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Sv. 0«»« Der Kinem&tograph — Düsseldorf. piss Komparserie. IMWKKHi Ein übles Kapitel, im Film sowohl wie auf den» Theater! Jede Kühnen- iind h ilnidarstellung erhält ihren künstleri¬ schen Wert durch ein exaktes Incin.iiidcrgtvifcn aller kü lst- k'rischen Faktoren. Nicht die hervorstechende la-istung eines eiuze Inen Darstellers gibt ihr die Weihe, sondern das abgestituiute Zusammenspiel aller Beteiligten, und dazu gehurt auch die Komparserie. Kann auf der Bühne, auf der «las gesprocliene Wort vorherrscht. die Aufmerksamkeit des Zuhörers, durch die besondere Leistung eines Einzel lar- steUers gefesselt, von der Komparserie abgelenkt werden, so tritt diese im Film, der nur auf das Schauen berechnet ist, wesentlich stärker in den Vordergrund. Das Filmbild möchte ich vergleichen mit einem Mosaikbilde, in welchem jeder Mitwirkende ein Steineben darstellt. Aus diesen einleitenden Zeilen möge man erkennen, welche Bedeutung ich der Komparserie im Film beimesse .f Wie traurig es aber in Wirklichkeit darum bestellt ist, ehrt uns jeder Blick auf die flimmernde Iz-inewand; wieviel mt.hr durch gute Komparserie zu erreichen ist, /.eigen uns die ausländischen Filme. Ich bin weit davon entfernt, 'len Mitgliedern der Komparserie die alleinige Schuld an dem allgemeinen Uebel aufzubürden, obgleich andererseits nicht verkannt werden darf, daß die Indolenz einiger Kompanien eine nicht unbedeutende Rolle dabei spielt. Bei vk len aber entspringt, die Indolenz auch nur gewissen Quellen, denen man näher kommt, wenn man sich einen „grollen Tag“ im F’ilm von Anfang bis zu Finde anschaut. Es wird ein groiier Kostümfilm aufgenomnien. leb wähle mit Absicht die Aufnahmen eines Kostümfilms als Beispiel, weil ich die Summe meiner einzelnen Beobachtungen am ehesten in diesem weiteren Kähmen fassen kann Ort: ein grolle« Atelier. Zeit: morgens 0 Uhr. Die Komparsen rücken an. Sie melden sich an der Kostümausgabe — vorausgesetzt, daß eine solche Zentralstelle überhaupt vorgesehen Ist. Der Gewandmeister fragt: „Welche Rolle spielen Sie? ‘ Antwort: „Ich mache Komparserie mit.“ Mit einen „Ach so, nur Komparse“, wird dem oder der Betroffenen irgendein <u-wand in die Hand gedrückt, und er begibt sich damit in die allgemeine, allerdings nach Geschlechtern eingeteilte Garderobe. Einer hilft dem andern dort beim Ankleiden. Weiß man mit der Technik des Kostüms oder dem den historischen Anforderungen entsprechenden Sitz _<l ssclben nicht Bescheid, beginnt das Schreien nach dem Garderobier. Dieser aber ist mit .len Solodarstcllem be¬ schäftigt und hat keine Zeit; handelt es sich doch nur um Komparsen. Jetzt beginnt die Wanderung zum Friseur. Auch dieser hat alle Hände voll zu tun, um den Wünschen der Solodarstcller gerecht zu werden. Alles, was nur Kom¬ parse ist, wird zur Not mit einer schlecht frisierten oder schlecht sitzenden Berücke und eventuell mit einem flüchtig a-ifge pappten Bart versehen, und die „Leute“ sind fertig. Nun erfolgt der Einzug in das Atelier, in dem Regisseur und Architekt über die Dekorationen debattieren. Keiner wür¬ digt die Komparsen eines Blickes, kaum, daß ein vereinzelter Gruß erwidert wird —- die Mehrzahl der Komparsen hat sich in langjähriger Erfahrung das Grüßen schon abgewohnt. Man wartet — wartet — wartet — und findet endlich seinen Trost in der Kantine, in der der zu erwartende Tagesver¬ dienst in Speis’ und Trank, oder bei mehr oder weniger erlaubten Kartenspielen umgesetzt wird Mittlerweile ist es II Uhr geworden. Auf vieles Bitten erscheint im Atelier tler Star oder dk* Diva in rauschenden Gewändern. Der Regisseur tiegrüßt sie mit gebührender Devotion, und nach höflichen Krku» digungen, wie die Herrschaften geruht etc., besinnt er sieh auf dk Arbeit. Fun Händeklatschen, ein Ruf: „.Anfängen” Hier stock" ich schon' Mit beginnender Erregung fährt der Regisseur fort . „Hilfsregisseur, die Komparserie hierher. Wo stecken denn die Leute ? Natürlich sitzt das schon wieder <n der Kantine und versäuft sein Geld." Der Hilfsregisseur ist längst enteilt und mit Feldherrn* bliek steht er in der Kantine und schreit: „Los, los, los — alles. Na, nu mal fix, fix, fix!“ Mehr oder weniger ver¬ stimmt über diese jähe Unterbrechung ihrer „Tätigkeit“ erheben sich die Komparsen und begeben sich mit bedächtiger Eile und in dem (ledanken, daß es ja doch .v •'*h nicht anfangt, ins Atelier, wo sie mit einem: „Na endlich, wo stecken bie denn schon wiedefbegrüßt werden. Da fällt der Blick des Regisseurs auf einen Komparsen, der kein hochzeitlich pardon vorschriftsmäßiges Kleid an hat. „Mensch, um Gotteswillen, wie sehen Sie denn aus!“ Ein anderer zeichnet sich durch eine „unmögliche“ Perücke aus. Die beide» werden zur Aufbesserung ihres äußeren Ichs an die ent¬ sprechenden Instanzen verwiesen. Kostümk-r und F'riscur sind höchst ungehalten, haben mit Soloherrschatten zu tun und lassen die Leute, die ja nur Komparsen sind, warten. Im Atelier unterhalten sieh inzwischen Regisseur und Star und Diva, während die Massendarsteller gelangweilt umher stehen. Flin besonders diensteifriger Komparse hebt der Diva das Taschentuch auf das ihren Händen entfallen. Man nimmt dieses als geziemende Huldigung hin und lohnt im besten Falle mit einem herablassenden Lächeln. (Viel¬ leicht war dieser Diensteifrige einmal Student -in zweiten Semester, dk' Begeisterung für die Kunst führte ihn zur Bühne, der Krieg oder nicht ausreichende künstlerische Begabung brachte ihn um Stellung und Brot, mit bestem Willen sucht er in der bescheidenen Stellung eines F'ilm- komparsen sein Geld zu verdienen und seinen künstlerischen Drang zu befriedigen. Vielleicht bot die Diva vor wenigen Jahren noch Veilchen und anderes für (ield auf den Straßen feil, bis ein Gönner sie „entdeckte"; vielleicht war «1er Star vor gar nicht so langer Zeit noch ehrsamer Verkäufer in tönern Viktualien oder Herrenmodegeschäft und fiel einem Film¬ regisseur durch gute F'igur und noch bessere Garderobe auf. Diese Paranthesc ist eine Seelenanalyse! Man beachte sie’ Die zur „Aufbesserung" ausgcsar.dten Komparsen warten noch immer auf die erbetene Verschönerung. Der Regisseur denkt plötzlich wieder an die Arbeit und schreit: „Zum Donnerwetter, wo Ideilien denn die „Kerb"’ Mit eigen¬ artigen Gefühlen werden die Kollegen und KoUegüuu-n «ler s«» Betitelten diesen Ausruf vernehmen’ Endlich sind die Vermißten — notdürftig zurecht gemacht — zur Stell«* Man kann mit der Probe beginnen Es wird probiert, di« Szene zwischen den KmzeldarsteUem, «lie Komparsen werden darum gruppiert. Fb wird ihnen gesagt, sie hätten in großer Erregung zu sein und in eifriger Debatte, heim Eintritt des Herrn X richteten sich alle Blicke auf ihn und man nähme eine drohende Haltung gegen ilm ein. Das Bild ist aus. Der Regisseur ist außer sich Die Komparserie versagte wieder einmal, sk* wäre unfähig, eine Empfindung auszu drücken, sie vergässe, zu welcher Gesellschaftsklasse sie in dem F’ilm gehörte, alle machten dieselbe Bewegung etc. „Ja, Herr Regisseur, haben Sie „den Leuten“ denn g**sagt