Der Kinematograph (June 1923)

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Seite 10 Oer Älncmctogrnpft Nummer 851 daß es das Publikum jenseits des Ozeans anscheinend gar nicht mehr so tragisch nimmt mit Moral und Deli¬ katesse. die man drüben immer von deutschen Filmen verlangt. Damen der halben und ganzen Welt gehen meterweise nur mit einem gewagten Kopfputz und einem Lächeln be¬ gleitet über die Leinewand. Auch wird ausgiebig geküßt. Allerdings ist es nur die schlimme Frau, d e so gezeigt wird, und die beinahe ein schlechtes Ende nimmt. Natür¬ lich nur beinahe. Denn es ist ja ein amerikanisches Bild. Und so begeht diese wuschelköpfige. halbnackte Tänzerin zum Schluß, „ja ganz zum Schluß", noch schnell etwas Gutes. Das Publikum darf Zusehen, wie ihr „nach des Lebens Stürmen" dennoch eine gesicherte Zukunft, ja sogar etwas Kindersegen blüht. Ihr Gegensatz ist eine furchtbar edle Frau eines schurkischen Tanzdielenbesitzers Sie baut Kinderhospitäler und kriegt dann zur Belohnung auch den Mann, den sie schon lange liebt. Na also! Die tradi¬ tionelle ..Kriegerei" sieht sich in diesem F'lm etwas zu forciert an. Zu deutlich hört man: „Ladies and Gcnt- lemen. fürchtet euch nicht, es wird alles gut . . . genau so wie im Leben . . . nicht wahr?” Gute Photos sind zu sehen, die die Stimmung vorzüg¬ lich treffen. Gut ist auch die Darstellung. Besonders Max Murray in der Gerichtsszene, in der sie zu beweisen hat, sie allein, ihre Gefallsucht, Eitelkeit, Oberflächlich¬ keit und Koketterie haben den des Mordes angeklagten Gatten zu dieser „furchtbaren" Tat gezwungen, ist aus¬ gezeichnet. Schade, daß der Film so unter schleppendem Regietempo leidet und daher keine rechte Spannung er¬ wecken kann. Eine interessante Deuligwoche, die aktuelle Bilder vom Tege und neue Hutmoden zeigte, sowie ein lustiger Fatty- film leiteten den Abend ein. Fdo. „Die Sektmieze." Fabrikat: Paul Hcidemann-Film-Gesellschaft (Landlicht- Verleih). Manuskript: Otto Treptow und Eugen Hollstein. Münchener Der Münchener Wirtschaftsverband der Filmindustrie war langsam und sicher zu wachsender Bedeutungslosig¬ keit herabgesunken. Wenn wir trotzdem seiner Vor¬ standswahl — über die am 12. d. M. die Entscheidung fällt — Bedeutung beimessen, so geschieht das, weil sich die Glashausnot für die Münchener Produktion zur Exi¬ stenzfrage auszuwachsen beginnt. Gerade die Giashausfrage läßt es im höchsten Maße be¬ denklich erscheinen, der Emelka die Führung zu überlassen die ihr an sich als der größten Firma zu gebühren scheint und die ihr von anderer Seite bereits zugebilligt wurde. Für die Emelka existiert diese Frage nicht. Sie be¬ findet sich durch Besitz der beiden vollkommensten An¬ lagen fast in Monopolstellung. Die Preispolitik bei der Vermietung sowie ausgedehntere Eigenproduktion macht die Benutzung für die übrige Industrie fast illusorisch. Das Grünwalder Atelier ist für je 100 Tage an F-rraolieff und Stuart Webbs belegt, bleibt also nur ein Drittel des Jahres frei. Das Nymphenburger Atelier wird auch nach Herausnahme einiger Säulen und anderer Erweiterung beschränkt bleiben, vor allem aber wird es wahrschein¬ lich für die Produktion des durch Konsul Simader vor¬ bereiteten neuen Konzerns vertikaler und horizontaler Richtung bald stärker in Anspruch genommen werden. Dadurch sieht sich die mittlere Produktion auf kleinste, unvollkommene Ateliers verwiesen und in den Produk- Regie: Eugen Hollstein Architektur: W. Ostermann. Photographie: W. Briesemann. Uraufführung: Apollo-Theater, Leipzig. Der zweite Teil des Filmzyklus „Raffinierte Frauen". Er steht inhaltlich mit dem ersten in keiner Verbindung. Das Manuskript ist recht geschickt bearbeitet und ge¬ winnt im übrigen dadurch, daß cs leicht ins Kriminelle geht. Erfreulich ist, daß Verfasser und Regisseur all die Geschmacklosigkeiten mieden, die man heute gerade im Gesellschaftsfilm immer wieder findet. Die Handlung ist nicht neu, sie zeichnet sich aber durch eine sichere und originelle Bearbeitung aus. Die Handlung läßt uns die Geschichte einer Abenteu¬ rerin erleben, der ..Sektmieze", die der Zufall auf Schloß Rantzow führt. Ihr kokettes Wesen lenkt das Interesse des Herrn des Hauses auf sie, und schließlich verbinden die beiden unerlaubte Beziehungen. Ein abgewiesener Liebhaber der Hochstaplerin, der in dem alten Rantzow einen erfolgreichen Nebenbuhler sieht, vernichtet durch Brandstiftung die wertvollen Getreidebestände des Rant- zowschen Gutes. Der Täter wird festgestellt, bei seiner Vernehmung wird man auf Wanda Tormellen aufmerksam, und schließlich wird festgestellt, daß sie in VC irklichkci’ die seit langem gesuchte „Sektmieze" ist. Ihr Versuch, mit dem Sohn der Rantzows ins Ausland zu fliehen, mi߬ glückt, und sie entgeht ihrer Verhaftung durch den frei¬ willigen Tod. Man sieht, ein ausgesprochener Stoff fürs Publikum, der natürlich keinesfalls auf eine künstlerische Bewertung Anspruch erheben darf. Das Ganze ist sauber und ge¬ schickt inszeniert. Die Darstellung ist einwandfrei, er¬ hebt sich aber nirgends über die bei Filmen dieser Art gewohnte Linie. Esther Carena gibt die Hauptrolle. Von den weiteren Mitwirkenden seien Trude Singer, Heinrich Marlow und Karl Heinz Klubcrtanz erwähnt. Zusammengefaßt: ein guter Unterhaltungsfilm, der nicht nur in der Provinz, sondern auch in der Großstadt Beifall finden dürfte. Neuigkeiten tionsplänen weitestgehend beengt. Ebenso verringert sich die Möglichkeit auswärtiger Firmen, m München drehen zu lassen, was für die am Film interessierten Kreise, Techniker wie Künstler in gleicher Weise trifft. Es liegt also im Interesse der gesamten mittleren Pro¬ duktionsfirmen — sie bilden in München weitaus die Mehrzahl — die Führung des Wirtschaftsverbandes einem Manne des allgemeinen Vertrauens außerhalb der Emelka zu übertragen, der auch imstande sein wird, diese ent¬ scheidende Frage zur Lösung zu bringen. Für andere Fragen liegen die Dinge ähnlich. Die einzig zuverlässige Produktions-Versicherung der deutschen Industrie ist der schlanke Absatz nach dem valutastarken Auslande. Der Leofilm hat darauf seine ge¬ samte Auslandsorganisation planmäßig angelegt und aus¬ gebaut. Ein dichtes eigenes Vertriebsnetz umspannt Spanien, die Schweiz und Südamerika, wozu neuerdings auch Nordamerika trat. Der Schebera-Film baut seine Produktion auf der Liierung mit einem gutsituierten nordamerikanischen Theater. Die rührige Messtro hat sich nun durch die innige Ver¬ bindung mit Seel, der wieder nach New York auch als Produzent übersiedeln wird und der darum seine hiesige Produktion und Firma an die Messtro verkaufte, eine eingeführte Verbindung geschaffen. Dr. M.