Der Kinematograph (March 1918)

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No. 5S6 Der KJnematogm}^ — Däsaeldorf. auagebildet zu werden, iiat vuu alieu mdgüchun Seiten Briefe bekommen, darunter von Personen, bei denen es notorisch feststeht, dass sie vö'lig ausser Lage sind, einen derartigen Unterricht zu erteilen. Es handelt sich also in diesen Fällen tatsächlich nur darum, „unwissenden Personen das Geld abzunchnien". Ich bin weit entfernt davon, irg ndrünem grund- .sätzlich die Befähigung abzusprechen, eine derartige Ausbildung durehzuführen, aber ich vertrete den Standpunkt, da.ss nicht jeder erstbes e dies vermag! Wer heute einen anderen et\va.s lehren will, muss vor allem selbst die ganze .Materie vollkommen be¬ herrschen. muss das Talent tn^sitzeu. eine fremde Individualität sofort zu erkennen und richtig cinzu .schätzen; muss die Fähigkeit haben, erzieherisch diese Individualität die richtigen Wege zu führen; muss es genau verstehen, vorhandenes Tafbnt zu ent¬ wickeln, und muss endlich die Gabi« hal>en. sowohl künstlerisch wie technisch den Schüler zu bereichern. Das vermag nicht jeder. Man kann selbst ein guter Künstler sein, ohne deshalb ein guter I,ehrmeister zu sein, - - und auch umgekehrt. Wo sind nun in München diese Lehrmeister? Ich laus.s mich auf .München beschränken, weil ich ja die Verhältnisse in Berlin und an anderen Plätzen nicht kenne, - also, wo sind diese .Münchner Lehrmeister? Was wir bisher von Münchnei Darstellern gesehen und erfahren haben, ist nicht gerade .sehr vertrauener¬ weckend, schon deshalb nicht, weil es deutlich er¬ kennbar ist. dass allen i>’h bitte ausdrücklich es betonen zu dürfen allen die Technik des Spiels der Gesten vollständig fehlt! Wir kommen um diese Technik nicht herum! Stibst der stärkste, gewaltigste und imponierendste Imprcssio- nismus kann ohne Technik nicht tiestehen. Das zeigt uusFönss deutlich genug. Ich halte Fön.ss für einen der genialsten und bedeutendsten Filmdarstelier, für einen Impressionisten vom reinsten Wasser, er gefällt mir ausserordentlich und macht auf mich immer einen ungemein starken Eindruck, dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich bei ihm da und dort gewis.se Mängel in der Technik beobachtet habe. Viele glauben, der Eerufsschauspieler müsste ein guter Lehrer sein. Ich bezweifle dies .sehr, weil ich ja seit jeher den Standpunkt vertrete, da.ss Beruf.s- schau.spielor an sich keine besonders guten Filmdar¬ steller sind. Die bisherigen Erfahrungen geben mir auch vollkommen recht. Wa.s folgt aus all dem? Doch weiter nichts, als dass die unseligen und unglücklichen ..Kinoschulen“ und ..Kinokurse“ und wie sie sonst htnssen mögen, wo man mit den Schülerinnen die Maria Stuart stu- liiert (für den Film??!!), höchstens dazu gut genug sind, „unwissenden Leuten Geld abzunehmen“ und ein Proletariat heranzuziehen, wie dies in diesem Blatte schon einmal so ergreifend geschildert worden ist. Dem muss mit allen Mitteln gesteuert werden! Es geht nicht an, das.s der Film sich nur dazu hergebe, dasselbe „Schüler "Schicksal zu erleben, wie die be —rüchligten Gc.sang8chulen und Theatersehulen, die nur unglückliche, bejammernswerte Menschen in die Welt setzen. M'o sind in München die vielen Filmfabriken, die alle diese Film.Iarsteller. die also hier .'.herangebildet" (!) werden, zu beschäftigen? Ich bin gewiss der letzte, der nach Polizei ruft, ich lehne solche gewaltsame Auskunftsmittel prinzipiell ab. wohl aber srlaul»c ich. es sei herePs an der Zeit, dass sich die Tagespres.se damit befasse und im Interesse der nutzlos vergeudeten Energie davor warne, das-s sii-h Krethi und Plethi zum Film dränge und von Kretlii und Plethi für diesen Beruf „ausgebildet'• werde, so das Geld im Kasten nur springt! O. G. Das Kinogesetz vor dem Reichstag. Am Freitag, den lö. März, fand iin Reichstag die erste Lesung des Gtsetzes über die Veranstaltung von Lichtspielen statt, die. nachdem die Redner fast aller Parteien ihre Stellungnalnne erklärt hatten, damit endete, dass die Vorlage einem Atisschus.s von 21 Mitgliedern überwiesen wurde. Es lässt sich heute noch nicht das Schicksal der Vorlage Voraussagen, doch lässt sich auf Grund der Reden manchqg,in ihnen gefallene .4nsicht widerlegen. Nur die beiden sozial¬ demokratischen Redner, die Abgeordneten Schulz Erfurt, und Cohn erklärten deutlich ihre geringe Sym pathie für das Gesetz. Der ersterc wandte sich gegen die Ueberwachung durch Polizeiorgane und wies auf die Gefahr der Sittlichkeits.schnüffelei hin. Damit aut wortefe er gleichzeitig auf diesbezügliche Aeusserungen anderer Redner. Er sieht auch grosse Bedenken gegen den Konze.ssionszwang. weil dieser in sich die. Gefahr einer ungesunden .^Ionop<^lisierung birgt, ein Thema, das dann später der Abgeordnete Cohn weiter und sehr eingehend ausspann. Der Abg. Schulz wünscht ein umfassendes Kinoge.setz im Rahmen eines Reichstlieatergesetzi-s zu sehen, ein Standpunkt, den bekanntlich der ..Kinematogra|)h“ von jeher vertrat, und über den sieh in un.serer vorigen Nummer erst Herr Rechtsanwalt Dr. Treitel ausgelassen hat. Hier¬ bei möchten wir auf die „kleine Anfrage“, die der sozialdemokratische Abgeordnete Kuhnert soeben an den Herrn Reichskanzler gerichtet hat. hinweisen. Sie lautet: „Im März 1914 erklärte die Reichs- regierung, das.s die Vorbereitungen zur reichsgesetz¬ lichen Regelung de.s Theaterwesens .soweit vorge schritten seien, da.ss dem Bundesrat in nächster Zeit der Entwurf des Gesetzes vorgelegt werden könne. M^ährend des Krieges kam dieses Vorhaben bisher nicht zur Ausführung. Ist der Reichskanzler ge willt, im Hinblick auf die Notlage des Schauspieler¬ standes. .sowie in Ansehung der grossen kulturellen .-Vufgahe des Theat«*r.s die vollendete Durchführung der gesetzgeberischen .\bsicht. die den Fach- und weiteren Bevölkerung.skreisen notwendig und äusserst wünschenswert erscheint, sicherzu.stellen. Ist der Herr Rcich.skaiizler bereit, sieh darüber zu äusseru. ol» noch während de.s laufenden Kriegsjahres der Reichsge.setzentwurf. betreffend die umfas.sende Rege hing des The.iterwesens, dem Reichstag vorgelegl oder noch ferner hinausge-sehoben werden soll? Was gedenkt der H'*rr Rrich.skanzler zu tun, diese Ange¬ legenheit zu fördern’ .Abgeordneter Schulz sprach auch von «len rie.senhaften Einnahmen der Schauspieler beim Film, für die die Theatergage gleichsam nur ein Trinkgeld sei. Er hat mit dieser Feststellung vollkommen recht, und es wird sehr bald an der Zeit sein, auch «li«*sen Punkt einmal eingehend zu behan dein. Schuld an di«‘ser Preistreiberei sind aber nicht «lie Schauspiel«*!-, denen mai* es nicht verdenken kann, wenn sie versuchen, .soviel zu verdienen, wie sie nur irgend können, schuld sind vielmehr die Fabri¬ kanten seihst, die sich gegenseitig überbieten, um «lie Künstler für sieh zu gewinnen. Auch der tiationalliberale Abgeordnete Ortmann