Der Kinematograph (January 1922)

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No. 78" Der Rinem«tngT*pb Düsseldorf Reich durch Förderung des Unterrichtsfilm Wesens an der inneren Ausgestaltung des Unterrichts mitarbeiten müssen. Die auf diesem Gebiete tätigen Organisationen, deren Wirken von allgemeiner Bedeutung ist. bedürfen der Unterstützung aus Reichsmitteln." Vielleicht fällt auch für den Lehrfilm aus dem Betrage von 1 Million Mark im Etat ..zur Förderung wissenschaftlicher und künstlerischer Zwecke" ein dem wiss iischaftlichen Film gebührender Teil ab. Im Lichtspielgesetz vom 12. Mai 1920 buben das Reich und die Gesetzgeber noch e.nmal — ge wissermaßen abschließend — bewiesen, daß ihnen der Lehrfilm noch ein ganz unbekanntes Gebilde ist. Da bis heute noch kein Lehrfilmfachmann aus der ln dustrie in die amtlichen Prüfungsstellen berufen wor den ist, so stehen die Prüfenden bei ihrer Arbeits¬ überlastung in der Spielfilmzensur dem Lehrfilm immer noch fremd gegenüber; es hätte überhaupt ge setzlieh geregelt weiden müssen, daß Lehrfilme nur durch die Bildstelle am Zentralinstitut zu zensieren sind und die dort ausgestellten Bescheinigungen mit amtlicher Gültigkeit ülx-r den I.<• hi w<• rt der Filme <1 i<* Pclizeizensurkarte ersetzen. Da zahlreiche Lehrfilme in ihrer populär - wissenschaftlichen Abfassung inimer mehr in die Lichtspieltheater abwandern, so ist die an sich schon schwer genug geprüfte Lehrfilmindustrie gezwungen, ihre Produktion sowohl der Bildstelle als auch der Polizeizensurstelle vorzulegen. Da aber die Vorschriften des Gesetzes nur für Spie filme zuge¬ schnitten sind, so entstehen dadurch dem Lehrfilm ernste Kämpfe um sein Recht und seine Anerkennung, nicht zuletzt auch doppelte Kosten»), Da der im Kino vorgeführte Lehrfilm dem Licht spielgesetz unterliegt, so kommt auf ihn § 3 in An¬ wendung. wonach Bildstreifen für Jugendliche vom 6. bis 18. Lebensjahr besonderer Zulassung bedürfen. Zunächst drängt sich liier die Frage auf. nach welchem Alter überhaupt der Maßstab bei der Beurteilung des Bildstreifens anzulegen ist; denn cs ist nicht zweifel¬ haft. daß einem 18jähri*.rcn Primaner manches (z. B. Befruchtungsvo-gänge im Halogischen Unterricht) vor¬ geführt werden kann, wofür ein sechsjähriger Vor¬ schäler oder ein neunjähriger Sextaner noch nicht reif ist. Die Bildstelle macht daher in ihren Begutscheini gungen feinste Unterschiede, indem sie eine Eignung von Lehrfilmen für Volksschulen, höhere Schulen und Hochschulen unterscheidet und somit indirekt Alters¬ grenzen für die Lehrfilmbeschauer zieht. Deshalb habe ich auch auf der großen Lehrfilmtagung der Ent¬ schiedenen Schalreformer in Berlin anläßlich einer Diskussionsrede des Staatsanwaltschaftsrats Bulcke im Namen der Lehrfilm-Industrie die Forderung ge stellt, im Lichtspielgesetz für den Lehrfilm Abstufungen (6. bis 10.. 11. bis 14., 15. bis 18. Lebenswahr) zu machen, um der Polizeizensur schwere Unzuträglichkeiten zu ersparen»»). Es ist natürlich eine Unmöglichkeit, daß ein und derselbe Lehrfilm eine grundverschiedene Behandlung erfährt. Nach § 1 des Lichtspielgesetzes ..bedarf die Vorführung von Bildstreifen zu ausschließlich wissen¬ schaftlichen oder künstlerischen Zwecken in öffent liehen oder als öffentlich anerkannten Bildungs- oder For-schungsanstalten nicht der Zulassung“, d. h. eir. Lehrfilm, in einer Universität, Hochschule oder Schul klas.se vorgeführt, entgeht von selbst der Polizeizensur. Wird aber derselbe Lehrfilm in einer geschlossenen Schulvorstellung in einem Lichtspieltheater vorgeführt. »I Nach der neuesten Zensurordnung vom 1. Januar 1923 sind Lehrfilme völlig tensurgebührenfrei. Für Jugendfi'me, die aktuellen Fihnberichte usw. sind die Zensurgebühren erinäßgt worden **1 Siehe Fitmkurier vom 3 und 9. Februar 1021 in das unter Ausschluß der Oeffentlichkeit nur die geschlossenen Schulklassen von ihren Lehrern zur Ab lialtung einer Filmunterrichtsstunde geführt werden, so ist dieser Lehrfilm der Polizei zur Zensierung vorzu legen und wird dadurch mit unnötigen Zensurgebühren belastet. Eine möglichst baldige Klärung dieser Frage durch das Reichsministerium des Innern nach Anhörung der zuständigen Landeszentralbehörden. der Lehrer und der Filmindustrie wäre sehr erwünscht*). Was die staatlichen Behörden unbetiifft. so steht Preußen mit den bekannten Haenisch Erlaß vom 10. März 1920 an der Spitze der staut liehen Interessenten für den Lehrfilm. Der Erlaß „empfiehlt, in weitem Umfange die Möglichkeit der Vorführung yon Lehrfilmen bei Veranstaltungen für die Jugend zu schaffen“, und zwar Vorführungsräume zu diesem Zwecke „bei Neubauten oder Umbauten und selbst bei großen Reparaturbauten in den Schulen ein zubauen". Diese preußische Verordnung ist von dem Reichs minister des Innern in einem Erlaß a.i die Unterrichtsverwaltungen sämtlicher Länder vom 18. September 192 0 als nachahmenswert hinge stellt worden. Ein weiterer Erlaß des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 6. Oktober 1920 über Feuerschutz-Vorkeh rungen und -Maßnahmen bei der Verwendung von Kinoapparaten zu Schulvorführungen mildert die strengen Polizeivorschriften und erleichtert dadurch die Lehrfilmverwendung in Schulen. Der Haenisch - Erlaß läuft meiner Meinung nach auf zwei Krücken. Einmal „empfiehlt“ er nur und er¬ wartet, „Bemühungen“. Diese Weichheit und Dehn barkeit des Erlasses bringt die Lehrerschaft aus ihrer Zurückhaltung einer neuen Lehrweise gegenüber nicht heraus. „F.s ginir doch bisher ohne Film, meinen die einen, der Film wäre eine Unterhaltung und Spielerei, die anderen. Er verlange zuviel technische Vorkennt nisse und Vorführungserfahrung. befürchten Dritte, und er werde altbewährte, gute Lehrmittel, voran das Wort und die Kreide, verdrängen, obwohl er seinem Wesen nach zur Oberflächlichkeit des Denkens, zur bloßen Rezeptivpät der Schüler verführe, so tadeln die Vierten. Die meisten sind infolge der Zeitnöte überhaupt zu müde, um lebhaftes Interesse an me thodi«chen Erwägungen zu nehmen: schulpoli‘ische und Standessorgen verzehren das Interesse." Außerdem wissen wir viel zu gut. daß in unserer Zeit der Ver arrnung. selbst bei größter Anerkennung des Lehrfilms, Neubauten überhaupt nicht. Umbauten nur in den aller dringlichsten Fällen vorgenommen werden, so daß auf .Jahrzehnte hinaus das Schulgebäude dem Eintritt des Lehrfilms verschlossen bleiben wird. Immerhin ist der H a e n i s eh - Erlaß eine Tat ge wesen, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann! Die Krücken des Erlass -« kommen hauptsächlich auf Kosten der finanziellen Not des Reichs, der Staaten und Gemeinden, ferner auf Kosten des Mangels an Neigung •) Landgerichtsdirektor l)r. Hellwig kommentiert wie folgt ..Eine Auswirkung dieses ganz allgemeinen Griindsa’zes ist es. daß Lichtspielvorführungen, die von der Schulbehörde zu er zieherisehen Zwecken vor den Schü’crn veranstaltet werden, der Zensurpflicht nicht unterliegen. Das gleiche gi't natürlich für Licht spie! Vorführungen, die vor Studenten im Ge'olge des akade¬ mischen Unte-riclits veranstaltet werden. Gle'chgül'l? ist es dal>ei, oh diese Vorführungen läum'i-h auf da« Schulgebäude oder die Universität beschränkt sind oder ob sie in einem Lichtspieltheater oder an einem sonstigen dritten Ort stattfinden. Wesentlich ist ledig’ich. daß sie von den staatlich dazu ermächtigten Lehrpersonen Tür die Schü’er oder für die Studenten veranstaltet werden. Sofern diese Veranstaltungen auch dritten Ter-onen zugänglich sind, gehen sie über die staatlich verliehene Befugnis der Lehrer oder Uni versitätsprofessoren hinaus; sie sind dann zonsurpflichtig, da die Vorführenderi nicht mehr als Träger der Staatsgewalt ln Frage kommen •