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Der Kinematograph (February 1922)

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Mo. 781 Der Kinematograph — Düsseldorf. Filin-Historik als überhaupt ersten Redakteur eines Fachblatts für Kinematographie verzeichnet. Wie Perlinann der neuen vorbildlosen Zeitungs gattung die Grundlagen gab, daß er sich seiner Mission bewußt war - (schon in Nr. 2 heißt es im „Briefkasten“: „Wir wollen ja vorbildlich wir¬ ken“), wie er in den ersten Jahren des jungen Blattes, in den Jahren der sich überstürzenden Entwickelung der Filmkunst und ihrer sich wild gebärdenden Befehdung, mit sicherem Instinkt anregend, leitend, kämpfend an der Beseitigung der Auswüchse in der Branche, an ihrer Entfal¬ tung zur Kunst arbeitete, das stempelte ihn erst zum wirklichen Pionier der Zunft, damit hat er an erster Stelle gezeigt, wo die Dämme durchge- stochen werden müssen, das hat ihn zum Weg bereiter gemacht. — Später als dein „Kincmato graph" zahlreiche Kollegen erstanden waren, hat er daran festgehalten, in dem von ihm geleiteten Blatte die großen Linien der Entwickelung auf zu zeigen und hat sich nicht gescheut, mitunter dem Reiz der sensationellen Aktualität, dem Eingreifen in die Tageskämpfe zu widerstehen, um dem Ruhm über den Parteien stehend das bleibende Fazit aus den Kämpfen herauszuschälen, sich und unserem Blatte zu erhalten. Perlmanns Wirksamkeit zerfiel in eine drei fache Betätigung: in die des Journa isren, des Re¬ dakteursund des Organisators. Der ^ o ur n a 1 is t, der „Held der Feder“, hatte seine besten stunden, wenn er die kritische Sonde anlegen konnte, um mit Ironie und Treffsicherheit Maßnahmen, die er für falsch hielt, zu bekämpfen, Angriffe abzu¬ wehren oder morsche Zustände zu geißeln. Wo Muckertum, „Brunner“-Geist oder verstiegener Aestheticismus an den Grundlagen der Filmkunst rütteln wollte, eilte er auf den Plan und seiner Abwehr, die nicht selten in Angriff überging, wurde schon um deswillen Gehör geschenkt, weil er sich nicht scheute Fehler zuzugeben und Mängel zu zeigen. So hat er immer auch die Achtung der anständigen Gegner besessen. Der Redakteur ist wieder ein ganz ander Ding als ein Journalist: er muß auf einer viel höheren Warte stehen — über den Dingen — und gar oft den Journalisten in sich nieder kämpfen. Wie Perlmann als Redakteur seines Amtes waltete, daß er der geborene Schriftleiter gewesen sein muß. das bezeugt am eindringlichsten der Umstand, daß er den Typus des Filmjournalisten überhaup; erst schaffen mußte. Den sicheren Griff in der Wahl seiner Mitarbeiter bekunden zahl¬ reiche Namen, die inzwischen Bedeutung in der Branche gewonnen haben, die später, sei es als Redakteure neu entstandener Blätter oder als praktisch wi-kende Fachleute oder als Filmautoren zu Ruf und Ansehen gelangten. Wir greifen aufs Geratewohl, ohne irgendwelche Vollständigkeit an¬ zustreben, aus den früheren Jahrgängen die Namen F. Paul Liesegang, (den Perlmann als einen seiner technischen Lehrmeister hoch in Ehren hielt). Paul Levy, Hermann Lemke, Dr. Richard Treitel. Ludwig Brauner, Julius Urgiß, Coboeken. Fred Hood, Alfred Rosenthal. E. Gobbers, Arthur Mellini. Berein. Dr. B. A. Baer, Emil Hartmann. Hans Bourquin. Maler Falkenberg, heraus, um auf¬ zuzeigen, wie Perlmann es verstand, aus den ver schiedensten Gebieten Techniker, Journalisten, Lehrer, Künstler, Juristen u. a. in. für die neue Fachzeitschrift heranzuziehen. — Seine Mitarbeiter selbst wissen am besten, in welch unerschöpflicher Fülle von Ideen Perlmann immer wieder neue Themen und Anregungen zu deren Ausgestaltung zu geben vermochte. Aach die Urteilsfreiheit seiner Mitarbeiter achtete er; wenn nicht allzu per¬ sönliche Schärfe oder \erhimmeiung zu einer Korrektur zwang, dann ließ er der Anschauung eines einmal als fachkundig erkannten Mitarbeiters auch dann freien Lauf, wenn sie sich nicht mit der seinigen voll deckte. Beinahe verblüffend ist cs, zu sehen, wie schon in den ersten Nummern, also vor mehr als lö Jahren, „anfangs tastend —, ganz nach Kinderart'' doch schon dieThemata zur Debatte gestellt wur¬ den, die heute noch umstritten sind, z. B. filmen wir schon in Nr. 1 „Künstlerische Regie" und „Be¬ hördliche Bestimmungen“ behandelt und einen An Tang „Zur Geschichte der Kinematographie“ ge¬ macht. Im ersten Jahrgang schon fügte der weit- t lickende Schriftleiter abwechselnd einen eng¬ lischen und französischen Teil für die Ausland Leser ein. Der Organisator in Perlmann kennte sich dadurch, daß ihm auch die Repräsentation des Blattes der Außenwelt gegenüber auferlegt war, besonders vielseitig entfalten. Zahlreiche Reisen nach Berlin und anderen Metropolen hielten ihn im lebendigen Konnex mit den Praktikern der Branche und der übrigen Presse. Immer wieder war es Perlmann, der durch Herausgabe von pro- gramma'ischen und aufklärenden kleinen Schrirten, durch Anregung und Mitbegründung von Ver¬ bänden und Vereinen (u.a. des Agitations-Komitees der kinematographischen Fachpresse, des Film- Presseverbandes. der „Gesellschaft zur Förderung der Lichtbi'dkunst“, des „Rheinisch-Westfäl sehen Fi’.mcluB“) an der Hebung und modernen Entwicke¬ lung der Branche starken tätigen Anteil nahm. Das Geheimnis der Erfolge Emil Perlmanns lag in zwei Eigenschaften, die seinem Wesen das Charakteristikum gaben: in der Lebensfreu¬ digkeit und der Arbeitsfreudigkeit. Seine unverwüstliche gesunde. Hingabe an das bunte Vielerlei des Lebens, seine Frohnatur und der daraus fließende unversiegbare Optimismus hielten sich die Wage mit seiner Freude an der Arbeit, seiner Frische und Schnelligkeit in der beruflichen Tätigkeit. Es schien, als ob beide Eigenschaften sich in stetiger sich befruchtender Wechsel Wirkung befänden. Emil Perlmann hat als echter Berliner Junge atn t». April 1866 das Licht der Welt erblickt, in Berlin seine Kindheit verbracht, sein Einjähriges gemacht und eine Lehre in einem großen Handels¬ hause absolviert . (Noch bis zulet zt gedachte er seines Lehrprinzipals in großer Anhänglichkeit.) Dann aber zog es den Abenteuerlustigen in die. Welt hinaus: von der ersten Station Hamburg ging es gar bald über die See nach London, von da nach Portugal. Von dort aus machte Perlmann als Ver¬ treter eines großen deutschen Agenturhauses mehrere Jahre ausgedehnte Reisen in Europa und Afrika, bis eine jener kleinen Revolutionen, die in Portugal schon damals üblich waren, die Rück-