..Aber, hellstes Fräulein, wir suchen Sie ja schon ewig, wir hatten ihre Adresse verlegt. Sie sind die Rechte für uns. Wir machen Sie zur Kanone, wir. wir. wir — Der gute Mann wusste sich gar nicht zu halten. Und das arme kleine Mädel, das wusste überhaupt nicht, wie ihm gescah! Aber soviel ist sicher, das war der Augenblick, in dem «l«i Ruhm Hella Moja's geboren wurde. Monate sind seit jenem Tage, an dem ich die Kiin-tlerin zum ersten Male sprach, vorüber Mit Interesse verfolgt« ich ihre filmkünstlerische Entwickelung und musste bei jeder ihrer neuen Leistungen gestehen, dass sic in ihrer Kunst wuchs. Und wenn ich sie auch hier und da sprach so war es doch nur immer flüchtig. Jetzt aber hatte ich das Bedürfnis, mich mit dem schüchternen Ding von damals wieder einmal eingehend zu unterhalten. Ich strebte er-i eine Verabredung an. und dann endlich wurde diese in die Wirklichkeit umgesetzt Mit vielem Humor und doch mit Bescheidenheit trat Hella Moja mir entgegen, und als ich ihr nun sagte, ich käme mit dem Seziermesser, mit dem ich ihre Künstlerschaft vor den Augen ihrer Verehrer und Vci ehrerinnen aushreiten wollte, da lachte sie. ..Ich habe keine Angst, ich hin ja nicht beim Zahnarzt?" Und wie entschul digend setzte sie hinzu: ..Ich habe übrigens noch nie Zahn schmerzen gehabt". Was ich ihr glaubte, denn beim I^aehen zeigt sie eine Perlenreihe von Zähnen. Aber ich liegann nun mit dem Sezieren. ..Angeklagte wie heissen Sie?" — - ..Hella Moja" antwortete sic ..Unsinn“ sagte ich, „sprechen Sie die Wahrheit. Wie werden Sie heissen? Meier werden Sie heissen’" Wiede» - wies si< mir die Zähne, das heisst sie lachte, sie lachte sogat herzlich ..Nee. da irren Sie sich gewaltig", meinte sie auf Berliniscl ..und die anderen irren sich auch, ich heisse nicht Meier. Und sie nannte einen Namen, so recht polnisch mit ><• vielei „c" und „z“. dass ich ihn weder aussprechen, noch schrift lieh wiederholen kann Aber das kann ich aus dem Gedacht nis versichern, der Name fängt mit ..Moj" an. Also Hell i ist Polin und. wie ich verraten darf, ganz aus der An der Familie geschlagen. Denn seit Menaohengedenken sind ihr« Vorfahren Landwirte, und sie ist das erste Familienmitglied, das seinen Wohnsitz dauernd in der Stadt hat. Aber «la- ländliche Leben hat sie wenigstens insofern bisher inue- behalten, als sie von dem städtischen Bummelleben nichts kennt. Hella Moja geht, wie man auf dein Lande zu sage: pflegt, mit den Hühnern schlafen. „Sieglauben ja gar nicht“ meint sie. „um wieviel mehr zum Fitmspielen Nerven braucht werden als für das Spielen auf der Bühn« Sie gehört nämlich zu jenen Filmkünstlerinneu. die im Spie l nichts geschenkt haben wollen, denen es um so mehr Spa> tnacht und die es um so mehr reizt, je schwerer die Aufgabe ist. die sie zu lösen haben. Und doch sehnt sich Hella Moja mit allen Fasern da¬ nach, wieder auf der Sprechbühn« - zu w'irkeu. Sie weis.- daas sie heim Film unendlich viel gelernt hat was ihr aut