Der Kinematograph (May 1923)

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Seite 12 Oer Älncmatogrnpfi Nummer 848 Trotzdem fand der Film außeror« c.itlich gute Auf¬ nahme. „Adam und Et».“ Fabrikat: Gespor-Film-Corporalion, E-crlin. Regie: Friedrich Porges. Manuskript: Friedrich Porges. Hauptrollen: Werner Krauß, Dagny Servacs, Rudolf Förster, Ruth Wegher, Hermann Picha. Photographie: Guido Lceber und Reimar Kuntze. Innenbauten: von Weybrecht und Teil. Länge: 2300 Meter. Uraufführung: Alhambra. Berlin. Das älteste Thema der Welt in neuer Variation: Ein Dichter gerät im Augenblick seines höchsten Erfolgs in Versuchung. Das glückliche Heim mit zärtlich geliebter Frau und Kind auf der einen, die verführerisch schöne Schauspielerin auf der anderen Seite. Er beißt in den Apfel, den ihm die Schlange reicht, weil er Angst hat. in den Lasten der Familie unterzugehen, weil ihm das Leben mit der unbeschwerten schönen Frau als ein Gedicht erscheint. Aber der Blick verfolgt ihn vom ersten Schritt an. „denn Gott verjagte die beiden aus dem Paradiese"... Willensschwach vergiftet er unter dem Zwang eines Chemikers, eines erfolglosen Rivalen, die Geliebte und muß fliehen. Aber das Manöver des Chemikers, der das Gegengift bereit hat, gelingt nicht, und die zum Leben Erwachte folgt dem Dichter. Das Glück dauert nicht lange, es geht mit beiden bergab, die Schauspielerin ist am Kabarett angclangt und betrügt den Freund mit einem Klavierspieler. Der Dichter versucht Selbstmord und ver¬ letzt den Klaviermenschen gefährlich. Aus Rache zeigt die Geliebte den Unglücklichen des Giftmordversuches an. und er muß auf Jahre im Zuchthaus. Das glückliche Ende kommt im zweiten Akt durch einen hübschen Ein¬ fall: ln einer Schaubude, wo der Dichter sein ehemals großes Werk „Adam und Eva" parodiert, begegnet er Ein Spielfilm, auf englisch-amerikanischen Geschmack zugeschnitten. Mit Moral, religiöser Symbolik, viel Abwechslung und gutem Ausgang. Die Darstellung, be¬ sonders Rudolf Förster und Dagny Servacs, ist charakte¬ ristisch gut gewählt und gibt in wesentlichen Spiclszenen viel menschlich Nahes. Porges inszeniert sauber und be¬ weist, vor allem in den zahlreichen Milicubildern, ein sorgfältiges Auge und Verständnis für ein anspruchsvolles Publikum. Der Film, der demnächst in London gespielt wird, fand bei seiner Uraufführung ausgezeichnete Auf¬ nahme. wmmmmmmmmmmmmmmmmmmmKmmmmmmmm .\u6 oettt Ein Streit um die Verfilmung von „Charleys Tante“. Vor dem „High Court of Justice" in London kam, wie uns geschrieben wird, ein Rechtsstreit zur Verhandlung, bei dem es sich um die Verfilmung des Schwankes „Char¬ leys Tante“ — oder, genauer gesagt, um eine unbefugte Verfilmung —, dieses einst auch in Deutschland — zuerst am damaligen Adolf-Ernst-Theater in Berlin — unzählige Male mit großem Erfolge aufgeführten Schwankes han¬ delte. Die Witwe des 1914 verstorbenen Verfassers Walter Brandon-Thomas klagte gegen zwei Filmunter¬ nehmer, Ellis Ellis und Bertram Phillips, auf Schaden¬ ersatz dafür, daß sie ohne ihre Einwilligung den Schwank, an dem ihr alle Rechte durch ihren Gatten testamenta¬ risch hinterlassen wurden, verfilmt hätten, zwar unter einem anderen Namen, aber sonst in getreuester Anleh¬ nung an das Original. Das Gericht schloß sich den Ge¬ sichtspunkten der Frau Brandon-Thomas an und ver¬ urteilte die Beklagten, die Vorführung des Films sofort einzustellcn sowie die Positive und Negative herauszu¬ geben. Die Höhe des Schadenersatzes soll den Gegen¬ stand einer gesonderten Verhandlung bilden Zwischen den Zeilen eines Inserates. In einer Pariser Zeit war dieser Tage folgendes Inserat zu lesen: „Gesucht wird für einen großen historischen Film ein Kind, das dem Dauphin ähnelt. Größe: 1 Meter bis 1,25 Meter. Die Rolle beginnt mit sechs Jahren und endet mit zehn. Es wird ersucht, sich nicht selbst vorzustellen. sondern Photos und persönliche Angaben cinzusenden an Dafavoye, Rue Recamier 79, der eventuell zum Besuch auffordern wird.“ Es handelt sich, wie hieraus zu er¬ sehen ist, um eine Verfilmung des tragischen Schicksals jenes Sohnes Ludwigs XVI. und der Mar e Antoinette, der. der offiziellen Geschichtsschreibung zulolge, als zehn¬ jähriger Knabe (er war am 27. März 1785 geboren) am 8. Juni 1795 im Gefängnis des Temple den dort erduldeten Mißhandlungen erlag. Später tauchten mehrere Personen auf, die sich für den Dauphin ausgaben, und einer, von ihnen, der aus Spandau stammende L hrmachcr Naundorff, wird von einer kleinen Partei immer noch als der legitime „König Ludwig XVII. von Frankreich urd Navarra" an¬ gesehen. Seine in Paris in bescheidenen Verhältnissen lebenden Nachkommen bedienen sich der Prädikate „Prinz" und „Prinzessin von Bourbon" und „Königliche Hoheit" unbeanstandet, da es der Republik nur angenehm sein kann, wenn die Zahl der Thronprätendenten so groß wie möglich ist und Uneinigkeit unter ihnen herrscht. „La Garconne" als Film. Der Pariser Sittenroman — oder Unsitfcnroman — „La Garconne“, der für seinen Verfasser Margueritta die Aberkennung der -Ehrenlegion zur Folge hatte, ist ver¬ filmt und der Film -ist unter dem Titel „The Bachclor's Girl“ — „Das Mädchen als lunggesellc" ausgerechnet — nach England verkauft worden. Darob große Entrüstung bei einem Teil der Fachpresse. Der Londoner „Film Reuter" shreibt z. B. dazu: „Der literarische Wert des Buches ,La Garconne', das Anetoln France laut gepriesen habe, könne außer Betracht bleiben, —- .sicherlich enthält das Buch zahlreiche Stellen, die unmöglich öffentlich im Film gezeigt werden können, aber wenn sie gestrichen werden, was bleibt dann von ,La Garconne’ übrig? Denn das Buch ist, vom Anfang bis zum Ende, voll von krassen sexuellen Szenen. Wenn .The Bachelor s Girl' sich als eine ganz harmlose Bearbeitung der zahmeren Teile des Buches herausstellt und alle Perversitäten der Heldin fort¬ gelassen sind, so schädigen dennoch die Vorführer dieses Films das Kino in unerem Lande in ungeheurem Maße, indem sie sich eines Werkes annehmen, das sogar in Frankreich als ganz ungeeignet zu öffentlicher Darstellung angesehen wird."