Der Kinematograph (May 1919)

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Die kiinstlerischen und kulturellen Entwicklungsmoglichkeiten des Kinos. Cniversitatsvortrag von Prof. Dr. Karl Dworciak. Zu Gunsten des Verbandes deutscher Hochschule rinnen hielt Anfangs April Prof. Dr. Karl Dworciak der Grazer Universit&t in einem seh* gutbesuchten Horsaal einen allgemein zuganglichen Vortrag fiber die Entwicklungsmoglichkeiten des Kinos ab. Wir ent- nehtuen den interessanten und beifallig aufge nommenen Ausfuhrungen folgendes: Um Miflverstandnissen vorzubeugen. erklirte der Vortragende feststellen zu wollen. daB es keineswegs in seiner Absicht gelegen sei, f fi r das Kino Propa ganda zu machen. Er achte und schfitze kinemato graphische Darbietungen. aber er sei ein Feind des Kinos in seiner jetzigen Form. Xach Zuoammen fassung der Schaden, deren Wiedergabe wir uns er- sparen wollen — sie klangen in l&ngst hekannte. wie- derholt vergeblich widerlegte Anschuldigungen aus kain er auf die kiinstlerischen Moglichkeiten zu sprechen. Ohne Zweifel bedeutet das Kino einen kul turellen Fortschritt, es bedfirfe nur einiger Reformen in seiner praktischen Handhabung, um es zu einem unsch&tzbaren Hilfsmittel aller Kulturbestrebungen auszugestalten. Orfinde ffir die Beliebtheit des Kinos beint Publikum sind: Das Kino ist das Volkstheater, w «il wir heute, besonders in Oesterreich, kein Volks theater im wahren Sinne des Wortes haben. Das Bildhafte ist die Anziehungskraft des Kinos. Das Sen sationelle und Aufregende der kinodramatischen Hand lungen komnit dein Publikum entgegen. Auch die Mk&igkeit der Eintrittspreise ist fur die Popularisie rung bestimmend gewesen. Heute allerdings sind die Eintrittspreise — soweit Grazer Filmbuhnen in Frage kommen — denen unserer beiden Sprechbuhnen gleich, bei der niedrigsten Kartengattung sind die der Kinos bedeutend hoher als die der Theater. Trotzdem sind die Kinos mitunter besser besucht als die Theater, “eim Besuch des Kinos ist man nicht an die Zeit ge- bunden und braucht keine Toilettevorhereitungen. Das Kino strengt den Verstand nicht an. Alles ist durch Minen- und Gebardenspiel erfaBbar, die Sprache der Miinik ist international. Die Programmzusammenstel lung, dem Grundsatz folgend: ..Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen* 1 . ist ein weiterer Anreiz ffir eine Bevorzugung gegen iber der Sprechbuhne Die Kinostati8tik,die sich auf Feststeilungen aus dem Jahre 1912 stfitzt. ffihrt ffir Amerika 14000 Kinos an, und stellt die Kinobesuchszahl in Deutschland mit zwei Millionen Menschen fest. Seither ist allerdings liberal! eine bedeutende Zunahme des Besucbes zu konstatieren. Anfangs beeinfluflte die Abwanderung ins Kino den Theaterbesuch, was eine kinofeindliche Bewegung unter den Sprechbuhnenleitungen zur Folge hatte. Das Kino hat aber ohne Zweifel dazu beige tragen, die Schaulust des Publikums anzuregen. Der Siegeszug der Filmdramatik hatte auch eine Xeubele- bung des Theaterbesuches zur Folge. Die Stellung nahme der Theater gegen die Filmdarbiet ungen. der anfanghche Boykott der Buhnenschriftsteller gegen Literatur- und Autorenfilm Bewegungen. die Anfein- dungen der Tagespresse. die Abwehrvereinigungen gegen den Kinokitsch und andere bekannte MsS nahmen konnten den Siegeslauf der Filmindustrie nicht aufhalten. Den Lockungen des Filmkapitals foigten zuerst Bfihnengro&en. dann Autoren und Theaterschriftsteller, schlie&lich Theater-Regisseure und Theaterdirektoren. die ihre Kunst der eigenartigen Technik der Lichtspielfordorungen anpafiten. Das Filmdrama in seiner heutigen Form ist ein Schadling fur Jugend und Volk. Allerdings fufit die geschaftliche Grundlage der ins ungeheure ange- wachsenen Filmindustrie auf der Bevorzugung des Filmdramas seitens seiner Anhanger Xeun Zehntel der Produktion von jahrlich 4000 Filmdramen in Deutsch¬ land muB dazu dienen. um Ein Zehntel, auch strengsten Forderungen gerecht werdender Filme die Rentabilitit zu sichern. Die heutige Filmproduktion ist eine