We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.
Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.
Seite 6 ©tt falsch und kurzsichtig bezeichnet. Die P-axis zeigt, daß wir recht behalten haben. Die Eroberung Deutschands ist schon zu einem Teil voll¬ zogen. Darum sollte man versuchen, Gegeneroberungen zu machen durch praktische Arbeit, nicht aber durch ge¬ setzgeberische Maßnahmen, die zwecklos und unwirk¬ sam sind. Kein großes Filmland der Welt hat E nfuhrbeschrän- kungen und trotzdem wird nur ein geringe S Bruchteil der deutschen Erzeugnisse im Ausland abgesetzt. intOgmpft Nummer 851 Wir haben die Kontingentierung, aber die Filmeroberung Deutschlands gelingt den Amerikanern und Italienern in täglich steigendem Maße. Die Praxis widerlegt die Theorie. Wir sind auf falschem Weg. Es muß anders werden. Es gibt noch einige Mög¬ lichkeiten, aber nur noch kurze Zeit. Auslandbeziehungen anbahnen. Auslandvertrieb orga¬ nisieren. Wir werden versuchen, daran praktisch mitzu¬ wirken. Doch davon in nächster Nummer. Rheinischer Brief M an sollte es eigentlich kaum glauben, tber es ist Tat¬ sache: Je mehr der Druck der Franzosen und Belgier zunimmt, desto unternehmungslustiger werden die Rhein¬ länder. Der Plan des Reichs-Filmvereins, der einen Reichs- Filmverleih gründen soll, nimmt wieder greifbarere Formen an. Die Väter des Planes sind die gleichen Herren, die sich durch den Erwerb eines namhaften Aktienpaketes auf die Firma Bruckmann & Co. starken Einfluß gesichert haben. Die Mitwirkung der Theaterbesitzer innerhalb dieser Firma erfolgt in erster Linie beim Einkauf. Man hat eine sogenannte Bestimmungs-Kommission, der die Herren Assauer (Dortmund), Daniel (Wanne) und Finken (Duis¬ burg) angehören. Die beiden ersten gehören zu den ältesten und routiniertesten Fachleuten und besitzen Theater, die, am Spielplan gemessen, für die meisten Licht¬ spielhäuser des Bezirks als Maßstab dienen können. Herr Finken in Duisburg, der gleichzeitig Verleger des .Duisburger General-Anzeigers" ist, ist zwar, an den Jahren gerechnet, noch jung in der Filmindustrie. Aber er hat sich so gut cingearbeitct. daß man ihn nicht nur zum Vorsitzenden des Rheinisch-Westfälischen Verbandes wählte, sondern in kluger Erkenntnis seiner Fähigkeiten auch auf seine Mitarbeit innerhalb dieses Theaterbesiizer- Verleihs Wert legte. Die drei Herren stehen auch an der Spitze dieser neuen Rcichsgründung, die nach zuverlässiger Information reg¬ stes Interesse findet und, wenn nicht alles trügt, bald in die Tat umgesetzt werden soll. Wir möchten Einzelheiten heute nicht veröffentlichen, um schwebende Verhandlungen nicht zu stören. Inzwischen haben die Leiter des „Asta Nielsen- Theaters" in Düsseldorf, Paul Kempkes und Richard Barth, unter dem Namen „Kismet-Film G. m. b. H." einen Verleih gegründet, der in Düsseldorf domiziliert und gleich mit sechzig amerikanischen, italienischen und deutschen Filmen an die Kollegen herantritt. Die eigentliche fachliche Lei¬ tung des Betriebes liegt in den Händen Robert Martins, der zuerst die „Westdeutsche Filmgesellschaft" mit be¬ gründete, sich dann als „Martins Film-Haus" selbständig machte und schließlich, nachdem Dentler sein Geschäft ge¬ kauft hatte, eine Zeitlang Leiter der rheinischen Filiale dieses Konzerns blieb. Robert Martin sickerte sich als Vertreter für den Außen¬ dienst Hern Naegei, der schon jahrelang im Bezirk tätig und ebenso populär wie beliebt ist. Die Beteiligung der Herren Barth und Kempkes ist rein kapitalistischer Natur. Es ist absolut nicht gesagt, daß alle Kismet-Filme in den Asta Nielsen-Lichtspielen zur Urauf¬ führung gelangen müssen, aber es ist selbstverständlich, daß für das Herausbringen der Bilder auf der anderen Seite die Verbindung mit dem gutgehenden Düsseldorfer Theater von größtem Wert ist. Man hat im Rheinland für italienische und ameri¬ kanische Filme stärkstes Interesse, aber man wendet sich scharf gegen französische Filme und gegen den Film- schmuggcl, der von gewissen Leuten immer noch im großen Stil versucht wird. Die Behörden arbeiten mit den Kinoleuten Hand in Hand und sind jetzt energischer als vor der Besetzung, wo man aus Gründen, die hier nicht erörtert werden sollen, manchmal drei gerade sein ließ. In Bochum hat die deutsche Behörde den Film „Dragt, die Hcldenprinzessin" beschlagnahmt. Selbst ein Appell an die französische Behörde war erfolglos. In Mülheim wurde ein französischer Film „Die Säuferin" während des Laufens vor einem Teil des Publikums von der Trommel geholt. Allerdings geschieht nach dieser Richtung hin auch manchmal des Guten zu viel. Das Publikum lehnt deutsche, italienische oder amerikanische Filme ab, nur weil sie zweisprachige Titel haben, etwas, was im be¬ setzten Gebiet zwangläufig geschehen muß, und worauf darum : n dem unbesetzten rheinischen Gebiet vom Publi¬ kum etwas mehr Rücksicht genommen werden könnte. Über dies Problem wird demnächst noch ausführlich zu sprechen sein. Interessieren wird dann auch noch die Tatsache, daß der Theaterbesitzer' Philipp Neuß in Mülheim die „Kammer¬ lichtspiele" in Bochum übernommen hat. Das ist das vierte Theater, das jetzt unter der Kontrolle des rührigen und tüchtigen Mannes steht. Die Diskussionen über die Stellung der Rheinländer zum Reichsverband dauern weiter an. Es kann natürlich gar keine Rede davon sein, daß man hier denjenigen, die damals das Sonderabkommen mit den Verleihern schlossen, irgendwelche Vorwürfe macht. Was die Herren erreicht haben, kann sich jeder einzelne zahlen¬ mäßig genau aufrechnen. Ob der Reichsverband in der Lage gewesen wäre, dieselben Vorteile für die Rheinländer zu erzielen, ist eine offene Frage, aber so, «ie die Spitzen¬ organisationen jetzt miteinander stehen, kann man eher zu einer Verneinung wie zu einer Bejahung kommen. Es handelt sich bei uns nicht etwa um eine persönliche Animosität gegen den einen oder anderen Führer. Wir er¬ kennen die Verdienste des Herrn Scheer zum Beispiel für das Allgemeinwohl vollständig an, aber wir müssen uns klar darüber werden, ob die finanzielle Belastung, die die Zugehörigkeit zum Reichsverband mit sich bringt, gerade von uns im besetzten Gebiet getragen werden kann. Die Anregung, die in der letzten Nummer des „Kine- matograph" nach dieser Richtung hin von der Berliner Redaktion gegeben wurde, findet hier viel Beachtung und wird auch sicher in den kommenden Verhandlungen eine Rolle spielen. Aber letzten Endes kann die ganze Ange¬ legenheit nicht durch öffentliche Diskussionen geklärt werden, sondern nur durch interne Verhandlungen. Je weniger pro und contra geschrieben wird, desto leichter läßt sich die Geschichte vielleicht einrenken. Das geht aber nur, wenn der Reichsverband in seinem eigenen Organ dieselbe Taktik einschlägt und nicht mehr oder weniger künstlich herbeigeführte Äußerungen eines ein¬ zelnen als rheinische Allgemeinansicht zum besten gibt.