Der Kinematograph (April 1922)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 780 Der Kinematograph Düseelriot f ****♦»» * * ♦ ★ * » ♦ : Di« neuesten KMparale und aUe Zubehörteile i teUhjiileaten r „Gcsellsdiaft für Hinematographen m b H., Köln, Fn.-seostraße 26—32 Telephon B 3924 Kino technische* Spesial-OoHchäft und Film-Verleih. GjueralVertreter der Ertel-Werke A.-G. ************-****»************* graph, der die Geschmackszeusur /.uläßt, auch ein Kautschukparagraph sein muß, dann tappt die ln dtistrie im Dunkeln, JedenfaUs wird alles auf geboten werden müssen, um den Gedankeu an die Uesclnnacks- zensur schon im Keime zu ersticken. Heute sagt Herr Oberregierungsrat Dr. Bulcke noch, daß Richter sich nicht mit dem Geschmack über Dinge, die sie zu beurteilen haben, befassen dürfen. Warum hat er nicht erklärt, daß auch später dieses Prinzip vor herrschen muß? Oder aber er hätte offen sagen müssen, daß er für eine Geschmackszeusur ist. Er sagte ferner, daß die Sachverständigen bei der Beur tcilung eines Films alle Ausstiahli;ngsmöglichk eiten zu berücksichtigen hätten, zu allererst sei der Inhalt auf seinen ethischen, ästhetischen, psychologischen Wert zu prüfen. So schön das alles klingen mag, es ist nicht angängig. Der Paragraph 1 des Reichs lichtspielgesetzes umschreibt genau, wann die Zu lassung eines Bildstreifens zu versagen ist: Wenn die Prüfung ergibt, daß die Vorführung des Bildstreifens geeignet ist, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden, das religiöse Empfinden zu verletzen, verrohend oder entsittlichend zu wirken endlich das deutsche Ansehen oder die Beziehungen Deutschlands zu auswärtigen Staaten zu gefährden. Derselbe Para grapk l sagt aber noch, daß die Zulassung wegen einer politischen, sozialen, religiösen, ethischen oder Welt anschauungstendenz als solcher nicht versagt werden darf. Worauf anders als auf die Dinge, deretwegen ein Bildstreifen nicht verboten werden darf, will sieh denn die Geschmackszensur werfen! Es hieße also, «len zuinners* grundlegenden Gedanken des Lichtspiel gesetzes vollkommen zu ändern, wogegen auf das energischste zu protestieren ist. Wie um ein Pflaster auf die Wunde zu legen, erklärte Herr Oberregierungs rat Bulcke, daß er immer dafür eintreten werde, daß ein Mitglied der Industrie in der Kammer säße. Vielleicht tun wir Herrn Oberregierungsrat Dr. Bulcke unrecht, wenn wir annehmen, er rede der Geschmackszensur das Wort. Wir glauben uns aber nicht zu täuschen, denn sonst hätte ja Oberregierungsrat Bulcke nur nötig gehabt, seine abweisende Stellungnahme gegenüber der Geschmackszeusur zu kennzeichnen. Den größten Teil seines Vortrags füllte er mit der Erzählung der Inhalte zweier von der Oberprüfstelle verbotenen Filme auf. Es handelt sich um die Filme „Das gelbe Haus" (Prostitution) und „Das Frauenhaus zu Brescia" Mit Entrüstung verteidigte der Redner die Verbote und wiederholte, daß der Anstoß zu dem Verfahren gegen die Filme aus süddeutschen Staaten käme. Bayern habe gesagt, daß die laxe Moral Berlins schuld au -olchen Erscheinungen sei Es fielen dabei auch Worte gegen die Yorinstanz Gerade diese letzte Bemerkung gab dem Leiter der Filmprüfstelle Berlins, Herrn Regierungsrat Mildner, Gelegenheit, als erster in der Diskussion da-» Wort zu ergreifen. Er verwahrte sich energisch da gegen, daß die Filmprüfstclle Berlin Filme zugelassen habe, die nicht dem Gesetze entsprächen. Die Film prüfsteile habe genau so recht auf Anerkennung fui ihre Tätigkeit wie die Oberprüfstelle. Es sei fraglich, ob der Oberprüfstelle die beiden Filme mit den Aus schnitten, wie sie die Filmprüfstclle gemacht hätte. Vorgelegen haben. Der Leiter der Film prüf stelle machte dem Leiter der Ober prüf 8 leite den Vorwurf, daß dieser versäumt habe, vor dem Verbot der Filme die Vormstanz zu fragen, ob mau der Oberprüfstelle auch die Filme mit den Ausschnitten vorgelegt habe. Ja, Herr Regierungsrat Mildner erzählte, «laß eine sehr prominente Persönlichkeit, die an der Zulassung des F'ilms „Das F’rauenhaus in Brescia“ in der Kammer der Filmprüfstelle mitwirkte, erklärt habe, es sei der inlialt dieses Films eine Pensionsgeschichte Als nächster Redner sprach Herr Dr. F'rauk furter, der nicht mit Unrecht erklärte, daß man durch Oberregierungsrat Bulckes Vortrag auch nicht «*inen Schritt weiter in der Geschmackszensur gekommen sei. Wenn es genügen sollte, einfach zu erklären, „ein Film gefalle mir nicht, weil es nicht mein Geschmack sei", dann würden von zehn F'iltnen neun verboten werden. Dann ergrifff Herr Martin Berger das Wort zu einer wenig glücklichen Rede. Er sprach gleichsam im Namen der Filmindustrie. Dagegen muß mit aller Schärfe protestiert werden. Wenn man auch aner kennt, daß Herr Berger gegen die Feinde der Film industrie ist, so muß man es doch ablehnen, sich seine Ansichten zu eigen zu machen. Es ist nicht angängig. Politik in die Materie zu werfen, und wenn er über die Moral der jungen Mädchen in Bürgerkreisen so vernichtende Urteile fällt, kann man sich den ent rüsteten Zwischenrufen, die ihm zuteil wurden, nur anschließen. Herr Berger hat mit seinen Ausführungen der Industrie nicht nur keineswegs genützt, sondern ihr geschadet. Zu bedauern bleibt, daß keiner de anwesenden Fabrikanten erklärte, daß die Indus!re sich nicht einverstanden erklären könne mit dem was Herr Berger gesagt habe. Im weiteren Verlauf der Diskussion sprachen noch Herr Dr. jur. Walter Friedmann, der in ruhiger un<* sachlicher Weise von Herrn Dr. Bulcke die ihm leider dann nicht mehr zuteil gewordene Antwortverlang 1 *' ob er für die Geschmackszensur im neuen Gesetz ein treteu wolle oder nicht. Herr Dr. Friedmann wandtj- sich dann noch gegen die Ortspolizei-Zensur und g*' den Eindruck wieder den vieie der Anwesenden hatten