Der Kinematograph (September 1919)

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So. 661 Der Kinematograph — Düsseldorf. New York, die Küsten des atlantischen Ozeans, die Schiffsbewegungen und die Schwankungni seines ei genen Ballons. Bald darauf wurden zwei der besten Photographen des nämlichen Hauses, die Herren Carl W. Fassold und H. P. Dlauvelt. beauftragt. New York aus l'eber-Eiffel turm-Höhe aufzunehmen, und zwar von dem Riesen doppeldecker Oaproni aus, der von Kap tän Edward Williams geführt wurde. Die Luft- und Lichtverhält nisse waren den Aufnahmen überaus günstig, die Freiheitsstatue kam so scharf in ihren Konturen her¬ aus wie noch nie. Dieser Film wurde nach seiner Vollendung im Dienste des Pathö-Journal durch die Luftpost verschickt. Die Luftpost spielt eine immer größere Rolle. Generalmajor Sir Percy Girouard, der Generaldirek¬ tor von Sir W. ü. Armstrong. Witworth A Co., Limi¬ ted, hat eine Erfindung gemacht, nach der Briefe nach Pebersee für den Transport auf ein Mindestge¬ wicht reduziert werden können, was die Errichtung einer regelmäßigen Luft post Verbindung zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten ermög liehen würde. Mit anderen Worten: es wird binnen Kurzem möglich sein, Geschäftsbriefe, die in England aufgegeben sind, vier, fünf Tage später in den Ver¬ einigten Staaten schon auszutragen! Das System ist dem britischen Generalpostmeister vorgelegt worden, und Sir Percy, der auf einer Geschäftsreise in Amerika war, hat bereits in dieser Angelegenheit mit der ameri¬ kanischen Regierung verhandelt. Die Methode ist eine sehr einfache: jeder Brief wird photographiert und gefilmt in bedeutend verkleinertem Maßstabe. Die Filme werden im Luftschiff in drei Tagen übei den Ozean gebracht und dann wieder auf Papier reprodu¬ ziert, couvertiert, adressiert, sortiert und bestellt. Die Daily Mail bringt einen Artikel von Leonard Donaldson, dem Verfasser von „The Kinematograpli and Natural Science" („Der Kinematograpli und Na turwissenschaft"), der einen neuen Beitrag liefert zur Verbindung von Aviatik und Kino. Die Kinoschule für Piloten ist die letzte Entwick¬ lungsstufe der Welt, in der man fliegt. In Zukunft wird der Chauffeur des Luxusautos in der Luft mit allen Regeln seines Berufes durch die Leinwand ver traut gemacht werden. Den i es ist bewiesen, daß die Lichtbilder ausgezeichnete Lehrer sind. Bis jetzt sind folgende Versuche gemacht worden: in den natürlich — Vereinigten Staaten wurde dei Pilot vollständig reisefertig ausgerüstet auf einen Aeroplan gesetzt. Nichts Verwunderliches das geschieht auch bei uns; aber die Maschine stand nicht auf freiem Felde, sondern in einem verdunkelten Zimmer. Der Apparat wurde durch eine mechanische Vorrichtung ein wenig vom Boden erhoben, so daß die Flügel Bewegungs freiheit hatten. Im selben Augenblick wurden, dem Apparat gegenüber, Kinobilder auf eine weiße Lein¬ wandfläche geworfen. Die Filme zeigten die korrekte Methode, anderen Flugzeugen usw. auszuweichen, und der Flugschüler wurde angewiesen, sich zu verhalten, als widerführen alle Filmgeschehnisse ihm selber. Das System hat sich als sehr erfolgreich bereits durch¬ gesetzt, und Piloten, die das — Kinoexamen durch¬ gemacht halten, wurden vorsichtige und tüchtige Flie¬ ger. Uebrigens haben Trambahn und Omnibusgesell, schäften eine ähnliche Methode, Führern Unterricht zu erteilen, um Straßenunfälle zu verhindern. Ein Bild zeigte kürzlich den unglücklichen Sturz eines älteren Herren, der mit dem falschen Fuß zuerst aus- stieg, da ihn der Führer nicht aufmerksam gemacht hatte, daß dies nicht zulässig sei. Auch die Filmfabrikation beschäftigt sich immer mehr mit dem Flugwesen; sie weiß, daß das Publikum für die Helden der Luft ein stets ungestilltes Interesse hat bringen doch die englischen und amerikanischen Blätter regelmäßig die Photos der jungen Flieger- Bräute, -Frauen und Babies. Zuschauer haben immer die Sucht, alle trennenden Schranken zwischen sich und den bewunderten Lieblingen hei abzureißen und ihre neugierigen Schnüffeln äsen in die verborgenen Intimitäten berühmter Größen zu stecken. Darum hatte auch die Societe Eclair in Paris einen so sen¬ sationellen Erfolg, als sie am Tage nach dem Tode des großen Piloten Vedrines den Film herausbrachte „Le* Aventures de 11a vie" („Die Abenteuer meines Le¬ bens“). Dieser Film erzählt das Leben, das Wirken und die sportliche Karriere de* weltberühmten Fin¬ gers. Ein Pariser Blatt bringt in der Kritik über die ses Filmwerk den hübschen Satz: „Es ist richtig, daß die fünfte Kunst der fünften Waffe so viel Ehre erweist!" Dieser wahrheitsgetreue Film war lange vor seiner Fertigstellung bereits überallhin verkauft. Wie für die Detektive die Type des Sherlok Holmes geschaffen wurde, so gal. der bekannte fran zösisclie Schriftsteller Marcel Nadaud den Luftpi loten „Chignole" den Fliegern, in einem Roman, der eine der größten Buc iauflagen zu verzeichnen hat. Dieser Roman „Chignoie“ ist soeben für den Film be¬ arbeitet und vor einem Premierenpublikum vorgeführt worden. Die Type „Chignole" ist ein Pariser Lausbub vom Montmartre, mit unbewußter Lustigkeit und unbe kümmertet» Fatalismus. Um einen Schimmer von Be wunderung in den Augen einer jungen Blondine auf leuchten zu sehen, wagt er Tag für Tag sein Leben Es ist ein Film, endlich ohne Ehebruch ohne sentimen tale Banalität. Für die Regie zeichnet Rene Plaissetty der keine leichte Aufgabe zu bewältigen hatte, da zahlreiche Fliegerkämpfe. Verfolgungen und sogar Stürze inszeniert werden mußten, die den Kinotic suchern den Schauer über den Rücken laufen lassen. Die Darstellung war ausgezeichnet, mit Urban (als Chignole) und den Herren Numes, Haullin und Bru nelle, den Damen Kitty. Hott und Rosine Maurel. Der Berliner Berichterstatter der Daily Mail. Wythe Williams, plauderte dieser Tage über eine Film¬ vorführung im Adlonhotel in Berlin, die für die Ententemission veranstaltet wurde, durch Fokker, den holländisch-deutschen bekannten Flieger. Es wurde die Fabrikation der Fokkermaschinen gezeigt, daun der Aufstieg der Staffel, als sie aufflog um im letzten Sommer Paris zu bombardieren. Der Höhepunkt der Vorführungen waren die Aufnahmen des deutschen „Aar“, des Barons von Richthofen und der Maschine, aus der er so viele feindliche Flieget abschoß. Ein Zuschauer bemerkte, es sei schade daß man nicht den Tod des deutschen Helden auf der Leinwand zu sehen bekäme, es würde die Vorführung vervollständigt haben. Und noch etwas Neues aus dem Reiche der unbe¬ grenzten Möglichkeiten des Films: der Film in der Luft. In diesen Tagen hat in Norwegen eine große Filmaufnahme aus der Inszenierung des Vorspiels von Andersens bekanntem Stücke „Die Galoschen des Glücks“ stattgefunden. Die Aufnahmen wurden von einem Flugzeuge aus gemacht, da* von Lilleström bis Kristiania und über den Kristiauiafjord hinausflog. Die norwegische Heeresverwaltung hatte zu diesem Zwecke die erforderlichen Flugzeuge zur Verfügung gestellt. Der Abschluß dieser Aufnahmen soll dem¬ nächst in der an Naturschönheiten so reichen Gegend von Voss stattfinden.