Der Kinematograph (July 1923)

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17. Jahrgang Nr. 857 Berlin, 22. Juli 1923 Hunderttausend Prozent A m gleichen Tage, wo in Nürnberg die Theaterbesitzer zu -**■ einer Art Protestversammlung zusammentraten, hat der Vorstand des Verleiher-Verbandes in Berlin beschlossen, von der ersten Augustwochc ab den Verleih-Zuschlag auf fünfundneunzig Prozent fcstzusetzen. Das könnte auf den ersten Augenblick wie eine Provo¬ kation aussehen. Ein Blick auf den Pickschen Index zeigt aber. daO diese Zahl schon lange überholt is . denn schon am 15. Juli errechnete der Berliner Filmmann über hundertzweitausend Teu¬ erungspunkte. In Wirklichkeit ist in dem Augenblick, wo die neue Zahl bekanntgegeben wird. diese Schätzung schon überschritten, etwas, was weiter nicht verwun¬ derlich ist. wenn man einen Blick auf die wirtschaft¬ lichen Verhältnisse über¬ haupt wirft. Die Eisenbahn erhöht ihren Tarif um das Drei¬ fache. die Post bleibt da¬ hinter nicht zurück. Wie hoch der Kohlcnprcis steigt, ist gar nicht abzu¬ sehen. Der Dollar ist New York mehr wert als dreihunderttausend Papier¬ mark. Die Straßenbahnen den Großstädten haben be¬ reits in den letzten vier¬ zehn Tagen durchweg eine Verdoppelung ihrer Fahr¬ preise vorgenommen und kündigen zum 18. des Mo¬ nats weitere Erhöhungen an. Die Löhne müssen für Juli mindestens verdoppelt werden, und sie werden auch im August erneut steigen Nun scheint ja die Berechtigung der Aufschläge an sich von niemand bestritten zu werden, man kämpft nur um die Form. Herr Scheer wünscht die Goldmark als Grundlage. Das könnte im Prinzip dem Zentralverband gleichgültig sein, wenn er nicht durch den Generalversammlungsbeschiuß auf eine Schlüsselzahl festgclegt wäre. Darüber hinaus behaupten die Verleiher. daß der Theaterbesitzer bei einer Berechnung in Goldmark schlech¬ ter wegkäme. Wir glauben das auch, aus dem sehr ein¬ fachen Grunde, w'eil die Grundpreise dann in einer Höhe festgesetzt werden müßten, die weit über dem stehen, der im Frieden üblich war Der tiefere Grund liegt darin, daß der amtliche Goldankauf berci’.s längst nicht mehr Grad¬ messer für die Geldentwertung und für die Teuerung ist. Die Rcichsbank zahlt im Augenblick, wo dieser Artikel geschrieben wird, noch fünfhunderttausend Mark für ein Goldstück. Das englische Pfund aber notiert selbst in Berlin, wo die Kurse ungeheuer unterdrückt sind, eine Million. Da im Goldwert zwanzig Mark ebensoviel sinh wie ein englisches Pfund, so zeigt sich schon an diesem Vergleich die Unhaltbarkeit des amtlichen Goldmarkkur¬ ses als Gradmesser in einer Zeit. wo nur strengste Anpassung an die täglich wechselnden tatsächlichen Verhältnisse Betrieb erhalten Goldmarkpreis ist im übrigen in keiner an¬ deren deutschen Industrie durchgeführt worden, und zwar, weil man überall erk innt hat. daß er die denkbar ungeeignetste Grundlage in der kauf¬ männischen Kalkulation ist. Die Ausstellung der Rechnung auf zehn Tage vor dem Lieferungstermin hat ebenfalls große Be¬ denken. aus dem sehr einfachen Grunde. weil heute kein Mensch in der Lage ist. die wirtschaft¬ liche Entwicklung selbst auf zehn Tage bestimmt und sicher zu übersehen. Maßgebend für die Leistung kann natürlich nur der Lieferungstag sein, weil sich sonst Differenzen ergeben, die auf die Dauer nicht tragbar sind. Es haben uns Einnahmeaufstellungcn von rund hundert- fünfzig deutschen Theatern Vorgelegen, die klar erweisen, daß zumindest bereits Mitte Juli die Filmpreisc zu er¬ tragen seien. Nach einer weiteren Aufstellung, die jetzt in den letzten Tagen nach der großen Hitze abgeschlossen ist. zeigt sich, daß die Zahl der Theater, die in diesem Jahre schließen, nicht viel höher ist als die derjenigen Be¬ triebe. die auch im Vorjahre geschlossen hatten. Die Sommermonate sind nie große Geschäftszeiten ge wesen, in ihnen hat der Theaterbesitzer immer zugesetzl. Sic aUein können und dürfen nicht ausschlaggebend sein.