Der Kinematograph (January 1922)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

NO. 780 Der Kinematograpü Düsseldorf l'auentzicustraße wirklich und wahrhaftig die deut sehe Moral? „Es sei hiermit kein „Los von Berlin" propagiert. Das ist unmöglich. Man bedenke Moli das eine: ln Berlin wird seit 185MJ gefilmt, ia Bayern (München) seit ein paar Jahren erst, seit jenem Tage, da Erich Wagowski den Mut aufbrachte, sein herrliches, von Otto Bartsch entworfenes Pacht-Atelier in der Ungererstraße aufzuführen. Damit war uns erst die Möglichkeit gegel»cn, ernsthaft an Fflmerei zu denken. Als dann die „Emelka“-A.-G. begründet wurde, da konnte auch tatsächlich eine großzügige Produktion ein- setzen. Und man übersehe nicht, daß die außerordent¬ lich beachtenswerte Produktion der „Union" (Herren Hammer) sich auch nur deshalb entfaPen konnte, weil sie endlich im ,.Bavaria“-Atelier die Möglichkeiten hierzu fand! Als dann ferner die Herren Fett und Wiesel der „Emelka“ sich anschlossen, da konnte die Münchener Produktion auch geschäftlich sich groß auswirken. Unsere Filmerei ist somit noch jungen Datums, aller sie hat ihr gutes Becht, sich den Platz an der Sonne zu erobern, um so mehr, als sie sich bereits im Ausland ihre Anerkennung verdient hat. Sie wird ihre großen Erfolge noch finden, denn sie weiß sehr gut und genau, daß s.e die erdrückende Hegemonie Berlins nur dann von sich abwälzen kann, wenn sie durch hervorragende und bedeutsame Lei stungen «ich auszeichnet. Die Dezentralisation liegt in der — Leistung! Und da kommen wu wieder auf den Spielfilm zurück, der ganz und gar Münchens stärkste Seite sein muß. Wir haben die Männer hierzu! Franz Osten ist ein ausgezeichneter, kluger und umsichtiger Regisseur für Spielfilme; Ludwig Seel, der weltanerkannte Illustrator, hat mit «einen ein aktigen Spielfilmen einen bisher noch nicht ge.schla geilen Rekord aufgestellt, und nun in letzter Zeit di< neue Richtung des K a m mer-Spiel-Films, der die höchste Steigerung darstellt und der uns den Weg der Literatur führt, zum textlosen oder doch zumindest textarmen Spielfilm in reifster und feinster Vertiefung. zum wahrhaften Seelendrama. Die „Ufa“ hat da glücklich eingesetzt; „Scherben“ und „Hintertreppe" sind vorzügliche, hoch anzuerkennende, von un« bereit.« gebührend gewürdigte Leistungen. Was wir dringend brauchen und was wir suchen, sind neue Menschen, die vollständig mit der alten, überlieferten Schule brechen und die in der Regie ebenso neue Wege betreten, wie dies in der Fiimdichtung geschieht. Es geht um den deut sehen Stil, um den Kammerspiel-Stil! Wir werden dieses Neue, dem wir mit Riesenschritten un aufhaltsam entgegengehen, ganz gewiß erreichen, und wir werden so den deutschen Spielfilm auch in diesem Sinne ausbauen. Damit wird aber auch die Dezentrali sation von selbst kommen, und daraus ergibt sich auch unser Verhältnis zum Ausland. Wie es sich regeln wird, ist Sache der Vorleger und Exporteure. 4 * * •1 d d H Aus dem Tagebudi eines Filmautors. Von Julius (J r g i ß. Heute war ich im Kino. Da wurde ein seht schöner Film gespielt, dessen Vorgängen das Publikum mit Aufmerksamkeit, offensichtlicher Teilnahme und tiefer Ergriffenheit fo'gte. Ich kam erst am Schluß des ersten Aktes und biieb bis zur zweiten Vorstellung, um den vollständigen ersten Akt zu sehen. Er begann mit einer Unzahl von Titeln. Die Herstellerfirma war genannt, der Regisseur, sämtliche Darsteller, der Hilfs regisseur, der Pnotograph, der Architekt, der Kostüm lieferant, alle waren sie genannt — der Autor natürlich nicht. Soeben komme ich von der „Ofa" (nicht zu ver wechseln mit Aafa, Efa, Ifa. Ufa). Man will von Max Jungk und mir einen Film. Im dritten Akt soll eine Sensation sein, die eine Million tosten darf, die sich aber innerhalb 15 Metern abspielen muß. Wir werden das Manuskript nicht schreiben, denn die Firma will uns 250 Mark weniger für unsere Arbeit zahlen, als wir gefordert haben. * • * Ich durchblättere Zeitungsausschnitte von Vor uotizen über die von Max Jungk und mir verfaßten Filme. In 87o/ 0 dieser Notizen sind wir nicht als Autoren genannt. Vor einem mittleren Kino hing ein Plakat, das in schreiend roten Buchstaben den Titel des Films, der drinnen gespielt wurde, anzeigte. Der Titel war so blutrünstig wie die Buchstaben. Ich war amüsiert und ging hinein. Wie groß war mein Entsetzen: es war ein Film von uns. dem man mutwillig einen anderen Namen gegeben hatte. Mauchmal ist es doch gut, wenn | die Autorennamen fort bleiben. Endlich bekomme ich doch unseren Film (der Titel I tut nichts zur Sache) zu sehen. So dachte ich mir. I Gestern las ich ihn am Kino angezeigt. Ich ging hinein. I es war aber gar nicht unser Film. Er hatte nur ganz 1 entfernte Aehnlichkeit mit ihm. Heute erfahre ich. I daß es doch unser Film war; nur der Dramaturg und I Regisseur der Firma hatten ihn so verändert, daß vom Original nichts mehr zu erkennen wai Sie hatten ihn natürlich „verbessert". * * * Ich bin fest entschlossen, die sogenannten Be Schreibungen für unsere Filme selbst zu machen. Wir leben doch schließlich in Deutschland und nicht in der Polackei, so daß man ein gutes Schriftdeutsch ver langen kann. * * • Eine Firma hat plötzlich einen Dramaturgen en gagiert, der in seinem Leben schon einmal einen halben Film verfaßt hat. Er ist sich seiner Würde bewußt, hält alle erworbenen Manuskripte für ungeeignet, und schreibt nun selbst für die Firma. (Nachtrag zu gestern): Der Dramaturg mit dem halben Film ist schon geflogen. * • • Soeben erhalte ich von einer Filmfabrik den fol genden Brief: „Ehe wir den von Max Jungk und Ihnen verfaßten Film der Oeffentlichkeit übergeben, möchtet'