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Nummer 851 Seite 11 3tutiöfrijaw HANDELSTEIL DES KINEMATOGRAPH Goldmark und Filmwirischaft Von Richard Ott, Direktor der Deulig-Film-Aktiengesellschaft. II. Die Kalkulation „Das Kapital wirft jahraus, jahrein dem Kapitalisten Profit ah." (Carl Marx, „Das Kapital''.) Selbst in unserer Republik hat die Theorie des großen Sozialisten Marx sich nicht erfüllt, denn ungeheuer groß ist das arbeitende Kapital, das in den letzten Jahren — bei Licht betrachtet — nicht nur keinen Profit abgeworfen hat, sondern sich sogar ganz bedeutend ver¬ kleinerte. In meinem ersten Artikel über Goldmark¬ bilanzen habe ich dargelcgt, wie notwendig es ist, für einen Betrieb nicht nur die Gewinne in Papiermark zu errechnen, sondern sich nebenbei ein klares Bild über die wirklichen Gewinne und Verluste zu verschaffen. Genau so liegt es mit der Kalkulation im einzelnen, besonders mit der Kalkulation für den Verkauf, die eine Grundlage für die zu erzielenden Preise darstellen soll. Ich möchte in dieser Abhandlung unterscheiden zwischen Vorxalku- lation und Nachkalkulation, indem ich die Nachkalkelation als Grundlage für die Festlegung dci zu erzielender Ver¬ kaufspreise betrachte. Was die Kalkulation der Her¬ stellungskosten anbetrifft, so kann ich nochmals Carl Marx sprechen lassen, denn in dieser Theorie kann man ihm felgen: „Betrachten wir ein beliebiges Industrieprodukt, so kommt die Höhe des Preises zustande, indem der Fabri¬ kant auf seine Selbstkosten den in seiner Branche üblichen Profit aufschlägt. Der Preis hängt demnach ab von der Höhe der Selbstkosten und von der Höhe des Profits. Als Selbstkosten rechnet der Fabrikant alles, was er für die Herstellung der Ware ausgegeben hat. Das sind in erster Linie die Ausgaben für Rohstoffe und Hilfs.stoffe der Fabrikation (z. B. Baumwolle, Kohlen usw.), f;mer für Maschinen, Apparate, Baulichkeiten; sodann was er an Grundrente (z. B. Miete) zahlen muß, und endlich der Arbeitslohn. Man kann also sagen, daß die Selbstkosten des Fabrikanten sich aus drei Posten zusammensetzen: 1 den Produktionsmitteln (d. h. Rohstoffe, Hilfsstoffe, Maschinen, Apparate, Baulichkeiten): 2. der zu entrichtenden Grundrente (die auch dann berechnet wird, wenn die Fabrik auf eigenem Grund und Boden steht); 3. dem Arbeitslohn." Soweit kann man also mit Marx gehen, und nun ver¬ läßt uns die Kunst und auch die Wissenschaft, wenn wir auf diese Weise unsere Preise kalkuliert haben, und wenn der Wert, den wir erzielen wollen, den Preis, den wir er¬ rechnet haben, tatsächlich schwankend und in der letzten Zeit fast immer ein tagtäglich geringer werdender ist, so¬ fern wir in Papiermark rechnen. Wir müssen also auch hier, wie bei der Bilanzierung, nach Stabilität suchen, und können solche nur finden in einem Wertmesser, der uns für Parität bürgt. Zurzeit errechnen wohl fast alle Indu¬ strien ihre Selbstkosten noch in Mark, und zwar auf Grund der wirklich gehabten Ausgaben. Der Herstellungspreis wird festgestellt, die Profitrate hinzugeschlagen und der Verkaufspreis auf diese Weise festgelegt. Sodann er¬ folgen die Zuschläge, besonders in den Detailgeschäften, teilweise Tag für Tag, anderenteils in kleineren oder größeren Zeitabschnitten. 1m Großhandel werden die Preise ebenfalls in Etappen, je nach dem Dollarstand oder einem Wirtschaftsindex geregelt. So werden z B. in der Filmindustrie die Rohfilmpreise zurzeit halbmonatlich neu festgelegt, und plan könnte sagen, daß damit die Rohfilm¬ fabriken unter Umständen größeren Verlusten unter¬ worfen sind denn sie können unmög ich am Anfang eines Monats wissen, was sic am 12. oder 13. des gleichen Monats z. B. für Silber bezahlen müssen. Bei der Roh¬ filmfabrikation liegt es indessen so, daß auch die Bestel¬ lungen bereits geraume Zeit vorher für diesen halben Monat zu erfolgen haben, und es -jt anzunehmen, daß sich die Fabriken im Augenblick in welchem die Be¬ stellungen erfolgen, mit den nötigen Rohmaterialien cin- decken. Immerhin sind noch die Erhöhungen zu berück¬ sichtigen, die durch Lohn- und Gehaltssteigerungen c:n- treten, doch werden diese, wie man die Rohfilmfabriken beurteilt, wahrscheinlich antizipando berücksichtigt. Die Kalkulation in der Filmindustrie ist, soweit es sich im besonderen um die Verkaufspreise für Lizenzen han¬ delt, ein Problem, das noch der Lösung harrt. Diese Lösung ist aber nicht in irgendeinem wissenschaftlichen Lehrsatz, in irgendeiner mathematischen Formel möglich, denn cs handelt sich nicht darum, die Herstellungskosten irgendeines Artikels festzustellen, sie mit einem Zuschlag für Gewinn zu versehen und auf diese Weise den Ver¬ kaufspreis festzulegen, den man mindestens erzielen muß. sondern sie muß, vorbeigehend an der Herstellung, als erstes feststellen: Wofür ist dieser Film geeignet und für welche Länder werde ich ihn bestimmt verkaufen. Alsdann müßte man die Geschäftslage der Industrie in diesen Ländern erwägen, und nun erst kann eine Ver¬ hältnisrechnung beginnen, die feststellt, mit welchem Prozentsatz dessen, was der Film bringen soll, die ein¬ zelnen Länder zu belasten sind. So rege nun die Aus¬ landsbeziehungen der deutschen Filmindustrie sind, so gibt es doch kaum eine Firma, die mit Bestimmtheit sagen kann, daß sie ihre Filme nach 4—5 größeren Ge¬ bieten verkauft. Darüber ist in der letzten Zeit mehrfach gesprochen und cs ist auch erwogen, daß die Herstellungs¬ kosten unserer Negative heute so gewaltige sind, daß Deutschland und Österreich sie nicht im entferntesten aufbringen kann und daß wir somit auf weitere bedeu¬ tende Auslandsverkäufe angewiesen sind, ln dieser Richtung liegt die Lösung des Problems, nämlich einerseits in der Qualität unserer Filme, andererseits aber — und dahin neigt die Wage bedenklich — darin, daß der Welt¬ bedarf an Filmen heute völlig unübersehbar ist. Auch hier wird uns indessen keine Statistik helfen, die viel¬ leicht den Bedarf an Filmen auf dem ganzen Erdball und demgegenüber die zur Fabrikation gelangenden Filme feststellt, sondern es wird sich ganz allmählich der Welt¬ markt durch Angebot und Nachfrage regeln, und darauf aufbauend kann die Kalkulation sich erst befestigen. Es wird eine Zeit kommen, wo wir genau wissen, daß deutsche Filme bestimmten Genres in bestimmten Län-