Der Kinematograph (July 1923)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

17. Jahrgang. Nr. 854 _ Berlin, 1. Juli 1923 Abbau der Zensoren D ie Filmprüfstellen' werden, wie es in der Amtssprache so schön heißt, abgebaut. Das Bureau der Oberprüfstcllc ist vollständig aufgelöst worden. Herr Oberrcgicrungsrat Bulcke beschäftigt sich zum Teil mit Kunst- und Kulturreferatcn im Reichs- ministcrium des Innern und nur, soweit es notwendig ist, mit der Oberprüfstelle. Bei der Filmpriifstellc sind von den sechs etatmäßigen Vorsitzenden drei anderweitig untergebracht. Die Zahl der technischen Angestellten ist um ein Drittel verringert worden — nur die Ge¬ bühren werden infolge der Geldentwertung erhöht. Die Die Karrikat logische Folgerung dieser ------- Verkleinerung des Film- _.9 prüfapparates wird natür- lieh auch ein Abbau der Zensoren sein. Die Ge- ‘ 7_ legenheit ist günstig; denn • ’ ' V v die Amtsdauer der zurzeit amtierenden Filmprüfer 7T3■ ff t läuft gesetzmäßig demnächst ' ''"JB ab, so daß zu Neuemennun- Rh gen geschritten werden ^ muß. ’ I t |1 ' Wer die Statist.k der I ' |,V j , '/C ') deutschen Filmprüfstellen I J |,V * einmal kritisch untersucht. I ' JgjgSr wird feststellen können, daß \ _ die Zahl der ganzen oder __ g — . ' -'1 bedingten Verböte so gering gewesen ist, daß es cigent- — '* lieh überhaupt nicht lohnt. -■*■*"-- einen solchen Apparat auf- l ** *>* - —'— rechtzuerhalten, wie er sich selbst jetzt nach dem Ab¬ bau noch präsentiert. Die Praxis hat den Beweis dafür erbracht, daß die Ein¬ fügung einer Sonderbestimmung für den Film in die Reichsveriassung durchaus überflüssig gewesen ist und daß die große Gefahr, die das lebende Bild angeblich vom Standpunkt der Volksbildner aus darstellcn soll, nichts wie es in der Amtssprache er ein Amt gab, auch den dazugehörigen Verstand mitzu¬ liefern. Die Verbände ..repräsentierten und intrigierten' c ist vollständig aufgelöst Die Behörde „ernannte“ ohne gründliche Eignungsprüfung it Bulcke beschäftigt sich Es ist eine jederzeit erweisliche Tatsache, daß viele der ilturreferatcn im Reichs- Vereinigungen, die man mit Reprisen tat ionsrechten für die , soweit es notwendig ist, Filmprüfung ausstattete, diejenigen Mitglieder aussuchten. die am lautesten gegen den Film schrien und die in Fragen on den sechs etatmäßigen der Mora! und des guten Geschmacks auch heute noch auf hergebracht. Die Zahl der einem Standpunkt stehen, der schon zu Großvaters Zeiten m ein Drittel verringert reichlich kleinlich und veraltet erschien. Dc.s 'ist nicht etwa nur unsere Meinung, sondern auch die Ansicht vieler führenden Mitglieder der Filmprüfstelle. Vielleicht darf man daran erinnern, daß diese Ge¬ danken — allerdings etwas konzilianter,versteckter und abgetönter — auch in den letzten Versammlungen der Filmprüfer schon zum Aus¬ druck kamen. Es muß gefordert werden, daß die Auswahl der re¬ präsentierten Mitglieder nicht mehr in die Hand eines einzelnen Beamten geleg: wird, sondern von einem Kollegium erfolgt, das entweder durch das V ertrauen des Reichs¬ ministers berufen wird oder aber das von Vertretern der maßgebenden Verbände und der deutschen Film¬ industrie zu bilden ist. imlungen grundsätzlich gegen lat den Beweis dafür erbracht, daß die Ein- Wer in öffentlichen Versammlungen grundsätzlich gegen Sonderbestimmung für den Film in die den Film spricht, hat das Recht verwirkt, über Erzeugnisse ing durchaus überflüssig gewesen ist und daß unserer Industrie zu Gericht zu sitzen. Leute, die nie in ahr, die das lebende Bild angeblich vom ihrem Leben ein Kino besuchen, sondern an jedem Licht- :r Volksbildner aus darstellen soU, nichts spielhaus in einem großen Bogen vorübergehen, als ob anderes gewesen ist als ein Hirngespinst \ krampfhaft danach suchen, irgend etwas dem sic das deutsche Volk retten können. i Leuten, die dort der Teufel hause, müssen unnachsichtlich aus den i finden, vor Reihen der Zensoren entfernt werden. Gerade die künstlerische Entwicklung des Films, die Man müßte also von Rechts wegen Beseitigung der Mitarbeit der bedeutendsten Schauspieler und namhafter Zensur verlangen. Wir tun das als Realpolitiker nicht und Schriftsteller macht ihn bewußt oder unbewußt zum i Standpunkt der Indu- Spiegelbild der Zeit, ; s keinerlei Bedenken gegen die Prüfung ihrer Er- -geistigen Strömungen der Gegenw. i Abbild auch der kulturellen und Zeugnisse vorliegen, wenn sie vernunftgemäß vorgenommen wird und vor allem von Leuten, die zu ihrem Amt auch die Eignung mitbringen. Der Herr Reichsministcr des Innern hat, so wie die Dinge jetzt liegen, leider vielfach vergessen, den Leuten, denen geworden. Es ist nicht zu vermeiden, daß sich durch den Stoff an sich unbeabsichtigt eine Tendenz nach der einen oder anderen Richtung hin ergibt. Deshalb ist die Frage der Geistesfreiheit auch beim lebenden Bild immer brennender