Der Kinematograph (April 1917)

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Erseneint jeden Mittwoch. Düsseldorf, 4. April 1917. No. 526 Vertreter für Berlin und Umgegend: Ludwig Jege!, Berlin W. 8, Mohrenstrasse 6. Wie entsteht eine künstlerische und sinngemässe Filmmusik? Von Kapellmeister Alex. Schirm n n n . Kerlin. Seit ich Gelegenheit fand, meinen musikalischen Beruf der Filmhegleitung widmen zu dürfen, haben sieh mir täglieii. stündlich so vielerlei neue Gesichtspunkte eröffnet, dass es oft kaum möglich war. die Fülle all der ungew« hüten künstlerischen Anregungen in richtiger Weis«- un«l er- schöpfttul zu verwerten. Neuerdings sind mir überdies vielfach Anfragen aus Kollcgenkreisei: z.ugcgangcn. di« ich gern in allgemeiner Darstellung und zu allgemeiner Nutz¬ anwendung hier beantw« rte. Besonders «ler Umstand, dass auch fast alle meine Kollegen aus dem Kino verlern Knsemhleküter w«iren. winl ilas Verständnis für die Art «ler fa«-hlicheii Mitteilungen sehr erleichtern und sie in «ler Praxis zur Anwendung kommen lassen. Ich find«, es ist nachgerade Zeit für den musikalischen FUmfachmann. cli«* ihm gestellten und sicherlich nicht lei«-ht«-n Aufgaben auf künstlerischer Basis aufzubaueu. Sic erweist si« h immer mehr als die einzig richtige. Mag es den Kim musikem auch bequemer erscheinen, die Filmmusik so zu behandeln, wie es v« r zehn, v« r fünfzehn .lahren üblich war. Die Bequemlichkeit ist nur eine scheinbare und sie rächt sich härter, als man glaubt. 1 )enn «lie Erfahrung hat e> bewiesen, dass «las Publikum im Kino sehr wohl weiss. was ihm «lie Filmmusik ist. ln vielen Fällen war cs die Schuld der Kinomusiker, wenn «lie Leute ein Theater zu meiden begannen, und weil «lie Zuschauer den Weg zu «lern kom¬ petenten Manne, zum Direkt« r. zum Gesehiftsfühier scheuten, sprachen sie ihre Unzufriedenheit, drückten sie ihr Misstrauen - «len Platzanweisern aus. Durch die erst kam «lie Unzufriedenheit «lern Direktor zu Ohren. Das ist oft genug beobachtet w« rden und war selbstverstämllicli sehr beschämend. | [Gerade weil die bleibende Einrichtung der Streich¬ besetzung «lie einzig richtige ist. will ich ihr einige Werte widmen. Die Auffassung der künstlerischen Pflichten bei der Kiiu musik hat den Leitern eigentlich auch die Vor¬ schriften für die Wahl ihrer Musiker gemacht. Sie gipfein «larin, inir solcheMusiker zu verwenden, denen eine genügende Orchestern ifinc im Berufe liilft. Ensemblemusiker sind «lie nu-isten Musiker im Kino, aber nur darum find«‘t man sic so häutig, weil sie überhaupt in der Mehrzahl sind. I>< eh «las Spielen im Ensemble hat fast alle solche Musiker entwöhnt. si«-h an den Taktsteck zu halten. !k>r Taktst. ck aber ist im Kino die S«*ele. Nicht wie in «ler Ensemble- musik kommt es auf das äussere Bihl an. welches «ler Dirigent, welches «lie Gesamtheit der Kajielle dem Zu¬ schauer bietet. Das Bild ist auf «ler Leinwatul. v«.n der Kapelle siebt « 1 er Zuschauer nk-hts. Aber er soll sich ge- wöhnen, die Musik als «rganischen Bestandteil des Film¬ kunstwerkes zu hören, uuil nur mit « rchesterroutinierten, mit durch «len Taktsteck disziplinierten Leuten kann der KajH-llmeister <li«'s<* Aufgabe lösen. Seele ist in «ler Film¬ musik «las Ausschlaggebemle und Seele allein kann aus- schlit'sslich nur der Taktst« ck an die Musiker übertragen. | [Alle übrigen Pflichten, die «ler Musiker zu übernehmen liat, gehen ja aus seiner Orchestc-rdisz.iplin ohnehin hervor. Gr« 88 und vielgestaltig jedoch sind «he Pflichten «les Kino- musikdirigenten. Ich habe das Glü«-k. in meinem Theater sehr viel feines und kunstverständiges Publikum zu befrie¬ digen. Es ist mir meine Pflicht bisher sieherlk-h nur aus dem (>runde so gut bekommen, weil ich es mir angelegen sein liess. nicht nur dieses kunstverständige Publikum unbeachtet zu lassen, s«indem überhaupt zu vergessen, «lass Publikum im Hause anwesen«! ist. Bei der Zusammen¬ stellung «ler Filmmusik gehe ich von «lern Standpunkte aus. ein Libretto eines Schriftstellers «lun-hkomponieren zu müssen. Daher vermeide ich nach Möglichkeit. Reminis¬ zenzen zu erwe<-ken. denn ich weiss nun aus Erfahrung, wie sehr die musikalischen Erinnerungen von dem Bilde selbst ablenken. Es ist ja auch nur logisch, dass ein Zu¬ schauer. der plötzlich das ,.Donna e mobile“ aus dem Kin« « rchester vernimmt, sofort auch «ler. übermütigen Rigoletto vor sich sieht und weniger die Menschen im Filmbild. Man kann und darf ja schliesslich auch voraus- setzen. dass fast jeder KiiifTbesuoher auch hin und wieder