Der Kinematograph (July 1923)

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Seite 6 t>ct Rmcmatograpti Nummer 857 Wir wünschten auch, daß die wirtschaftlichen Fragen möglichst in gemeinsamer Beratung zwischen Theater¬ besitzern und Verleihern erledigt würden. Je ernster die Zeiten sind, desto wicht ger ist div freund- nachbarliche Zusammenarbeit. Ob dieses Ziel durch die Nürnberger Beschlüsse gefördert wordi n ist, läßt sich im Augenblick noch nicht beurteilen, weil der genaue Wort¬ laut des Protokolls bei Redaktionsschluß noch nicht vorlag. Die Spannung, die vorhanden ist, kann im Augenblick noch nicht gelöst werden, weil, wie wir immer wieder betonen, persönliche Stimmungen und Verstimmungen im Wege stehen, die außerordentlich bedauerlich sind, die aber leider bei uns immer eine Hauptrolle spielen, weil man cs nicht versteht. Sache und Person zu trennen. Die neuen Normaiivbesiimmungen Die Beschlüsse des Keichsrats zur Lustbarkeitsstcucr. D as große Rätselraten über die geheimnisvollen Be- Schlüsse des Reichsrals über die neuen Richtlinien zur Lustbarkeitssteuer ist zu Ende, ln den c ffiziellen Druck¬ sachen ist jetzt der fragliche Entwurf erschienen, der ohne Diskussion in einer Sitzung angenommen wurde, auf deren Tagesordnung noch fünfzig andere Dinge standen. Es ist im großen und ganzen alles beim alten geblieben. Einige Verbesserungen, die sich zunächst auf den ersten Blick ergeben, sind durch einige Kautschukparagraphen um die Wirkung gebracht. Das Kinogewerbe bleibt weiter der Steuerwillkür der Kommunen ausgeliefert, allerdings bietet die Norm, die ja gewissermaßen Grundsatz sein soll, jetzt gutes und schwer widerlegbares Material, das sicher¬ lich vielerorts wertvolle Dienste leisten wird, allerdings wird jetzt der Grundsatz, daß die billigeren Plätze mit nie¬ drigeren Stcucrprozentsätzen zu belegen sind als die teueren, gewissermaßen zum Gesetz erhoben. Aber leider nicht in der präzisen und absoluten Form, wie wir das gewünscht. Wir haben abermals Nor¬ mativbestimmungen, die keine sind, weil die Steuersätze zwar nicht nach unten, wohl aber nach oben ver¬ schoben werden dürfen. Hätte man die Staffeln der neuer Bestimmungen zwangsläufig für die Städte als bindend er¬ klärt, wäre immerhin ein kleiner Fortschritt erzielt An der wichtigsten Forderung der beteiligten Kreise, an der Bruttobesteuerung, ist man einfach vorbeigegangen, obwohl das der einzige Weg war. in gerechter Weise Geld¬ entwertung und Steuer in fortwährendem Finklang zu halten. Es bleibt also bei der zeitraubenden alten Metholc der ewigen Verhandlungen, so daß der tiefere Sinn dieser gesetzgeberischen neuen Maßnahme nur schwer ver¬ ständlich ist. In den wesentlichsten Punkten besagt die neue ..Lust¬ barkeitssteuerreform", daß die Steuer bei Eintrittskarten ohne irgendwelche Abstufung fünfzehn Prozent be¬ tragen soll. Das kommt beim Kino kaum in Frage, ln den kleineren Städten gibt es meistens zwei verschiedene Plätze. In solchen Fällen soll der billigere Platz mit fünfzehn, der bessere mit zwanzig Prozent Steuer belegt werden. Wenn drei verschiedene Gruppen vorhanden sind, sollen auf der unteren mindestens fünfzehn, auf der mittleren zwanzig und auf der oberen fünfundzwanzig Prozent erhoben werden. Für die Großstädte kommt meistens wohl die Eintei¬ lung in vier verschiedene Gruppen in Frage. Hier verlangt man fünfzehn, zwanzig, fünfundzwanzig und dreißig Prozent. Wesentlich ist die Bestimmung, daß der Steuerbetrag auf volle zehn Mark nach oben abzurunden ist. Um an einem Beispiel aus der Praxis zu zeigen, inwie¬ weit die Normativbestimmungen unter Umständen von Einfluß sein können, stellen wir die Stcucrprozente nach der letzten Berliner Regelung denen der Rcichsrats- bcschlüsse gegenüber: 1. Stufe Berlin Norm des Keielisral- 20 Prozent 23 25 27.5 30 33.33 .. 15 Prozent 20 25 30 30 30 Während also bei den ersten beiden Stufen eine Erhöhung um fünf bzw. um drei Prozent einzutreten hätte, kommt bereits für Stufe vier eine Erhöhung um zweieinhalb Pro- Stufe sechs würde wieder um dreieindrittel Prozent zu ermäßigen sein Es erscheint uns wichtig, daß die örtlichen Theater- besitzcr-Organisationen an Hand einer ähnlichen Aufstel¬ lung genaue Berechnungen vornehmen, um dann im Durch¬ schnitt zu ermitteln, ob sic sich nun bei Anlehnung an die Beschlüsse des Reichsrats besser oder schlechter stehen. Wir glauben allerdings, daß diese ganze Normalstaffel praktisch nicht zur Geltung kommt, weil wiederum die famose Bestimmung aufgenommen ist. daß Abweichungen erlaubt sind, daß die Steuersätze anders gestaffelt werden dürfen, daß Gruppen der einzeln zu besteuernden L T ntcr- nehinen (also Kino. Kabarett. Schaustellungen. Pferde, rennen usw.) gemacht werden können, die verschieden besteuert werden dürfen. Diese Abweichung nach oben ist den Steuerbehörden sogar noch leichter gemacht worden als bisher; denn sie wird in den meisten Fällen auf Grund der Neufassung des Artikels 111 § 12 unter Umständen noch nicht einmal der Genehmigung der Landesregierung, wie das früher bei wichtigen Abweichungen der Fall war. bedürfen. Rein formal finden sich dann noch zwei weitere Ver¬ besserungen. und zwar sind im Artikel II § 9 jene Sätze gestrichen, die von einer Sicherheitsleistung im voraus reden, während im dritten Absatz des § 8. Artikel II die Möglichkeit offengelassen ist. für wissenschaftliche und künstlerische Veranstaltungen grundsätzlich eine bestimmte Ermäßigung zahlenmäßig festlegen zu können, während bisher in jedem einzelnen Falle große Verhandlungen nicht notwendig waren. Auch diese Verbesserungen sind nicht etwa zwangs¬ läufig vorzunehmen, sondern können von den Städten gemacht oder nicht gemacht werden. Es bleibt eben, wie gesagt, alles beim alten, es ist wieder ein Werkzeug bercitgclcgt worden, mit dem die Städte die Kinos malträtieren können. Es wird dringend not¬ wendig sein, daß sich die Theaterbesitzer eingehend mit der Verfügung befassen, die von dem Verlag Hcimann in Berlin als ..Niederschrift der 40. Sitzung des Reichsrats" zu beziehen ist und daß schleunigst jeder an seinem Orte alle Vorkehrungen trifft, daß man aus dieser Ver¬ besserung der Lustbarkeitssteuer keine Verschlimm¬ besserung macht.