Der Kinematograph (April 1922)

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So. 789 Her Kinematograph — Düsseldorf Hugo Earoly, Ingenieur Amtlicher Sachverständiger für Kino und Projektion '•TES- Köln, Agrlppartr. 19 ^ST 1 sie gedreht wird, bedenklich leidet. Man kann diese Beobachtung in den Uraufführungstheatern machen, was zu Beginn der Saison herauskommt, ist aus ge zeichnet, aber nachher . . . .??? Ich möchte folgenden Fall aus der Praxis nicht unerwähnt, lassen: Eine Berliner Firma, bei deren Gründung die Lustspiel fabrikatiou beabsichtigt war, stellte im Mai v. J. ihren ersten Film, ein /.weiaktiges Grotesk-Lustspiel, fertig Die Herstellungskosten betrugen 27 000 Mark. E< war ausgeschlossen, trotz eifrigster Bemühungen bei allen möglichen yertrieben und Verleihern, auch nur an nähernd die Summe herauszukriegen. Endlich im Oktober (nach 5 Montften) fand sich ein Verleiher, der den Film kommissionsweise übernahm. Bei Abschluß des Vertrages stellte dieser eine monatliche Summe von 4000 Mark in Aussicht. Die Abrechnungen zeigten al»er ein ganz anderes Bild. Der höchste Monatsertrag war bis jetzt 700 Mark (Januar 1922)'. Es sjpd da teilweise Betrüge in den Abrechnungen, bei denen man mit dem Kopf schüttelt. So zahlte ein Theater die halbe Woche bare 27 Mark. Der Durchschnitt ist un gefähr 70 Mark. Das alles bei nagelneuen Kopien Und bei diesen Ergebnissen soll ein Fabrikant den Mut aufbringen, um ein Lustspiel zu drehen!! Es ist wohl ziemlich klar, daß die betreffende Firma Lustspiele Lustspiele sein läßt, und 3ich einer anderen Spezialität zugewandt hat. über die ich irelegentlich berichten will. Leo Schwedler film und Kino als „geistigp" flahrung für IDitztriättpr. Wir erhalten von einem Privatmann die nach stehenden Zeilen, denen wir gern Baum geben, um so mehr sie ein Fachmann geschrieben haben könnte: Mit Ausnahme unserer großen Witzblätter „Sim { ilizissimus und zum Teil „Jugend“, die in meist wirk ich humoristischer Weise Film und Kino betrachten, leben die kleinen Witzblätter davon, sich über Film und Kino lustig zu machen. Es tun sich dabei be¬ sonders jene sogenannten Witzblätter hervor, die größeren Zeitungen beiliegen Nun muß man ja zu geben, daß bei der heutigen Lage der Dinge einem der Humor ausgehen kann, es muß auch furchtbar sein, stets auf Kommando Witze machen zu müssen. Vor vielen, vielen Jahren stand einmal im „Ulk": „Witze machen ist nicht schwer, wenn nicht die Pointe wär." Diese Pointe fehlt nachgerade allen Witzen, die man über Film und Kino liest. Ich bin ein ehrlicher Freund der Filmkunst, denn ich erblicke in der Erfindung und der künstlerischen und wissenschaftlichen Ausnutzung des Kinematographen nicht nur eine Unterhaltung, sondern sehe darin einen Kulturfaktor fast ohne- ? Reichen. Gewiß, es gibt nichts in der Welt, das nicht ür den Witz und für eine humoristische Betrachtung Angriffspunkte bietet. Auch der Film und das Kino sind davon sicherlich nicht befreit. Was wir aber zu lesen bekommen, ist in den meisten Fällen (lumm und läppisch. Als wenn den Humoristen gegenüber Film und Kino der Humor ausgegangen wäre. Die Aus wüchse beim Film, wie ungeheure Gehälter. Verschwen dungssucht bei Aufnahmen, Großspurigkei' und Ueber- hebung der Kanonen, alles Dinge, die sicherlich nur halb so schlimm sind, wie sie in die Oeffentliehkeit dringen, werden in den Witzblättern zu Tode gehetzt, und zwar in einer für die Leser geradezu beleidigenden dummmen Art. Wenn heute in einem Lubitsch-Film Riesenmassen in Bewegung gesetzt werden, dann kann man wetten, daß kurz nach der Erstaufführung ein Witzling schreibt, im nächsten Film werde Lubitsch statt 4000 Statisten 8000 beschäftigen. Ha. ha, wer lacht da?! Ich kann mir nicht denken, daß auch nur ein Mensch seine Miene darüber verzieht. Aber der Witz ist ja eben kein Witz, das ist Geplärre, geistloses Wortgeklingel. Man will ja auch gar keine Witze machen, man will vielmehr Film und Kino und die Männlein und Weiblein, die mit ihnen zu tun haben, lächerlich machen. Was aber absolut nicht gelingt Die Filmleute, so habe ich mir sagen lassen, sind ein lustiges Volk, sollen viel Witz und Humor haben. Sie verstehen Spaß, und manch köstliche Bemerkung aus jenen Kreisen habe ich mir erzählen lassen. Ich er fuhr auch, daß die Herrschaften von Film und Kino guten Witzen, die mau über sie und über ihren Beruf macht, zugänglich sind. Gut aber ist ein Witz nur. meint Lichtenberg, wenn er mit so wenig Bosheit und so vieler Ueberzeugung verbunden ist, daß er selbst diejenigen zum Lächeln nötigt, die er trifft. Gut sind die Witze nur über Film und Kino, die die An gehörigen dieser Berufe selbst machen. Ich verfolge die Entwicklung der Filmkunst seit ihren Anfängen ganz genau und lese die bedeutensten Fachzeitschriften. In all den Jahren glaube ich nicht hundert Witze in den zahlreichen Blättern gefunden zu haben. Dabei weiß ich, daß ein Künstlervolk gern Witze macht, und es nicht ungern sieht, wenn diese in die Oeffent lichkeit dringen. Für verwerflich halte ich es, daß so mancher der „geistreichen“ Witze in den Witz¬ blättern direkt mit Unwahrheiten arbeitet, ja, gehässig ist. Es scheint beinahe so, als ob Neid und Mißgunst mitredet. Daß die Leute vom Bau nicht einmal ein deutliches Wort gegen die Witzböldchen reden, ist mir nur dann verständlich, wenn die Herrschaften von dem Standpunkt ausgehen, daß sie weit über solchen An rempeleien stehen. Wenn aber gar die Witzblätter meinen. Film und Kino durch ihre geistlosen An würfe herabsetzen zu können, oder sie zu schädigen, dann mögen sie sich Schopenhauers Satz vor Augen halten der Witz ist ein falscher Priester.