Der Kinematograph (September 1919)

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661 Der Kinematograph — Düsseldorf Der anerkennenswert© Artikel des Herrn E. A Dupont in Nr. 68 des „Film-Kurier“ vom 24 August löltt hat nunmehr auch weitere Kreise darauf aufmerksam gemacht, daß in der Filmjournalistik leider Anzeichen von Kurruption zutage getreten sind, die zu bekämpfen gemeinsame Aufgabe der anständigen Presst und der Industrie sein muß, welch letztere zu diesem Zwecke eine Kommission zur Untersuchung der in jenem Artikel behaupteten Tatsachen eingesetzt hat. Von der Ueberzeugung geleitet, daß eine ernste und unabhängige Filmjournalistik ein Lebensbedürfnis der Filmindustrie ist, werden die „Vereinigten Verbände der deutschen Filmindustrie“ gegen diese Korruptions- erscheinungen mit rücksichtsloser Schärfe vergehen; sie sind gewiß, dabei auch die Unterstützung der gesamten anständigen Presse zu finden.“ Es darf uns erlaubt sein, auch unsererseits eine Er¬ klärung abzugeben. Sie geht dahin, daß wir das Vorgehen des Kartellrates für höchst bedenklich halten. Wir haben schon erklärt, daß auch wir eine rücksichtslose Unter¬ suchung gegen die offen Beschuldigten erlangen Wir verwahren uns aber ganz energisch dagegen, daß in der Erklärung des Kartellrates von einer ..anständigen Presse“ gesprochen wird. Dadurch ist ein Degensatz konstruiert, denn durch jene Bezeichnung wird ein ganzer Stand her untergeset/t, wo e» sich um Verfehlungen einzelner Personen handelt. Verfehlungen, die, sensationell aufgemacht, sich nur im verschwindend kleinen Teil bewahrheiten. Mit Verwunderung vernehmen wir, daß die „Vereinigten Ver¬ bände der Deutschen Filmindustrie“ sich in den letzten Monaten bereits mehrfach mit den „Mißständen“ be¬ schäftigt haben. Soweit uns bekannt ist. reichte diese Be¬ schäftigung nur bis zur Tagesordnung, auf die man diesen Punkt stellte, ohne ihn zu behandeln. Warum hat man denn im übrigen von dieser Beschäftigung so rein gamichts gehört? Die . Vereinigten Verbände" wissen, daß ein ..Film-Presse-Verband“ besteht, ja, sie haben sein Er- roSeinen z. Zt. sogar mit Freude begrüßt, ganz offiziell. Warum sind sie nicht an ihn hcrangetreten und haben mit ihm gemeinschaftlich beraten, wie vorhandenen Miüständen zu begegnen sei ? Statt dessen wählt man einfach eine Kommission, die über die Fachpresse zu Gericht sitzen soll. Wir glauben nicht, daß die Fachpresse diese Kommission anerkennen wird, wir sind im Gegenteil zu der Amiahme berechtigt, daß die Fachpresse als Ganzes geschlossen über diese Kommission zur Tagesordnung übergehen wird. Aber weiter: Der Kartell verband hat sich mit einer Notiz an eine Zeitungskorres|s>ndenz gewandt, die die Notiz über die „Korruption“ möglichst weit verbreiten soll. Dieser Notiz, ist noch ein Anhängsel beigegeben, der nichts weiter ist als der Ausfluß persönlichen Hasses des Generalsekretärs der ..Vereinigten Verbände“ gegen einen sehr bekannten Redakteur. Ob der Kartellrat von diesem Anhängsel gewußt hat oder nicht, ändert an der Sache nichts. Wie wir überhaupt der Ansicht sind daß persönliche Motive der ganzen Angelegenheit zu Grunde liegen. [| Es ist absolut kein Grund vorhanden, irgend etwas zu vertuschen. Der ..Film-Presse-Verband“ als solcher hat in einer sofort /usammenbemfenen Versammlung ein¬ stimmige Beschlüsse gefaßt, dahingehend, auch seinerseits für eine Klärung der Angelegenheit zu sorgen. Daß es dahei nicht ohne ein offenes Wort gegen die Fabrikanten abgehen wird, ist bitter. Denn: Es läßt sich der Vorwurf der Korrup¬ tion (wir -wiederholen, daß wir es aufrichtig bedauern, daß dieses Wort von Seiten der Fabrikanten gefallen ist) z.urück- geben. nämlich ins »fern, als ein Teil der Fabrikanten mit H-huldig ist an der von ihnen so plötzlich entdeckten Korruption der Fachpresse Es sind Fälle bekannt, in denen Leiter Von Firmen an Redaktionen und Kritiker herangetreten sind mit ausgesprochenen Bestockt) ngsver¬ suchen. Uns scheint, daß dies s-hliintnere Fälle von Kt rrup- tion sind, als wenn ein Schriftsteller den Verlockungen seien sie nun in Form von braunen Scheinen, in Form von Schecks oder in Form von Lebensmitteln, nicht zu wider stehen stark genug ist. 11' Die Filmkritik in der Fachpresse ist allerdings ein Kapital für sich. Wir bestreiten die Behauptung des Herrn Dupont, eine Behauptung, die sich der Kartellrat dadurch daß er seinen Artikel „anerkennenswert“ nennt, zu eigen macht, daß in den Filmfachzeitschriften nahezu jede einzelne Zeile käuflich sei. Das ist ja geradezu ungeheuerlich. Der Versuch ist oft genug gemacht worden. .1er „Kine- matograph“ kann ein Lied davon singen. Es ist des öfteren geschehen, daß man ihn nicht nur mit Entziehung von Inseraten gedroht hat. sondern daß man ihm infolge einer gerechten, aber tadelnden Kritik sogar die Inserate ent¬ zogen hat. Die Inserenten glauben, daß die Fachpresse unbedingt loben muß. Die Beziehung zwischen Inseraten¬ teil und redaktionellem Teil schafft nicht die Redaktion, sondern diese Beziehung wird von den Inserenten verlangt. Es wärt“ wünschenswert, daß die Herren Verleger hier auch einmal ein deutliche« Wort sprächen Wir haben früher schon einmal, als wir uns mit dem Thema ..Filmkritik befaßten, gesagt, daß die Filmfachzeitschriften insofern Rücksicht auf die Industrie zu nehmen haben, als es selbst verständlich ist, daß. wem ein Fabrikant große Summen in einen Film steckt, er auch das Möglichste tut, Brauch bares zu schaffen Wir sind zwar seinerzeit von einer Stelle die in sehr unangenehmer Weise mit der augenblicklichen Aktion gegen die Fachpresse verquickt ist. auf das Heftigste angegriffen worden, aber wir wiederholen dennoch, daß wir es nicht für angängig halten, einen Film, an den Arbeit und viel Geld gewendet w urden in Grund und Boden zu verurteilen, wenn nicht alles nach Wunsch gelungen ist lhe Filmkritik darf selbstverständlich nicht loben, was schlecht ist. sie muß tadeln. al»er sie wird in jedem einzelnen Film ohne Zweifel auch Lobenswertes finden, das sie dem zu Tadelnden gegenüberstellen kann, p.ber die Fachpresse muß es ahlehnen. I/>be auf Kommando auszustellen. Ein weiterer Mißstand liegt in dem Verlangen der Firmen, jede Notiz aufnehmen zu müssen; zweifellos, es ist für die Leser wissenswert und auch für die Beteiligten wertvoll, wenn über die Erwerbung oder Fertigstellung eines Films, wenn über die Engagements berühmter Künstler Notizen in der Fachzeitung veröffentlicht werden. Aber cs ist nicht angängig, daß über ein und denselben Film jede Woche neue Notizen kommen. Erst heißt es, daß der neue Film diesen oder jenen Titel hat. nächste Woche kommt eine Notiz, daß die Aufnahmen zu diesem Film begonnen haben, eine neue Mitteilung bezieht sich auf die Besetzung der einzelnen Rollen. Und so geht es weiter von Woehe zu Woche. Dahei kennen die Einsender der über mehrere Wochen verteilten Notizen bei Abfassung der ersten Notiz schon den Inhalt der folgenden ganz g*-nau. Fällt aber einmal nur eine einzige Notiz aus. dai n kommt totsicher eine Beschwerde Wir sind der Ansicht, daß zum größten Teil diese Notizen in den Inseratenteil der Zeit¬ schriften gehören. Zwei große Fehler sind gemacht worden : Der erste vom ..Film-Kurier“ dadurch, daß er dem Aufsatz Aufnahme gewährt hat. ohne sich vorher mit der Fachpresse, zu der er doch ebenfalls, obgleich er täglich erscheint, gehört, in Verbindung zu setzen. Wir glauben aber zu der Annahme berechtigt zu sein, daß die Redaktion des „Film-Kurier“ keineswegs der Kollegen sc ha ft in den Rüeken fallen wollte und sieh mit ihr solidarisch erklären wird in dem Kampf gegen Auswüchse, aber auch in der Abwehr unberechtigter Angriffe. Der zweite Fehler ist vom Kartellrat der „Ver einigten Verbände der Deutschen Filmindustrie“ gemacht w iiden. Anstatt sich mit den berufenen Vertretern, mit der Fachorganisation der Filmjoumalisten in Verbindung zu setzen, um mit ihr gemeinsam Schäden und Schädlinge .iiiszumerzeii. wandte er sich an die breiteste Oeffentlichkeit und stellte sich selbst und die Industrie bloß.