Der Kinematograph (March 1923)

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No. 837 Der KInematograph — Düsseldorf. Vom Wert und Wesen unserer Industrie — an deren Freunde. (Geleitwort aus der Festschrill des rheiniseh-westfälischen Filtiu-lubs. Düsseldorf. 28. 2. 1923.) ie meisten von uns. die heute den Jahresball des Trheinisch-westfälischen Filmklubs festlich begehen, ' erlebten in ihren frühen Jugendtagen die Geburts¬ stunde des beweglichen Bildes, das «lern Lichte <Ur Jupiterlampe und damit »lern roni aitesqucn Spiel der weißen Wand vor kaum einer Generation geschenkt wanl. (Nebenbei die Selbstverständlichkeit, daß unsere liebholde Damenwelt, ewig jungfrischen Reizes voll, eo ipso die respektiven kohleblinkenden oder veilchenblauen Sphinx- und Maieiiäuglein natürlich später als das Zyklopenauge des doch immerhin schon seit mehr als dreißig Jahre strah¬ lenden kinematographischen Objektivs geöffnet hat . . .) Und so wurden wir beneidenswerte Zeugen, wie das schwanke Reis dieser Erfindung’ der neunziger Jahn*, gar bös mitgenommen vom ablehnenden Hohne der Immer- bt sserwisser, übel zerzaust von mokanter Blasiertheit sich erhaben dünkender Intellektueller, vollsaftig Wurzel faßte im mütterlichen Bot len des Volkes, erstarkte im Sonnenlicht hingebungsvoller Pioniere und Paladine, seine stämmigen A< ste reckte nach «lern blau lockenden Himmel der Kunst mit seinem dichten Laubgewinde, den alt klassischen Riesen der Sprechbühne in den Schatten des Vergessenwertlens einsargte und nun — weltbeherrschend-verfeinerter Kultur und neuzeitlicher Zivilisation bevorzugter Träger und Ver¬ breiter — in gigantischem Ausmaß alles Leben in sein zwei- limensionak-s Wesen einbezieht. Um dt s Lichtspiels sieghaft rauschende Fahne scharen sich heute die meist maßgeblichen Künstler beider Hemi- sphänn; ihre Stirnen umbrämt der leuchtende Sehen un¬ verbrüchlichen Dankes aller Völker, die ihr Schicksal, ihr wonncHjmt s und leidbeschwertes Erdendasein durch der Film mimen aus innerstem Herzblut naturwahr hervor- breeln nde Kunstkraft gestaltet wissen. Um diese darstelle¬ rischen Bekenner des neuen Glaubens arbeiten hingebungs¬ voll > ie Fabulicrer und Märehenfinder unserer Zeit, deren papierene Träume das Lichtbild verwirklicht; mühen sieh kunstbegeisterte Regisseur-, Maler und Architekten, Schrift¬ stellt r und Redner, Wissenschaftler und Gelehrte, Techniker und Photographen. So erwuchs die moderne Film industrie , Mammut- maschine von feinster Präzision, bis ins scheinbar entlegenste Detail gedanklich organisiert, zu rastloser Schwungkraft sanktioniert von den salbenden Händen des internationalen Großkapitals. So auft—baute sich zuvörderst im äußerlich zu Boden geschleuderten Deutschland aus den kreisenden Urkräften kommerzieller Betriebsamkeit, spürnasiger Findig keit, aus dem geschickten Einstellen auf der Millionen Instinkte und Sehnsüchte, das geldlich starke, das kauf¬ männisch rentable und — vor allem — das geistig hoch¬ stehende deutsche Filmschaffen. Diesem festgefügten Bau ein Tragepfeiler zu sein, wanl Aufgabe unseres annoch jungen .,Rheinisch-westfälischen Filmclubs“. Mitstreiter, Freunde und Gönner, bleiben’wir uns bewußt, daß wahre Kunst immer nur herzlichstes Sonderattribut von wenigen ist — daß wir aber die heilige Pflicht haben, mit diesem unserem lauteren, reinen Kultureinpfinden die Erzeugnisse unscier Filmerei zu imprägnieren. Beitrage jeder an seinem Posten, zu seinem Teil, daß die restlose Entschlackung unserer Filmindustrie im Fegefeuer Jder Kritik und des Verbessern wolle ns alles Ungesunde, «Halbreife und Kitschige abstoße und ausmerze. Seien wir Diener dieser großen Idee, Künstler des Lichtes, das unser zwan¬ zigstes Jahrhundert erhellt. Wer wie wir die Tage und die halben Nächte,’ Monate und Jahre hindurch, zu einem einzigen Gewinde der ernsten Arbeit aneinanderfügte, hat nicht nur das unantastbare Recht, sondern auch die moralische Pflicht, einen Abend der heiteren Geselligkeit zu widmen, der frohen Rückschau auf erklommene Höhen, dem andächtigen Ausblick auf die Gipfel, die noch unser und der Ersteigung durch uns jung¬ fräulich harren. In solcher Festesstimmung laßt uns diese sorglosen Stunden begehen, die wir als selten schöne Dufte¬ rosen dem endlosen Bande unseres Schaffens einfügen. Und widmet sich sonst unser Sinnen und Trachten allein der Verlebendigung des Lebens im flüchtigen Spiel auf weißer Wand — richten wir heute unsere verstehenden Blicke auf die schreiende Not der Schattenkinder des Lebens; denken wir voll Ehrfurcht an sie. Noch in unserem lauten Jubel soll ein Unterton des Miterlebens und Miterleidens, des Wissens um unsere All- geschwisterlichkeit leitmotivisch erklingen. . . . Zack. Ein Jahresfest von Rhein und Ruhr. ■ gar vielen Vorbereitungen, nach hundertfältigen || Mühen und nach allüberall ausstrahlenden hin I M gebungsvollen organisatorischen Tätigkeiten der vom Vertrauen ihrer Kollegen gewählten freudig hilfsbereiten Aussc hußmitglieder senkte sich mit dem abend- f licht n Dämmern des letzten Februartages Erfüllung her¬ nieder, ließ in selten schöner Form uns miterleben das Jahresfest der rheinisch-westfälischen Filmindustrie. Hat der Rheinisch-westfälische Film- • olub, t . V., in seinem nun über zweijährigen Bestehen gar manchmal seine Mitglieder und eine Fülle liebwerter Gäste zu prunkvollen Veranstaltungen und zu intimen Reunions in die anheimelnden Räume des Clubheims geladen, wohl nie fand ein derart breit basiertes und nach jeder Richtung bestmöglich gelungenes Filmfest von ähnlich repräsenta¬ tivem Charakter an Rhein und Ruhr statt als dies — über dem scheinbar der Unstern dieser trostlosen Tage beengend niederdrückender Stimmung stand. Ganz abgesehen von der ziffermäßig nicht zu erfassenden Steigerung des Prestiges der gesamten deutschen Filmerei, abgesehen von der Milüonenspende, die den durch des Lebens niedermetzelndes Gehaste zu Boden geworfenen Alten und Gebrechlichen beglückende Labsal ward, abgesehen von den in dieses Abends stimmunggeschwängerten Stunden neu geknüpften Freundschaftsbanden — allemJvoran war der äußere Verlauf des Filmballes ein restlos harmonischer. Nächst der keine Mühe scheuenden Arbeitsamkeit der vor¬ erwähnten Ausschußmitglieder ist es den im Rahmen des 8