Der Kinematograph (April 1922)

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No. 7»3 Der Kinematograph Düsseldorf Hugo Caroly, Ingenieur Amtlicher Sachverständiger für Kino und Projektion Köln, Agrtppastr. 19 ,r '“T?,T' Kino ABwralen jjj Mir Maschinen, Lampen, Transfor¬ matoren, Widerstände, Kohlen. Film und Musik auf räumen würde. Die Kinokapell meister sollen endlich davon abgehen, es für uner¬ läßlich zu halten, daß sie die Weißwandbilder vom ersten Lichtschein bis zum Ende begleiten und ver dolmetschen. Es ist nicht an dem. daß die teilenden Schattenzeichnungen des Films ohne Musik gleich als gespensterhafte Marionetten wirken; die filmischen Schattenbilder haben vielmehr, wo sie höchste Er regungen pantomimisch wiedergeben, eine derartig lau pulsende Lebenskraft, daß sie nicht nur das Auge, sondern die ganzen Sinne der Zuschauer in Fessel schlagen. Wer hätte sich beim Ergötzen an den zu innerst packenden Meisterbildern in unseren Gemälde galerieu jemals bei dem Begehren ertappt, daß er zum vollen Erfassen des lebenden Bildgehaltes musikalisch rntermalung herbeiwüusche? Die lyrischen Partien der Filmwerke vertragen kaum mehr als eine neutral- Begleitung: ein grobes l'ulerstreichen ist auch hiei keinesfalls angebracht. Ebenso muß die Musik b<- handelt werden bei Naturaufnahmen, die ja auch zur Gefühl sprechen wollen; bei der Vorführung bei be lehrenden Filmen aller, die den Zweck verfolgen, den Geist zu lieeindruckeu, ist die Musik kein vertiefende' Hilfsmittel, sondern ein ablenkendes Uebel. Dann erst, wenn die Frage der Anpassung dei Musik au die einzelnen Szenen jeweils richtig gelöM sind, wenn man auch den Mut aufhringt. die in ihren stärksten Bildern wahrhaftig nicht „stumme“ siebent- Kunst allein und hemmungslos auf ihre Zusehauci ein wirken zu lassen; dann erst wird man zu einer richtigeren and sachgemäßem ästhetischen Eit Schätzung des Wertes des Kinotonbildes gelangen können. C. Dar einer Stagnation unserer FilmhersteUung ? Seit nunmehr fast zwei Jahren will das Gerücht von einer Filmkrise nicht mehr verstummen. Zu nächst meinte man in der Hauptsache eine Fabri¬ kationskrise; es war damals die Zeit, als die ersten ausländischen Erzeugnisse zu uns hereinkemmen sollten, und man fürchtete einerseits, daß die fremden Filme die einheimischen in unseren Theatern ver¬ drängen würden, und andererseits ließ es sich damals noch nicht absehen, ob der deutsche Film auf dem Weltmarkt festen Fuß fassen würde. Diese Sorgen haben sich glücklicherweise als grundlos erwiesen. Die importierten Filme waren ihrer Qualität nach nur ganz selten den einheimischen Erzeugnissen überlegen; höchstens das Neuartige daran lockte, und was unseren Filmexport anbetrifft, so können wir jetzt auf Erfolge zurückblicken. von denen wir uns noch vor zwei Jahren nichts hätten träumen lassen. Die sogenannte Filmkrise ist heute an ganz anderer Stelle zu suchen, nämlich bei den Verleihern und den Theaterbesitzern. LHe ungeahnte Entwertung unseres Geldes hat die FilmhersteUung, wie ja genugsam be kaunt, so enorm verteuert, daß die Eintrittspreise ein fach mit dem Emporschnellen der Herstellungspreise für die Filme nicht mehr Schritt halten konnten. Vor allem machen es auch die sinnlos hohen Lustbarkeits- steueru zur glatten Unmöglichkeit, durch Erhöhung der Eintrittspreise so viel bereinzubekommen, wie die Film Verteuerung beträgt. Es ist kein Geheimnis, daß die Eintrittsgelder unserer Lichtspielhäuser, au den heutigen Unkosten gemessen, viel zu niedrig sind; dennoch wagt man es einfach kaum noeh sie zu erhöhen. Einmal hat die Kaufkraft weiter Kreise des Publikums, deren Ein¬ kommen nicht mit der jetzigen Teuerungswelle Schritt gehalten hat, bedeutend nachgelassen, sodann will man auch ohnedies ziemlich allgemein eine gewisse Kino¬ müdigkeit des Publikums bemerkt haben. Wenn es tatsächlich zutrifft, daß das Sinken der Besuchsziffern nicht allein auf das Sinken der Kaufkraft des Pu hlikums zurückzuführen ist. sondern auf eine allgemein'- Kinomüdigkeit, dann wird es hohe Zeit, unsere Film fabrikanten darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich mit der Art ihrer Erzeugnisse nicht auf dem richtigen Wege befinden. Eine Kiiiomüdigkeit ist letzten End--' nur dadurch zu erklären, daß das Publikum in den Lichtspielhäusern nicht das gefunden hat, was es er wartete, mit anderen Worten, daß unsere Filme großen teils nichts taugen; denn schließlich und endlich er füllt selbst der künstlerisch hochstehendste Film seinen Zweck nicht, wenn das Publikum Bich da bei langweilt. In ihrer letzten Konsequenz bedeutet aber Kiim müdigkeit nichts anderes, als Verminderung der Zahl unserer Theater und damit Stagnation des Inland marktes und darüber hinaus unserer gesamten Film fabrikation. Bei Licht betrachtet, kanu es eigentlich auch gar nicht überraschen, daß es einmal dahin kommen muß, denn wenn wir ehrlich sein wollen, ■*> müssen wir zugeben, daß die Masse unserer Durch Schnittsproduktion zum Schema erstarrt ist. Da-' Schlimmste dabei ist aber, daß man sich bei der Wahl dieses Schemas vergrifffen hat. Hier scheint mir das Grundübel zu liegen, hier einzig und allein Am Beispiel Amerikas möchte ich das einm*! klar zu machen suchen. Nirgends in der Welt erfreut sich der Film in den weitesten Kreisen der Bevölkerung einer so ungeheuren Beliebtheit wie in den Vereinigt « 11 Staaten. Woran liegt das? Die Sache ist höchst ein fach. Der Amerikauet findet eben in seinem Licht spielhaus das, was er sucht. Diese amerikanischen Filme sind ganz unvergleichlich auf die Psyche ihr « 5 Publikums abgestimmt. Das ist das ganze Geheim »! 5 Wir lächeln gern über die Naivität der Handlung dieser amerikanischen Erzeugnisse und bedonken gar nicht daß sich darin die im Grunde naive Denkungsart d « 5 Amerikaners widerspiegelt. Wir fühlen uns himtn» hoch erhaben über den „Unsinn" eines typisch«* amerikanischen Sensationsfilms und werden uns dess« 6