Der Kinematograph (February 1920)

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No. M2 Der Elaematograph leibe* Blöße umhüllt war An den großen Landstraßen Japans baden sich in tiefen Trögen am klaren, lichten Tag Männlein und Weiblein, es verletzt keines Japaners Auge. Allerdings sieht auch der Europäer, wenn er erst Japans Ethik verstehen gelernt hat, achtlos über derartige Staffage der japanischen Landschaft hinweg. Meine Tätigkeit in Japan führte mich viel mit Seeleuten zusammen Da hörte ich zuweilen, daß Wein und Weib liebende Steuerleute tind Kapitäne, wenn sie des damals in den Hafenstädten bevorzugten Vino nero oder les Port¬ weins voll, den Rest der Nacht in einem Haus der Freude verbracht hatten, sich wunderten, daß ihnen nichts an ihren oft recht beträchtlichen, lose sitzenden Yendollars fehlte. ..Das hätte mir nicht in Hamburg passieren sollen.“ Der Beweis dieses alle Volksschichten durchdringenden Sinnes für bis an das kühle Grab währende Ehrlichkeit binderte dicsellien übertünchten Europäer nicht im geringsten daran, sich über Bedrohung von Leib und Leben zu empören, wenn sie sich in der Nüchternheit des Morgens weigerten, das zu bezahlen, was sie im nächtlichen Rausche versprochen. Der Japaner betrachtet die bildliche Wiedergabe töten¬ der, raubender, stehlender Banditen und Gauner als ver¬ werfliche Perversität. Bilder, in denen es Kinder an Ehr¬ furcht vor den Eltern, an Achtung vor den Bejahrteren fehlen lassen sind ihm ein Unding. Ihm war der Film von vornherein eine Verdtehrung der Erziehungsmittel und nicht ein neues Mittel zur Ertötung der Langweile. Wer Japan und den gesamten ferneren Orient mit Filmen beglücken will, darf nicht an ihre Herstellung heran¬ treten, mnn ihm die Grundbegriffe dir dortigen Moral, die elementarsten ethnographischen Kenntnisse mit sieben Siegeln verschlossene Wissenschaften sind. Die ILeicht¬ fertigkeit, mit welcher bei uns gewisse indische Filme zu- sanunengohaut wurden, ist mit Recht gerügt worden Für den Export sind sie unmöglich. An Ueberfluß vollkommen kompetenter Ratgeber in indischen Trachten, Sitten und Gebräuchen leiden wir nicht. Mit guten Empfehlungen ausgerüstete Reisende, welche am Hof des einen oder anderen Maharadschas einige Monate nach stereotypem Programm aufgemachte Festlichkeiten zu sehen bekamen, eine Anzahl ..gestellter“ Dschungel¬ jagden mitmachten und in den Bungalos der in Indien ansässigen Europäer allerlei hörten, können in ein paar Monaten, selbst in ein oder zwei Jahren keinen tieferen Einblick in das Denken und Fühlen der Orientbewohner gewinnen Das Leben an den Fürstenhöfen und in deren Umgebung ist durch europäische Einflüsse verfälscht und wird da, wo es in seiner reinen, ursprünglichen Form auftritt vor dem Besucher sorgfältig verhüllt. Auf Java hatte ich beruflich an den Höfen des Susu hunans von Djokojakarta, des Mangunegoro von Surakarta in Medan am Hof des Sultans von Deli zu tun und sammelte dort allerlei Material. Meine Ausbeute war aber eine ganz ungleich größere, als ich später beim Kontrollieren meiner Grobakführer (Fuhrleute) mich in einem Kampong, in welchem sie Rast machten, zur Ruhe legte und anscheinend schlafend zuhörte, was sich die um ein Feuer gekauerten Wächter erzählten. Um einen Spait mehr öffnete sich mir die indische Begriffswelt, nachdem ich als einziger Europäer auf der Insel Puhih Sembilar. das Vertrauen der Jäger, Holzfäller, Landhauern und Schauerleute zu gewinnen vermochte. Inder sind gegenüber Europäern überaus mißtrauisch, ihre Sagen hüten sie als kostbares Gut vor den fremden Eindringlingen Um keinen Preis setzen sie ihre Märchen, ihren Aberglauben einem geringschätzigen Lächeln aus. — Was ich unter dem Volk schaute, nahm ich mit den eigenen gesunden Augen auf. was mir auf den Höfen anfgetiseht wurde, betrachtete ichn.it der stark verzeichnenden Brille, die wißbegierigen Europäern von hochgestellten Eingeborenen und strebsamen englischen oder holländischen Regierungsmännem mit gelindem Druck aufgesetzt wird. Europäer, die in den tiefsten Schächten des indiseben Volkslebens schürfen, sind selten. ' Um so mehr gibt es Reisende, denen bei der offen zur Schau getragenen, ergötz liehen Zufriedenheit über ihr scharfes Urteil das verrück teste Zeug aufgegeben wird. So ging es einem hochgeborenen Gelehrten. Ein mit dem Schelm im Nacken Begabter band dem Herrn Professor bei einein Besuch der Tempelanlagen von ßuruh Budur solch gewaltige Bären au», daß mir um sein Leben bangte. Bald nach meiner Rückkehr kamen mir die Reiseberichte des Herrn Professors zu Gesicht Ich fühlte gerade das Nahen eines Malariarückfallcs. Die hist'oa zur Hand genommene Lektüre zog mich an, ich las und lachte, über dem Lesen und Lachen vergaß ich meine Fieberschauer. Das Lachen machte mich gesund. Einem Filmregisseur, welcher den schaurigen Bl dsinn ahnungslos aufgriff, würde die Lektüre schlechter bekommen. Wir besitzen aber auch Reisewerke, die dem Spielleiter als zuverlässige Wegweiser, als ausgezeichnetes Rüstzeug dienen können. Von solchen und von hervorragend geeig neten indischen Stoffen für den Szenaristen soll im nächsten Artikel die Rede sein C. M Bardorf IMMMMK IÄÄÄÄW Die kommende Hochflut. laäaäMasM) Nachdem nun der langersehnte Friede in Kraft getreten iat, ist unser gesamtes Wirtschaftsleben und vornehmlich unser Handel damit an einem entscheidenden Wendepunkt angelangt. Die Interimazeit zwischen Krieg und Frieden hat ein Ende erreicht, und die Wiederaufnahme der inter¬ nationalen Beziehungen wird schon in nächster Zeit neben einem gesteigerten Export vor allem einen voraussichtlich recht bedeutenden Import hcrvorrufc-n. Damit tritt auch die Frage der Filmeinfuhr in ein entscheidendes Stadium. Gegen ein Filmeinfuhrverbot sprechen in Zukunft so außer¬ ordentlich triftige Gründe, daß damit kaum gerechnet werden kann. Dieser Gegenstand wurde erst kürzlich im Anschluß an die Eingabe des Verein* der Filmimportcure an dieser Stelle behandelt; es erübrigt sich, nochmals darauf einzugehen. Die Intemationalität des Welt film markte» und mithin auch des deutschen wird voraussichtlich nach einer mehr als fünfjährigen Unterbrechung in nächster Zeit wieder hergestellt werden. Innerhalb unserer Branche sieht man diesem Zeitpunkt mit etwas gemischten Gefühlen entgegen. Während Theater Besitzer und Verleiher die ausländischen Filme freudig be grüßen werden, fürchtet ein Teil der Fabrikanten von der kommenden Hochflut schwere Nachteile für die heimische Filmindustrie. Eine nahe Zukunft wird lehren, inwieweit diese Befürchtungen gerechtfertigt sind. Viele I-eute vom Bau, darunter Leiter unserer bedeutendsten Fabriken, halten sie für unbegründet oder doch wenigstens für stark über trieben.