Der Kinematograph (October 1918)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 81« Der Kinem&tograph — Düsseldorf. haben die Film Verleiher den ganzen Programmbodaif der ungarisch«-n Lic-htbildtheaterbes-itzer beschafft, seither er¬ werben sie achtzig Prozent dieses Bedarfs aus den besten Erzeugnissen der ausländischen Vilmproduktion auf eigene Rechnung, die sie gegen Leihgebühr au die Kinotheater vermieten. Sic bilden also einen besonderen, bedeutenden Faktor auf kinematographischeir. Gebiete, der des Schutzes und der Organisation bedarf. Die ausländischen Film¬ fabriken können keine richtige . ungarischen Haupt- und Zwischentitel hersteilen, die Filmverleiher lassen diese in Ungarn drucken. Diese Titel betragen et wa zwanzig Prozent der Filmlängen, die Verleiher l>edürfen daher die gleiche Menge an Rohmaterial, wie die für Ungarn bestimmte ganze Produktion der Filmfabrikanten. Wenn die Regie¬ rung ni"ht für die Beschaffung und Verteilung diese,. Materials Sorge trägt, ist das Verleihgeschäft und damit das Programm der Kinotheate: in Frage gestellt. Die Interessen der Filmverleiher sind in den Fragen der Filmeinfuhr aus dem Zollinland und Zollausland, der Tauschausfuhr, der Filmzensur so besondere und selb¬ ständige, daß sie eines besonderen Schutzes bedürfen ihre Zentralisierung zur Verhinderung der Entartung der Verhältnisse geboten erscheint. Di» Filmvorleiher er¬ achten die Zwangs Vereinigung zur Wahrung ihrer Existenz¬ interessen für unbedingt notwendig. Sie fordern sie zu einem Zeitpunkte, in dem die aufwärts strebende »n- junktur bereits ihren Höhepunkt erreicht hat. die Lage zu normalen Zuständen zurückzukehren Geneigtheit zeigt, der Wiedereintritt der Friedenszustände zu erwarten ist Wir gehen Zeiten entgegen, die nicht mehr eine so all- neine Unterhaltung und Zerstreuung des Volkes fordern, man bereits satt zu bekommen beginnt Viereinhalb Jahre hindurch war es ein Seelenbedürfnis für die Nerven¬ spannung der Menge, die Schrecken und Folgen des Krieges sind fast schon zur Gewohnheit geworden, eine allgemeine Abgestumpftheit hat Platz gegtiffen, Zriedenshoffnung taucht mit berechtigtem Anscheine auf, die Kinos müssen mit dem Nachlassen, mit dem Abflauen der Kon¬ junktur rechnet:. Nur ganz große Filmsensationen werden die ehemalige Wirkung beibehaltc.-i und der deutsch« Filmmarkt wird gut tun, mit jenen Umwälzungen in Ungar» zu rechnen, deren Fata - morgana-Bild schon manches geistige Auge erblickt, und die nach der einen oder anderen Richtung hin doch auch verwii klicht werden könnten Wenn wir Zeiten «‘ntgegengehen, wo von jeder Krone oder Mark Einkommen die Hälfte an Abgaben zur Staats¬ erhaltung zu entrichten sein wird, dann muß die Ver¬ gnügungssucht und damit in Verbindung die Film- und Kinoindustrie daiunter leiden. Vorbei ist dann aber auch die Zeit, daß die Stadt- und Kommunalsäckel vom Kin<> große Einnahmen erzwingen, denn bei dem stark ver¬ änderten Einkommen werden sich nur um Vieles wenigere Zerstreuungen mit erhöhten Ausgaben leisten können Der ungarische Filmmarkt aber wird das Ansehen, das er sich bei den \Veltkäufem nach dem Kriege erst zu erringen hoffte, auch bei der deutschen Kundschaft ver¬ lieren müssen. Bevor noch an die Konkurrenz von Films aus dem jetzt noch feindlichen Auslande gedacht werden kann, wird der Wettbewerb inter n uros seltsame Blüten treiben. Wir in Ungarn haben auch während des Krieges manchen italienischen oder amerikanischen Film zu sehen bekommen und es berührt hier eigentümlich, «laß es in Deutschland nur seitens der Regierung begünstigten Unternehmungen erst jetzt «rmöglicht werden soll, sich Aehnliches zu lebten. Es bt dies eine ..UebergangsWirt¬ schaft“, die nicht angetan ist, jenen Ausgleich zu schaffen, der dringend geboten sein wird, ob mit, ob ohne Zwangs¬ vereinigungen und Zentralbierungen die heimische Fibu- produktion gegen jene der Nachbarstaaten zu schützen Vielleicht werden die Kapitalien, die hier wie dort, während der letzten Jahre der Filmindustrie in vorher ungeahnter Weise zugeführt wurden, dazu beitragen, wenn auch nicht gesicherte, so doch gefertigte Zustände zu schaffen. Außenseiter-! Der Begriff Außenseiter birgt zwei Gedanken in sich. Einmal den der Nichtzugehörigkeit zu einem 8tamm Eingesessener, dann aber den einer gewissen Sieghaftigkeit, Denn das ist die Begleiterscheinung der Außenseiter, daß man sie um ihren Erfolg be, neidet. Anerkennt nur selten. Das Geschäftsleben hat in allen Branchen schon omner Außenseiter ge¬ zeitigt, Warum soll die Filmbranche von ihnen ver schont bleiben! Und doch bedürfen sie gerade in dieser so unerhört schnell emporgeblühten und sich immer noch weiter entwickelnden Industrie besonderer Be Achtung. Der Außenseiter kennt kein begrenztes Feld. Er beackert es, wo es ihm gerade paßt, und wo er sich Erfolg versprient. Darin liegt seine Tüchtigkeit. Da durch aber zeigt er auch im Gegensatz zum ruhig ab wägenden Kaufmann seinen Wagemut. Er stürzt sich auf ein Geschäft, ohne die Materie zu beherrschen. Der Filmbranche ist es ergangen wie allen anderen Zweigen, die rapiden Aufschwung nahmen: es stürzten sich auf sie viele, die in anderen Berufen Schiffbruch erlitten hatten, und so kam es. daß man in den An fängeii unserer Industrie von der Umwelt nicht sehr Schmeichelhaftes über sie hörte. Aus sich heraus, in sofern steht die Filmindustrie fast einzig da, schuf sie eine Säuberung sondergleichen, und unsere Standes- Interessengemeinschaften arbeiten immer weiter daran, das Ansehen zu erhalten. Ueber die Verdienstmöglichkeiten in der Film¬ industrie gehen märchenhafte Erzählungen um. Sie sind nicht zuletzt der Grund, daß sich die Außenseiter einstellten. Die Verdienstmöglichkeiten sind da. wenn gleich auch nicht annähernd so hoch wie die Fern¬ stehenden sich erzählen lassen. Durch diese Erzäh¬ lungen aber kommen die Außenseiter in die Industrie Nun darf man allerdings nicht auf dem Standpunkt stehen, daß der Eingesessene allein ein Recht auf Verdienst hat. daß seine Stellung unantastbar is' und daß er das Recht haben soll, andere zu verhin¬ dern, ihm Konkurrenz zu machen. Wir leben i® immerhin heute noch in einem Lande, in dem es G» werbefreiheit gibt. Daß neues Kapital neues Blut bedeutet, dieser Weisheit wird sich niemand verschie¬ ßen. Und wenn ein kleineres Unternehmen durch In teressierung von Kapitalisten sich ausdehnen kann, wird man das nur begrüßen müssen. Die Kriegsjahr? haben der deutschen Filmindustrie den Aufschwung gebracht, und der Großkapitalismus hat sich ihr i» umfangreichem Maße zur Verfügung gestellt. 0 er Krieg hat aber sonst noch große Werte gezeitigt, «j hat aus armen Leuten Millionäre gemacht, und er b* 1 Menschen zu Reichtümern verholfen, die sie, ob»* den Krieg zu erwerben, nie in der Lage gewesen wäre® Die viel umstrittene Frage über Glück oder Tüchtif keit sei hier nicht erörtert. Kurzum, Geld ist d*- und jene märchenhaften Schilderungen von den '•£ dienstmöglichkeiten in der Filmindustrie trieben so plötzlich Reichgewordenen auch wie zu ander?® Industrien, zu uns. Nicht zum Vorteil.