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No. 701 02 Der Kinematograph Düsseldorf. die den Mann, der in Wahrheit das Münchner Filmwesen«. Die „Münchener Neueste Nachrichten • sind angeblich groß gemacht hat, aus München — verjagt' Wir haben ein filmfreundliches Blatt, bringen einmal wöchentlich eine nämlich auch noch ein wundervolles Fremdengesetz. Ein eigene .Filmrubrik“, entblöden sich aber trotzdem nicht, Gesetz, das zum Teil aus dem Jahre 1720 stammen könnte,*Jdieseri blühenden Unsinn zu bringen und den armen Lesern zum Teil durchdrungen ist vom Schlammgeiste des frisch- zu versetzen! Diese bedauernswerten Opfer' Diese Art fröhlichen -urkräftigen treuteutschen Hakenkreuz-Antisemi¬ tismus. Und Erich Wagowski, der München eines der größten, schönsten, besteingericiteten, modernst ausgestatteten Ateliers geschenkt hat der das Herz hatte, ein Millionenvermögen in die Filmere hineinzustecken, der hunderten Menschen Existenz und Verdienst gibt, der in großherzigster Weise einen Künstler von Weltruf wie Leo Pasetti für den Film gewonnen hatte, der einen Willy Reiber dem Film zuführte und einen Rochelsberg bewegen konnte, seine eminente Kraft in den Dienst des Film* zu stellen, — dieser Erich Wagowski. der mit offener Hand Hunderttausende opferte, um die läppische Phrase „München als Filmstadt“ wahr zu machen, der sich jetzt der ,.M. L. K ‘. angeschlossen hat, nur um im besten Sinne der jungen In¬ dustrie alle Möglichkeiten zu eröffnen, dieser Erich Wa¬ gowski ist erst 1914 oder 1915 aus Ulm nach München gekommen und ist obendrein Jude. Also muß er raus! Angeblich, so wurde vielfach in der Presse versichert, ist dieses „Fremdengesetz" dazu da, um unliebsame und lästige Ausländer (vornehmlich Ostjuden und trotz aller schönfärberischen Dementis die stammverwandten Deutsch- Oesterreicher) davonzujagen — daß aber ein ein Industrieller, der hier ein Unternehmen im Werte von sechs Millionen führt, und der a'l das geleistet hat, was Wagowski, der hunderten Menschen Existenz gibt und der fort und fort in intensivster Weise Geld, Energie. Arbeit und Geist dreinsetzt, der heimischen Industrie zu dienen, ebenfalls unter dieses rückschrittlichste aller rückschrittlichen Gesetze gestellt werden würde, das ist geradezu himmelschreiend! Soll das Heer unserer Arbeitslosen, die von den Steuerngeldern erhalten werden, noch vermehrt werden? Wagowski wird natürlich, wenn er wirklich fort muß, seine Fabrik und seinen Verleih schließen, wird die Stadt die vielen brotlos gewordenen An¬ gestellten ernähren?! Und unsere vielgenihmte Filmerei?!? Wir leben in herrlichen Zeiten, im Zeichen des Haken¬ kreuzes, — in einer widerwärtigen, stinkigen Flut- und Schmutzwelle schäbigsten Antisemitismus. Voller Ekel wendet man sich davon ab! Während ich diese Zeile niederschreibe, „schwebt“ noch der Fall Wagowski, hoffen wir, daß seine entgültige Er¬ ledigung diese Zeilen Lügen straft; vorerst ist Tatsache, daß am 14. d. M Atelier und Verleih geschlossen werden. Ver¬ wunderlich ist dabei noch folgendes: Wo <st der Wirtschafts¬ verband? Schläft er? Im Wirtschaftsverband sitzt doch, wie bereits beton', ein Vertreter der Regierung, — wie weit reicht der Einfluß dieses Herrn Regierungsvertreters ? Welche Pflichten hat dieser Herr Regierungsvertreter? Wir wissen nur das eine, daß im Bayrischen Landtage mit lebhafter Zustimmung des Ministers Hamm von einer „Kinopest“ ge sprachen wurde, worauf der Wirtschaftsverband sich auf¬ raffte, eine papierne Erwiderung loszulassen; wir wissen, daß letzthin in den „Münchner Neueste Nachrichten“ im lo¬ kalen Teil eine Notiz erschienen ist die also lautete; erinnert an jene vielgerühmte Reportertüchtigkeit, da man von Mördern. Dieben und ähnlichen Gelichter zu schreiben pflegte: „Er sieht aus wie ein Zuhälter oder Artist \ Dieser Geist scheint sich nun auf den Film geworfen zu haben. Wo ist der Wirtschaftsverband mit dem Regierungsvertreter? Wo ist der Interessenten-Verein mit Herrn Nickel an der Spitze ? Herr Nickel ist d ich sonst ein tempergementvoller Herr voll Initiative, — warum dultet er es, das irgend ein erstbester Reporter, der die deutsche Sprache notzüchtigt, uns Lehren erteilt über Geschmack und Filmerzeugung?! Es ist einfach unerhört, wie sich alles da herandrängt an uns, das sonst überflüssig ist. Unter solchen Umständen vergeht einem wirklich alle Freude,sichumdie neuesten Erscheinungen unsere .-Filmindustrie zu kümmern. Aber wir müssen vor allem unserer Bericht¬ erstatterpflicht nachkommen. So wäre vor allem zu ver¬ melden. daß die Verhandlungen zwischen dem Interessenten - Verein und der Ortsverwaltung des Deutschen Transport¬ arbeiter-Verbandes die Frage der Lohn- und Arbeitsbedingungen der Angestellten und der Vorführer soweit erledigt hat, daß nunmehr an zuständiger Stelle beantragt werden konnte, die Vereinbarungen als allgemein verbindäen für München zu er¬ klären. Einwendungen gegen diesen Antrag müssen bis zum 20. d. M. beim Reichsarbeitsamt in Berlin erhoben werden. Von den neuen Filmen, die inzwischen herausgekommen sind, steht an erster Stelle der Ganghofer-Film „Der Edelweißkönig“ der „Münchener Lichtspiel kunst A.-G.“ Was wir diesem Werke vor allem nachrühmen müssen, ist die Geschlossenheit cer Handlung und die er¬ lesene Pracht der Außenaufnahmen, die wieder einmal das bayrische Hochgebirge in geradezu festlicher Schönheit uns vor Augen führen Dabei eine fesselnde Fabel, bei der die Charaktere durchgebildet sind, straff gespannt und voll plasti sehen* Lebens. Freilich, darüber kommen wir trotzdem nicht hinweg: Thea Steinbrecher hat mich auch diesmal nicht begeistern können. Ihre ewige, süßliche, gemachte Sentimentalität mit Augenaufschlsg ist in allen Lagen de* Lebens seit jeher immer und ewig dieselbe Aber gegen Thea Steinbrecher ist nicht anzukommen, sie ist einmal der „Liebling der Münchner" oder „des Münchners“. Vor trefflich ist Fritz Gr einer, dem leider nur etwas Kultur fehlt. Er arbeitet rein impressionistisch, ohne sich darüber klar zu werden, was er will und was er auch kann, Darum wirkt er eintönig Die übrigen Darsteller haben sich mit ihren Aufgaben recht und schlecht abgetnnden, so gut wie sie es eben verstanden haben. Ein Glück ist bei all dem sie konnten dem starken Werke nichts anhaben. Und wo die Darstellung nicht mehr ausreichte, hat die Regie den Erfolg gerettet. Einen sehr schönen Erfolg hat der „Union“-Film „Das ausgeschnittene Gesicht“ von Franz Seitz gefunden. Ein Detektiv-Abenteuer aus dem Artistenleben Eine verrückte, romanhafte, unwahrscheinliche Geschichte mit der äugen rollenden Carla Ferra, die es im Grim massieren schon recht weit gebracht hat. Wo nur Franz Seitz diese Geschichten her hat? Aber sie ist interessant und auch spannend gemacht, hat viele packende Momente und bringt soviel Dramatik und soviel Seltsamkeiten, daß die Kino Wirkung unbedingt im reichsten Maße gegeben ist. Als Regisseur kennen wir ja Franz Seitz zur Genüge, und da haben wir unserem alten Urteil nichts hinzuzufügen. Die Darstellung ist im ganzen und großen recht brav. Vor trefflich ist Peer als Detektiv: ruhig, vornehm, gelassen und auch repräsentativ. Die großen Schlager der Saison sollen aber erst kommen Die „M. L. K.“ arbeitet unter Franz Ostens bewährter Leitune an dem großen Ganghofer-Drama „Der Ochsenkrieg“, das