Der Kinematograph (October 1918)

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Der Kinematograph — Düsseldorf No. »67 Das zuletzt eröffnet c größeie Lichtspieltheater Leipzigs sind dio K a m m e r 1 i c h t spiele in der Windmühlen- straße. Was ich von den U.-T.-Lichtspiele» sagte, das läßt sich fast wörtlich auf die Kammerlichtspiele über¬ tragen. Früher hieß das Theater ..Weißer Wirsch“ («ach •lern gegenüberliegenden großen Speisehaus). Der Weiße Hirsch wollte nicht gehen und wollte nicht gehen Er schien wie verhext. Bei näherem Hinsehen freilich er¬ kannte der Fachmann recht gut. daß es sich nicht um Hexerei, sondern um verkehrte ( Je: chäftrgrundsätze han¬ delte. Wer nichts an die Angel steckt, -fängt nichts“, mag sich der jtdzige Besitzer, Herr Kaffka. gesagt haben. Kr sorgte zunächst für ein« geschickte und umfangreiche Reklame, er nahin eine Kapelle ins Haus, gab dem Aeußern des Theaters einen vornehmen Anstrich und sorgte vor allem für gute Filme. Das alles hat dem Manne zweifellos viel Geld gekostet, aber er hat auch den Erfolg zu ver¬ zeichnen. daß seine Kämmet licht spiele ganz ausgezeichnet ..gehen“. Gegen wärt ig hestehen in Leipzig mit seinen ein¬ verleibten Vororten rund 30 Lichtbildbühnei ; ihre Zahl betrug schon einmal über 45. Sie ging aber damals auch erstaunlich schnell wieder zurück. Die gegenwärtige Zeit steht indessen wieder m Zeichen der Xeuci Öffnungen Ir» Zeit von einem Vierteljahr und etwas daiüber sind gegen zehn neue Theater entstanden. Erwähnt -eien nur Ihei Lilien - Lichtspiele. Albertgarten. Pantheon - Lichtspiele, Lichtschauspielhaus, Viktoria-Lieh*spüle. Luminago. E. W. Neuheiten auf dem Berliner Filmmarkte. unseres Berliner Korrespondenten Egon Jacobsohn. < iriginalbericht Das Uniontheater hat einen neuen Film mit Mia May in seinen Spielplan aufgenommen. Es ist eine vicraktige Tragödie „Ihr großes Geheimnis“ (May-Film). Alles ist auf die Regie gestellt, die auch einzelne entzückende Motive auf die Iz-inwand zaubert. Auf Kleinigkeiten, di»- bezeichnend für einzelne Charaktere sind, hat man großen Wert gelegt. Die Handlung selbst, nicht allzu neu, wird dadurch ..aktuell", daß der letzte Akt draußen an der Front spielt Einzelne Angtiffsauf- nahnien sind ganz gut gelungen. Wertvoll an die.-«m Film ist auch die darstellerische Wiedergabe. Mia May. die stets junge unveränderte Schönheit, mimt eire Fürst en- tochter. die inkognito nach Heülelberg (im Film sind Heul»-lb»-rgs .Naturkulissen l**ider nicht ausgenutzt) reist, um MtHiizin zu studieren Dort lernt sie ..ihn kenn«-», der sie für ein unbemitteltes Bürgermädel hält. Heimlich läßt sie dem armen Studenten di»- Hälfte ihrer Apanage zu- steilen, damit »*r weiter die Kollegien besuchen kann. Aehn- licli wie in „Alt-Heidelberg" wird sie jäh abberufen, um •m Hause des Fürsten an («-Seilschaften teilzunehmen. Ab sie nach dem Tode ihres Vaters nieder nach Heidel¬ berg kommt, findet sie „ihn“ verheiratet. Herber Schmerz. Ent -agung Nach vielen Jahren, im Kriege treffen sieh die beiden un 1.,-sctzten Gebiet wieder Er fällt jedoch, als er seine Eran. die Schwester geworden ist, aus einem brennenden •V-hloß retten will. Nur sie muß weiter leben mit ihrem großen Leid. Man sieht: es ist ein echtes May-Sujet, das für die versc hierienen Schichten von Kinobesuchern den rechten Ton anzuschlagen versucht Mia May ist wieder stark *ie immer; ihre Gegenspieler n ist Käthe Haack. Sie W ein»- entzückende Person, die in ihrer solid-bürgerlichen Einfachheit den verlangten Gegensatz zu Mia May recht unterstrichen zum Ausdruck bringt. Johannes Rie- J*n‘n schwankt zwischen beiden unstet hin und her Er schaut gut aus. Besonders wohl scheint er sich im *hmucken Kleide des deutschen Offiziers zu fühlen. Er “®*‘tzt ein sympathisches Aeußere. hat ein film günstiges ”*® ,f ht und wirkt recht jugendlich. Also ein Partner für *tau May, wie sie ihn benötigt. (Ein klein«»* lüsünken üeigt dem aufmerksamen Beobachter auf: Wird ein deut- 5“er Offizier so indiskret sein und das Medaillon seiner l *®e. das sie verloren hat, in ihrer Anwesenheit, aber 'Ufte ihre Zustimmung öffnen und einen darin befimllieben diesen?) . Eum Schluß dieses Referats noch ein paar p r i n - * e 11 e Worte über Filmdramen, in denen gestellte Aufnahmen vom Kriegsschauplatz in die Handlung ein¬ greifen Man sei einmal ganz ehrlich. Den Filmautoren geht* mit dem Thema Krieg gemu wie ihren Kollegen den Novi-Uendichtern Ich glütil«-, daß nur wenige aktuelle Novellen 1914—1916 geschrielen wurden, in denen nicht der Klisch»»esatz auftauchte: „Und dann kam der Krieg " I.i der Regel war «iieser „Kunstgriff" eine arge Verlcgcn- heitsangeli genheit. Wetui dte Geschichte nicht m«-hr wviterging. dann brachte man sie wieder künstlich vorwärts, indem man eben den Krieg ausbreehen ließ. Genau so ergeht » ja auch den Dichtem d«»s Films Wenigstens mutet es so an. Sobald der Stoff ausgeht, gieift man zum Krieg, ur.«l sofoit hat man neue Möglichkeit«-!!. einen vierten, und fünften Akt zu «-rsinnen. Die Frage bkibt aber «»ffen ob man gestellte blutige Schlachten auf die Leinwand bringen soll. Das muß man jedesmal dem Takt des Regisseurs überlassen. Es gibt Kreise «ler Be¬ völkerung. die sich durch jene* ..Brüderschafttrinken mit der Weltgeschichte" peinlich berührt fühlen, und die ihien Unwillen nur nicht zum öffentlichen Pr»>test bringen wollen und können weil eine Anzahl solcher ..Kriegsfilm«" wohl¬ tätigen Zwecke« dient. Es ist notwendig, »biß das einmal gesagt wird. Wenige werden leugnen ilaß außerdem viele FeWgraue. die jahrelang draußen auf lieben und Tod gestritten haben, über diese F-uerwerksfi<>sche und Sta¬ tist en-Helden mit Bügelfalten, über »las Pauke«?rommel- feuer im Orchester und die blutig-rot geschminkten Offiziers¬ wunden lächeln werden, daß eine beträchtlich»- Anzahl Krieger aber energisch gegen derlei Scherze protestieren wird, weil ihnen der Feldzug doch zu bitter ernst war, als daß man ihm für fünfundsiebzig Pfennige ( triginal urecht“ in jedem Kinodrama bei Harmoniumklang bei¬ wohnen darf! Wenn die Stellen, die bei der Auswahl von Filmsujets maßgebend sind, einmal die Frage der Film- kriege von diesem («»sichtspunkt aus betrachten und nicht etwa von übertriebener Rücksichtsnahme sprechen würd«*n, ao wäre schon ein Zweck dieser Zeilen erreicht. Es ist schwer denkbar, was die Filmautoren anstellen würden, wenn man ihnen verbieten müßte, über Inkognito- Fürstlichkeiten Lustspiele zu schreiben Der Mozart¬ saal bringt auch ein Hofspiel in seinem Programm, in dem allerlei putzige Dinge angerichtet werden, weil d«r Bauernbub ein Prinz und sein Dirndl eine adlige rtome ist. Es handelt sich um das vicrakt ige Lustspiel „H o f - gunst“ (Oliver-Film), das als ein Hilde Moerner-Film gedacht ist. Man hat einen nicht allzu inhaltsreichen Roman von Thilo von Trotha bearbeitet. Schneller*-* Spieltempo, bessere Ausnutzung von Pointen und — vor allem — neue Ideen hätten viel zu einem Erfolg beigetragen