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De r Kinematograph — Düsgeldorf r üWIK üüÜMwllKI Oedanken zur Luslbarkeitisteuer Eh scheint so, als ob alles am Werke ist, die deutsche Filmindustrie voll¬ kommen zu Grunde zu richten. Nach dem traurigen Filmzensurgesetz nun die Lustbaikeitsstcuer, die die Finanzen einzelner Städte aufbessern soll. In dem Gedanken einer Lustbarkeitssteuer überhaupt liegt soviel Unvernunft, und gerade gegenüber einem Volke, das durch die schweren Kriegsjahre wahrlich die Lust an der Lust verloren hat, daß man diese Steuer am liebsten überhaupt nicht gesehen hätte. Auch gegen das Wort „Lust barkeit selbst in Verbindung mit Stätten, an denen ernste und echte Kunst geboten wird, müßte man tigentlich etwas haben. Aber es wäre vergebliche Liebesmühe. Gesetzgebern und Stadtvätem etwas erklären zu wollen' Kurzum,Berlin gebrauchtGeld und sucht nun, es hereinzubekommen, Theater, Lichtspiele und andere „Lust“barkeiten zu besteuern. Daß andere Städte folgen werden, ist ganz selbstverständ¬ lich, eine Reihe bläst ja auch schon Sturm. Die Kurz¬ sichtigkeit der Bläser ist erstaunlich. Sie nennen sich Rechner und verrechnen sich. Sie bedenken nicht, daß die von ihren bedrohten Unterhaltungsstätten einfach gar nicht in der Lage sind, die Steuern aus eigener Tasche zu zahlen, daß vielmehr die Steuer auf das Publikum notgedrungen abgewälzt werden mutt, und das die Folge sein wird, datt das Publikum die Stätten nicht mehr aufsurht. Der Gewinn für die Behörden ist dadurch in keinem Falle größer als bisher, ja, es dürfte sich bald her&usstellen, datt die erhöhte Htecerhelastung w eniger Ertrag bringen, w ird als die bisherigen Steuersätze es taten. Ganz abgesehen davon wird eine Abwanderung des Publikums sta tfinden, jedoch nicht etwa vom Thea¬ ter ins Kino oder umgekehrt, sondern von allen Stätten der Unterhaltung-ins Wirtshaus. Es ist eine unumstößlich nachgewiesene Tatsache, daß die Unterhaltungsstätten, in deren für wenig Geld gute Ko6t geboten wird, den kleinen Mann und auch den Mann des Mittelstandes aus dem Wirtshaus gezogen haben. Der kleine Mann und der Mittel¬ stand werden sich nicht mehr den Luxus eines Besuches des Kinos oder des Thea¬ ter.' leisten können, bei den neuen Lust¬ barkeitssteuern nicht. Die beteiligten Kreise beginnen sich zu wehren. Merk¬ würdigerweise (oder nicht merkwürdigerweise!!?!) schweigen die Kinokreise noch immer. Es muß doch auch eine tiefere Bedeutung haben, daß die Theater bei ihrer vor wenigen Tagen beabsichtigten Protest¬ kundgebung das Kino ausgeschlossen hat. Es ist un¬ verständlich, ja, dumm, daß die Thea¬ ter bei dieser Gelegenheit ihren alten Groll gegen das Kino nicht hintanstel¬ le n. Jetzt, wo es gilt, eine gemeinsame Belastung zu ver¬ hindern, da hätte man erwarten dürfen, daß ein Zusammen¬ gehen statt findet. Das ..Berliner Tageblatt" hat einige Berliner Theaterdirektoren zu Worte kommen lassen, von ■lenen einige es sieh nicht verkneifen konnten,^dem Film e’ns auszuwischen. Es sind al»or falsche Argumente, die die Herren ins Feld führen, und ganz richtig ist, was anlä߬ lich der Rundfrage Fritz Engel sagt, daß nämlich die Theater häufig genug gewarnt worden sind und sich dennoch den Film haben über den Kopf wachsen lassen Wenn der Filmjcs vermag, heute dem Theater Schwierigkeiten zu machen, so haben die Theater sich das selbst zuzu schreiben. Die Gagen, die die Darsteller am Theater beziehen, sind Hungerlöhnc. Die Herren Direktoren haben in den Kriegsjahren Vermögen gesammelt und haben ihre Mitglieder in puncto Gagen en canaille behandelt. Heute, wenn erst die nächste] Erhöhung der Schaaspielerg&gen durchgegangen sein wird, was zweifellos ist, erhält der Bühnerdarsteller kaum das Dreifache von dem, was er im Frieden bekam. Und jeder Mensch weiß, daß alles um das Zehnfache sich ver¬ teuert hat. Kann es da irgend einem Bühnenmitglied ver¬ dacht werden, wenn er sich Nebeneinkünfte verschafft ? Die Herrschaften, durchjdic den Herren Direktoren die Säckel gefüllt wurden und noch werden, haben doch ein Recht, zu leben, wobei sie auch nicht im entferntesten daran denken, so im Wohlleben schwelgen zu wollen wie die Herren Direktoren, ln einer der Auslassungen heißt esu. a „Muß ich noch sagen, daß die Fiimgefahr im Vorder¬ gründe steht ? Sie ist der Anfang vom Ende. Kein Außen¬ stehender vermag auch nur zu ahnen, welche vernichtende Gefahr für die innere und äußere Wirkung der Schau¬ bühne durch das Filmen gegeben ist. Eine Berliner Pre¬ miere kommt unter geradezu unvergleichlichen Schwierig¬ keiten zustande. Das Wollen der Veranstalter, auch ihr Können bleiben durch den alles an sich ziehenden Film oft weit hinter dem zurück, was geschaffen werden könnte " Es gibt für die Theater eben nur das eine Mittel, an¬ gemessene Gagen zu zahlen, damit der Schauspieler nicht mehr gezwungen ist, Nebenverdienst suchen zu müssen. Die Herren können glauben, daß vielen Darstellern das Fil¬ men nicht einmal sehr angenehm ist, und daß sie viel lieber ausschließlich Bühnendarsteller sein möchten. Die Not der Zeit aber verbietet es. Ganz falsch von Seiten der Theater direktionen wird das Vergnügen der F» brikanten, mit fest engagierten Bühnen mitgliedern ihre Filme zu stellen, ein geschätzt. Der Filmregisseur kann unbehelligt nicht einen einzigen Film inszenieren. Heute hat dieser Darsteller Probe, morgen jener . I nd immer weiß der Filmregisseur seine Arbeit, ganz ohne Rüeksicht auf Belastung jeglicher Art, so einzurichten, uni «einen Darstellern gefällig zu sein lind ihnen Schwierigkeiten in ihrem Hauptberufe aus dem Wege zu räumen. Daß das oft. viel öfter als die Herren cs glauben, mit pekuniären Opfern verknüpft ist, soll nur neben¬ bei erwähnt werden. Es gibt eben nur ein Mittel: die reinliche Scheidun- zwischen Filmdarstellern und Biihnendarstellern. Aller¬ dings muß auch offen erklärt werden. daß die Filmfabrikanten nicht wenig Schuld daran haben, daß die Schau¬ spieler vom Theater abwandern. Di* Gagen, die heute den bekannten und so¬ gar den mittleren Schauspielern gezahlt werden, haben eine Höhe erreicht, di* man als ganz ungesund bezeichnen muß. Es ist eine mutung, wenn ein Künstler zwei- oder gar dreitausend