Der Kinematograph (October 1922)

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Nr. 815 Der Ktnematograph — Düsseldorf. wie es unter Berücksichtigung der Geldentwertung im Vor¬ jahr erzielt worden ist, wiedeizubekommen, sondern darüber hinaus die Steuereinnahmen nicht bloß zahlenmäßig, sondern auch nach ihrem inneren Wert gemessen, zu steigern. Es sei zu diesen» Zweck auf die Gewerbesteuer hingewiesen, wo trotz der zahlenmäßig stark gewachsenen Ertrüge und des damit bedingten höheren Steueraufkommens eine Ver¬ doppelung der Zuschläge vorgenomn en worden ist. Es liegt kein Anlaß vor, bei den Vergnügungsunternehmungen anders zu verfahren und eine Nteu« rermäßigung zu ge¬ währen.“ Also sprach der weis«- Magistrat der Reichshauptstadt Berlin. Es sei bemerkt, «laß er seinen Standpunkt trotz seiner Weisheit hat verlassen müssen. denn der von «1er Stadtverordnetenversammlung eingesetzte Ausschuß zur Be¬ ratung «ler Novelle zur Vergnügungssteuerordnung hat sich «len Argumenten «ler Lichtspieltheaterbesitzer nicht ver¬ schließen können und hat die Steuersatz«- «l«*s Magistrats geändert. Nach dieser Armierung lauteten die Steuersätze: bis ausschließlich 3 Mark 10 Prozent, I is 5 Mark 15 Prozent, bis 10 Mark 20 Prozent, bis 20 Mark 25 Prozent, bis 30 Mark 30 Prozent, bis 40 Mark 35 Prozent, bis 50 Mark 40 Prozent, der Höchstsatz von 50 Prozent soll erst b«-i einem Eintritts¬ preis von 60 Mark in Erscheinung treten. Um aber den damit verbünde-neu Ausfall an Steuern wieder um etwas auszugleichen, wurde auf Eintrittspreise von 100 Mark und mehr ein Steuersatz von 'Mi Prozent festgesetzt. Trotzdem halten «lie Lichtspieltheaterbesitzer den Streik aufrecht, denn mit Recht sagen si«-, «laß sie von dem Berliner Magistrat «lasselbt- Entgegenkommen verlangen können, «las andere Stadtverwaltungen bezeugt haben. München z. B. hält den Höchst Steuersatz von 30 Prozent für angemessen. Wie sehr die durch «las Vorgehen des Berliner Magistrats ge schaffene Lage «les Berliner Lichtspielgewerbes vom Pu blikum verstanden wird, davon zeugen «lie verschiedensten Zustimmungen. Durchweg winl «ler Empörung Ausdruck gegeben üln-r «las Vorgehen «les Magistrats, «las eines der wichtigsten Unterhaltung«mittel dem Publikum rauht. Es «larf nicht vergessen werden, daß «las Kino nicht nur eine Vergnügungsstätte, sondern eine Unterhaltung«- und Bc- lehrungsstätte ist. Deutschland besitzt heute 3780 Licht¬ spieltheater, wovon auf Berlin fast 10 Prozent fallen. In Hamburg und in anderen Städten streiken die Lichtspiel¬ theaterbesitzer schon mehrere Wochen. In Deutschland gehen die Kinos 60 OOO Menschen Verdienstmöglichkeit. Auch hiervon «lürfte für Berlin ein sehr großer Prozentsatz abfallcn. Alle «liest* sind im Augenblick brotlos. Die Kurz¬ sichtigkeit des Berlini*r Magistrats ist einfach unverständlich. Aus den Kassen der Lichtspieltheater Pießon «lein Berliner Stadtsäckel täglich zwei Millionen an Steuern zu. Wenn nur einen .Monat «iii- Schließung der Berliner Lichtspiel¬ theater ar.dauert, so bedeutet «las für «lie Berliner Stadt - Verwaltung einen Ausfall von 60 Millionen, «lazu kommt, daß 6000 1>rotlos gewotdene Menschen als Arbeitslose «ler Sta«lt zur I>ast fallen. Wie gedenkt «ler Magistrat iliesen Verlust zu decken ? E.- ist unverständlich, «laß die Bürger¬ schaft «>s sich gefallen läßt, «laß so mit dem Geld uingegangen wird. Man spricht schon von großen öffentlichen Protest- Versammlungen. Die Lichtspieltheaterbesitzer stehen ni«-W etwa auf dein Stamlpunkt, eine besondere Wurst gebrat.-r zu erhalten. Sie verlangen. un«l das darf ihnen kein Mensel verargen, daß ihr Geschäft soviel abwirft, um einiger maller existieren zu können. Die Existenzmöglichkeit aber ist ihtu-t durch das Vorgehen «les Berliner Magistrats genommen Die Verantwortung, die «ler Magistrat auf sich geladen hat ist ungeheuer groß. Es ist statistisch fi-stgestellt. daß, seit dem «las Kino Volksunti-rhaltungsstättc geworden ist, «-in» Abwanderung von «ler Kneipe und Budike stattgefuinl.-i hat. Heute ist das Kiim nicht mehr das Theater «les klein.t Mannes, sondern auch «ler Gebildete un«l Wirtschaft liel Starke verbringt gern «lie Abende im Kino. Nun, wo di« Lichtspieltheater ihre Pforten geschlossen haben, bleibt da« Publikum nicht etwa zu Hause, sondern «-s lx*völk«-rt >lk Gast wirtschaften. Sowohl am P«»tsdamer Platz wi«* au. b in «ler Fried riehst raße mußten Kaffeehäuser wegen Uelx-r füllung zeitweilig geschlossen werden. Wie muß es erst in «leu kleinen Wirtschaften bei Bi«-r und Branntwein in «len Aiißenbt-zirken Berlins am Abend aussehen! Muß da nicht «len Herren vom Magistrat das Gewissen schlagen ? IW Berliner Theater besitze r haben aus allen Gauen Deutsib lan«l Sympathiekundgebungen erhalten. "Ja, einige Städte «larunter Leipzig, wollen sogar in einen Sympathiestml für Berlin eintreteii. So erfreulich und erhebend «las and ist, so b«*dauerlieh erscheint es, daß «rst «lureh solche Mitte «ler Berliner Magistrat gezwungen werden «lürfte, sein m verständliches Verhalten zu ändern I)i>r Thea terbesi tat hat sich nicht auf «las hohe Pferd zu setzen, er hat bi-hu immer, wenn auch mit Murren, je«l«- Steuererhöhung gezahlt Vielleicht wäre «*s besser gewesen, wenn «ler Protest s.l.a viel früher eingesetzt hätte. Nicht ausgeschlossen, daß . lar* «len Herren vom Berliner Magistrat die Augen früher geöitnft worden wären. Es ist wohl zu verstehen, «laß «lie So «ler Stadt Berlin seinem Magistrat schlaflose Nächte* mac Wenn die Herren nicht Mitu*l und Wege finden kön Steuern aufzubringen, ohne ganze Kategorien von St« ur Zahlern ins Verderben zu stürzen, dann sollen sie ihre T itf keit lieber Männern überlassen, die besser «lazu imst et* sind. Die .Schließung «ler Kinos hat ab«*r instjfern «las Gut« daß endlich einmal mit dem Märchen aufgeräumt wird. <h Filmindustrie und all«*s was mit ihr zusammenhaitf- schwimme in Geld. Wodurch diese Märchen entstanden >i» «las einzelne Li*utc der In«lustrie «lureh ihr Gebart*» <1^ beigetragen haben, soll hier jetzt im Augenblick nicht W handelt werden. Es bliebe noch die Frage offen, in»*' weit Kinogegner mit am Werke sind, das Lie h tspielge«f* zu ruinieren. Wir hoffen zuversichtlich, daß sich der Berlin* Magistrat nieht die Ansichten des Halberstädter Oberhaupt* zu eigen macht. Immerhin: alles was mit «lern Film zu t* hat, soll sich doch einmal die Mänic-r ansehen, die si* berufen glauben, eine ganze Berufsklasse dem VertlerM auszusetzen. In al'^r Oeffentlichkeit muß «ler Bt-rli« 1 Magistrat Rede und Antwort stehen, aus welchen Griiiub* er den berechtigten Wünschen der Kinoindustrie nicht in** kommt. All«- ab«*r, die mit zum Bau gehören, sollen geschlossen und entschlossen hinter die Berliner Lichtsp#* theaterbesitzer wie ein Mann stellen. Kind und Film. K ind und Film! Diese zwei Worte umschließen ein Sündenregister. Ein künstlerisches und ein moralisches. Aber die Bindung Kind und Lieht - spiel könnte sehr wohl etwas Schönes, Reines, künstlerisch Harmonisches, ethisch Unbedenkliches sein, wollte man sich an gewissen amerikanischen Vorbildern ein Beispiel nehmen. Im Verleih der I) e u 1 i g sind ein paar Kinderfilme der G o 1 d w i n - Produktion er¬ schienen; etliche davon hat man gelegentlich hei BjJ liner Premieren in den l'raufführungstheatern geseWJ und au diese Kinder-Goldwynfilme knüpft di«* Uh'*' suchung über die Werte, die Grenzen und die sp<* fischen Reize des Films, in dem das Kind Träg er Hauptrollen und Mittelpunkt der Begebenheiten 1 am besten an. 'Sooft ü: der. deutschen Filmen Kinder cr.-cheinn