Der Kinematograph (April 1917)

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Der Kinematograpo — Düsseldorf. No. 637 Kinogreuel ? Eine Antwcrt an Herrn Ad. Grabowsky, Herausgeber des „Neuen Deutschland“. Man hat sich nachgerade an die unm< tivierten und durch keinerlei Sachkenntnis getrübten Angriffe auf das Kino gewöhnt, sie werden auch v< in gr. ssen Publikum und den entscheidenden amtlichen Stellen, die allmälüich den Kulti.rwert des Films kennen gelernt haben, ent¬ sprechend bewertet, so dass die Fachpresse sic h im all¬ gemeinen eine Behandlung dieser mehr < der minder geist- reit hen Ergüsse ruhig schenken kann. Ab und zu erscheinen aber in angesehenen weitverbreiteten Zeitungen und Zeit¬ schriften Arbeiten v< n emsthalten Männern, mit denen man sich schon im Interesse einer Klärung und Richtig¬ stellung auseinandersetzen muss. Zu dieser letzten Gattung gehört ein Aufsatz von Ad. Grabowsky, der zuerst im fünften Heft des ..Neuen Deutschland“ erschien, und den der ..Kunstwart“ im zweiten Februarheft abdruckt. Was da von deutscher und ausländischer Kilo Industrie gesagt ist. stimmt zwar nicht, es kann aber immerhin als Ansichtssache behandelt werden, ist auch im Prinzip un¬ wesentlich von unserm Standpunkt aus. weil die Frage, ob die deutsche Kin« Industrie gesetzlich geschützt werden muss, nicht v< m Standpunkt des künstlerischen Niveaus aus entschieden wird. Was ernstlich zurückgewiesen weiden muss und was dem Kenner der Verhältnisse unbegreiflich ersehe:nt, das sind die Ausführungen, die sich mit dem Kino und der Zivildienstpflicht, einmal und mit der Kinokritik zum andern befassen. Es heisst da unter anderem' „Die Filmindustrie spricht so viel von den besonderen Ge¬ setzen des Kinos, sie möchte am liebsten die ganze Kinodramatik für eine Uelieimwissensehaft erklären. Doch gehört nicht viel geheimes Wissen dazu, um sich immer wieder verwundert zu fragen, woher denn eigentlich diese Köpfe kommen, oie all dies ausgeklügelte, mühsam zurechtgedrechselte, übertüftclte. ver¬ spiel isierte Zeug fabrizieren V Ks isr. ja alles so ülx.rflitssig, namentlich in dieser Zeit. Und wenn man aus Valutagründen ausländische, an sich höherstehende Produktion nickt mehr hereinlassen will, so sollte man sich erst recht darum kümmern, dass diese heimischen Uolierfliissigkeiten nicht mehr möglich sind zu einer Zeit, wo jede Arbeitskraft gebraucht wir. . Was für ein Apparat ist zu so einer Filmaufnahme not¬ wendig! tianze Städte werden gebaut, ganze Wagenparks ge¬ mietet. um derartige Nichtigkeiten zuwege zu bringet ! Der Segen der Zivildienstpflicht wird sich besonders aut dem Kino¬ gebiet erweisen. Alle diese Hunderte oder Tausende von Regisseuren Schauspielern, Operateuren und wie sie alle heissen, sollten schleu¬ nigst in die Munitionsindustrie übernommen werden. Kinee der Hauptorgano der Kinobranclie vermutet schon, dass solches bevorsteht. In einem Leitartikel beliandolt es ganz änjptlich die Zivildienstpflicht und fürchtet daraus für die Kinoindustrie ungeheuren Schaden. Das ist ja immer die letzte Ausflucht bei allen derartigen Massnahmen: die Sclüuligung des Kapitals, das in einer bestimmten Industrie investiert ist. Aller wenn neue Kinoaufnahmen vorbotou wer.len. brauchen darum die Kino¬ theater nicht zu fallen. Ks liegen so unendlich viel Filme auf- gestapelt. dass man nur alte wie 1er hervorzuholen braucht, um die Theater zu versorgen und die Schaulust des Publikums zu befriedigen. Wozu ist ülierhaupt diese immer neue Hast¬ produktion notwendig ? Sie ist volkswirtschaftlich s..gar sclükl- lich, weil dadurch die vorhandenen Werte nicht genügend aus- genutzt werden. Aber man fürchtet sich schon davor, in einem alten Film alte Damenmoden zu zeigen' Gewiss kämen bei dieser Kegeliuig die Kinoatoliers zu kurz, aber dann gibt es eben eine Industrie mehr, die durch den Krieg leidet. Wir müssen das xun so eher hinnehmen, als damit eine Reinigung der ganzen Industrie verbunden sein könnte." Ganz abgesehen von den maßlosen Uebertreibungen bezüglic h der Persf nen und des Materials .das tatsächlich in Frage kommt, muss man ernstlich bezweifeln, ob Herr Grabowsky sehe n einmal wahrend des Krieges ein Licht¬ spielhaus besuc ht hat. Man dür.te allerdings vi m Heraus¬ geber einer Zeitschrift für deutsche Politik und Kultur erwarten, dass er wenigstens von der Bedeutung- des Films für die Auslandspr. paganda gelesen oder dass er von der Mitwirkung des Kin« s bei Kriegsanleihen usw. gehört hätte. Ein gründliches Studium der Feldkin« numiuer. die wir de ,.Neuen Deutschland" übersandt haben, wird vielleicht auc h Veranlassung zu einer Revision der Gedanken und Meinungen geben. Für die Nennung von „Hunderten“ ven Regisseuren wären wir Herrn Grabowsky sehr ver¬ bunden, vc n den „Tausenden" von Schauspielern und Aufnahme perateuren erst gar nicht zu reden. Die Berliner Theaterdirekt ren von Bernhard bis zum kleinsten V t r. rt- theater kämen bei der Durchführung der angeregten Pläne in eine schöne Verlegenheit. Dann die ..Hastproduktion“ und die nicht genügend ausgenutzten Werte! Sehr verehrter Herr Grabowsky, lassen Sie sich einmal einen Film nach zehn Wochen Lauf¬ zeit zeigen fragen Sie einmal einen Fabrikanten, was eine gr. sse Filmaufnahme pro Tag kostet, und wie schwer heute bei der begrenzten Absatzmöglichkeit der Herstellungs¬ preis wieder hereinzubringen ist, erkundigen Sie sich in gr. ssen und kleinen Städten bei den Theaterbesitzem, was das Publikum sagt, wenn ein Film zum zweiten Male auf dem Spielplan erscheint, und dann sagen Sie uns, ob Sie ihre Behauptungen noch aufrechterhalten können. Zur Frage der Kinokritik heisst es dann weiter: ..Freilich wird es so lanü» nicht wesentlich besser werden, als nicht dio öffentliche Kritik sich mehr um das Kinogewerbe kümmert. Unsere ernsthaften Tlusiter worden scharf von der Kritik lieobachtot. oft viel zu scharf, «lernt häufig wird ein paar tmzulängliclier I-eisttuigeu wegen viel Mühe und Arbeit in den Ikxleti ge lonnert. Das Kino nimmt niemand ernst, und «iee- lialb vermögen sich dort, diese unsagbaren Dinge zu entfalten. Die Zensur ist ja immer nur .Sittlichkeit* , niemals Geeclunacks- zensur und kamt .loshalb den Kern der Schaden nicht treffen, verdirbt vielleicht sogar mancites durch allzu grosse Aengst- lichkeit. \\ ozu aber sollen sich die Tageszeit ungen in Unkosten stürzen, wo doch so fette Inse'ute der Kinotheater winken t Hier sieht man wieder einmal, wie man zwisctien korrumpierter und nichtkorrumpierter Presse gar keine scharfe Grenzlinie ziehen kann. Es gibt so feine Abstufungen dazwisclten, dass das plumpe Wort Korruption zur Gre tzmarkieruug völlig unbrauch¬ bar ist. Viel böser aber noch liegt es bei den Fachzeitschriften des Kinogewerbes. Sie werden meist unborechnet verschickt, leben also nur von Inseraten. Was für eine Objektivität dabei iioraus- kommt. kann man sich denken. Wer einen tiefen Blick in das. was lieutzutage an Unkunst und hässlicher Reklame möglich ist. tun will, dor muss von Zeit zu Zeit einmal sich diese Kino- Zeitschriften vornehmen. Sin sind meist auf KunsUlruokpupier, versteht sich, und sie sind in Rot. Blau. Grün und Gelb ge «ruckt, aber was bleibt, wenn man sie gelesen hat, »st nur die Empfindung grauer Traurigkeit. Sprechen wir trotz alledem nicht von hoffnungsloser Traurig keit. Wenn die öffentliche Kritik gründlich in diese ganze ver moderte Ecke hineinfährt und immer wie ier nachbohrt und nachbohrt, wird doch etwas zu erreienen sein. Dann wird aus dem Riesenkitsch mit den Grafen und betressten Dienern viel¬ leicht ein Abbild unserer liei allem Schmerz doch so schönen Welt mit itiren Bergen und Wälnern und Strömen und ihren Felsen insein. Auch da ist zuerst einmal sachlich unrichtig, dass die Zensur „Sittlichkeitszensur“ sei, wäre dem so, die an sich schon geringe Zahl von Verbeten würde noch kleiner sein. Nach dieser Seite hin haben sich in den letzten Jahren kaum Beanstandungen ergeben Aber wir wollen Herrn Grabowskv nicht belehren, denn wir gehören zu den bösen Fachzeitschriften, vielleicht erkundigt sich aber der Herr Herausgeber beim Berliner P« lizeipräsidium oder bei der im Landtag vom Herrn Minister so gerühmten Zensur in Düsseldt rf. 2tus tBriö roirö Ulmi ioit. in.niit.on fpart dentMie» Blut. Drum ieidjne jeder, fooiel er t-inn. KrL<js«inleit)<.