Der Kinematograph (May 1922)

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No. 797 Der Kinematograph — Düsseldorf NIEDERLAGEN: 4 2i«9 Rheinische Film - CescllscliBli m. n. H. Rbt.: KINOBEDftRF KÖLN am Rhein. DUsseldore. GlodtmtfatM l« oraf-Adoll-Str. 2 » KOBLENZ, metfrlchstr. 26 (n. rursi) Nutzen bringen und die deutsche Filmindustrie vor geistigem Diebstahl bewahren. Auch über die Zensur ließe sich wieder so manch kritisches Wort sagen. Davon ein andermal. Heute sei nur auf einen sehr erfreulichen Beschluß der Straf kammer Stuttgart hingewiesen. Es handelte sich um den Moest-Film „Das Frauenhaus von Brescia". Gegen diesen Film ist ja von verschiedenen Seiten ein Feldzug eröffnet worden, und noch in der letztstatt gehabten Versammlung der Beisitzer der Filmprüfstelle und der Oberprüfstelle Berliu hat der Leiter der Ober¬ prüfstelle Berlin, Herr Oberregierungsrat Dr. Carl Bulcke, gewaltige Töne gegen diesen nach seiner An sicht unsittlichen Film geredet. Nun hat die Staats anwaltschaft Stuttgart Anklage erhoben, die verlangte, daß der Film eingezogen und der Theaterbesitzer wegen Vorführung des Films in den Anklagezustand gesetzt werden sollte. Die Anklage gegen den Theaterbesitzer begründete die Staatsanwaltschaft mit Paragraph 184 des Strafgesetzbuches. Dieser Paragraph lautet: „Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. unzüchtige Schriften. Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, verteilt, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder an schlägt oder sonst verbreitet, wie zum Zwecke der Verbreitung herstellt, oder zu demselben Zweck vor¬ rätig hält, ankündigt oder aupreist; 2. unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Per son unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder an bietet : 3. Gegenstände, die zum unzüchtigen Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum zu¬ gänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist; 4. öffentliche An¬ kündigungen erläßt, welche dazu bestimmt sind, un¬ züchtigen Verkehr herbeizuführen. Neben der Ge¬ fängnisstrafe kann auch Verlust der bürgerlichen Ehren rechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht er¬ kannt werden.' Zum Glück hat die Strafkammer Stutt gart sowohl den Film als auch den Theaterbesitzer außer Verfolgung gesetzt. Man sollte aunehmen, daß nunmehr endlich die Hetze gegen diesen Kunstfilm auf hört. Jedoch hat man allen Grund, daran zu zweifeln l»ei der herrscheudeu Sucht gewisser Kreise, die für sich das Recht in Anspruch nehmen, Zucht und Sitte. Moral und Kultur gepachtet zu haben. Daß die Rp gierung noch immei gegen diese Hetzer Milde walten läßt, ist unverständlich; aber wie soll man sich darüber wuudent, wenn es möglich ist, daß der Oberhüter deut scher Moral, der Oberschützer deutscher Sittlichkeit, Herr Professor Brunner, noch immer in Amt und Wür den ist. Herr Professor Brunner ist noch ltegierungs rat im Ministerium für Volks Wohlfahrt und bearbeitet dort nach Aussage eines verantwortlichen Herrn des Kultusministeriums einzelne Angelegenheiten der Ju¬ gendpflege. Er ist im übrigen, wie ebenfalls der Ver¬ treter des Kultusministers erklärte, im Polizeipräsidium Berlin „beschäftigt mit der Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild“. In seinem Kampf gegen Verbrei tung von Schmutz in Wort und Bild — es wird nie manden geben, der wirklichen Schmutz in Wort und Bild befürwortet — hat Herr Professor Brunner jedoch gezeigt, daß er keine Grenze zu ziehen weiß, und er hat vor Gericht und in der Oeffentlichkeit sich und damit die Behörde, für die er arbeitet, so blamiert und bloßgestellt, daß man doch eigentlich gern die Gründe erfahren möchte, weshalb Herr Professor Brunner noch auf diesem Posten ist. Wenn nämlich ein Angestellter den Anforderungen, den ein Posten an ihn stellt, nicht entspricht, kann er entlasset* werden. Der Schlichtungsausschuß Groß-Berlin hat ein dahin gehendes Urteil gefällt. Einem Angestellten war ge¬ kündigt worden, die Kündigung wurde durch Klage beim Sehlichtungsausschuß Groß - Berlin angefochten. und zwar mit der Begründung, daß die Kündigung eine unbillige Härte darstelle und nicht durch die Verhält nisse des Betriebes bedingt sei. Die Verhandlung fand unter Vorsitz des Vorführers, Herrn Wutke. und unter Mitwirkung der Herren Dr. Friedmann, Theaterbesitzei Zoch und Filmfabrikant Treumann als Arbeitgeber - — und Wutke, Grasemann und Aven als Arbeitnehmer beisitzer statt. Die Begründung der Klageah Weisung lautet: „Die auf § 84, Ziffer 4 des Betriebsrätegesetze¬ gestützte Klage ist zwar frist- und formgerecht erhoben, dein Klageanträge konnte jedoch nicht stattgegeben weiden, weil die Voraussetzungen des § 84. Ziffer 4 des Betriebsrätegesetzes nicht gegeben sind. Die Be klagte hat die Kündigung gegenüber dem Kläger aus gesprochen, weil er ihrer Auffassung nach den An¬ forderungen des Postens nicht entsprochen hat, den der Kläger auszufüllen übernommen hatte. Der K'ägcr hat seinerseits zugegeben, daß er den besonderen An forderungen dieses Postens nicht gewachsen war, in den nach und nach sich einarbeiten zu können, er allerdings geglaubt hat. Bei dieser Sachlage hat die Kammer der Erhebung der angebotenen Beweise über .Unfähigkeit oder Fähigkeit des Klägers zur Erfüllung dieses speziellen Postens für entbehrlich erachtet. Die Kammer verkennt keineswegs, daß die Kündigung eine Härte für den Kläger bedeutet, der auf Grund von nachher unerfüllten Hoffnungen nicht nur seiner selbst, sondern auch der Beklagten aus gesicherter Stellung heraus gerissen worden ist. Die Kammer stellt auch ausdrück lieh fest, daß die persönlichen und kaufmännischen Qualitäten des Klägers weder von der Beklagten, noch durch die Verhandlung irgendwie in Zweifel gezogen worden sind. Die Kammer vermochte jedoch nicht fest-