Der Kinematograph (July 1923)

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Nummer 857 5cc Rincmotograpfi Seite II 37ittiMdbau Die Ouvertüre im Kino I n den großen Lichtspielhäusern hat man seit einigen Monaten eine alte Mode neuaufleben lassen. Man spielt vor Beginn des Mauptschlagcrs eine Ouvertüre bei ver¬ dunkeltem Zuschauerraum, eine Einrichtung, die zum Bei¬ spiel bei der Berliner Alhambra zu einem Zugstück wurde. In Amerika gehört das Orchestersolo zu den Selbst¬ verständlichkeiten. Man placiert sogar in den New Yorker Filmpalästen die Musiker, sorgsam in elegante farbige Fracks gekleidet, auf eine besondere Bühne, engagiert be¬ rühmte Gastdirigenten und gibt im Programm oder durch einen besonderen Ansager sogar eine musikkritische Er¬ läuterung. So weil sind wir allerdings bei uns noch nicht. Di> Frage, ob man Solovorträge der Kapelle bringen soll oder nicht, ist bei den Fachleuten heiß umstritten. Es lohnt deshalb einmal, das Für und Wider in einem F.ichbiatt kritisch abzuwägen, und sei es nur. um die Diskussion üb r ein Thema in Fluß zu bringen, das ebenso wichtig wie interessant ist. Das moderne Kinoprogramm besteht aus der Natur¬ aufnahme. aus dem Lustspiel und dem Drama. Was lag da näher als die Frage: Wie schafft man, bcsondeis wenn das Hauptstück künstlerische Qualitäten hat. einen Ucber- gang. der den Beschauer in die richtige Stimmung bringt, die für die Wirkung unerläßlich, ausschlaggebend ist? Früher half man sich mit einer einfachen Pause, aber das war keine Konzentrierung, sondern brachte eher das Gegenteil. Man kam auf den naheliegenden Ausweg, man li?ß die Musik spielen. Aber die Wirkung blieb manchmal aus. weil die Stücke schlecht ausgewählt, bei erleuchtetem Saal vorgetragen wurden. Mit dem Ehrgeiz der Kapellmeister und bei dem stei¬ genden Interesse der Theaterbesitzer faßte man das Problem tiefer und zog auch die Musikeinlagc rieht g auf. Die Ouvertüre wurde zur Programmnummer und — zum Prüfstein für die musikalische Qualität der Hauskapelle. Man probte sie richtig, nicht einmal oder zweimal wie die Begleitmusik, sondern arbeitete Feinheiten heraus, als ob cs sich um ein Sinfonickonzert handele. Wo man derartig vorging, wurde die Musikeinlagc nicht nur zuin stimmungsfördernden Faktor, sondern zum An¬ ziehungspunkt, besonders für das bessere Publikum, und hielt sich, richtig durchgeführt, jahrelang. Nun sagen viele Theaterbesitzer, die Sache sei lang- weilig geworden. Das ist möglich, aber nur dann, wenn mar, es zwar richtig anfing und falsch durchführte. Ein häufig beobachteter Fehler bestand zum Beispiel .n einer gewissen Einseitigkeit. Das gleiche Stück wurde immer wieder gespielt, bis cs dem Publikum zum Halse herauswuchs. Man scheute die Ausgaben für neue Noten, die in einem gutgelciteten Lichtspielhaus so selbstver¬ ständlich sein müssen wie die Ausgaben für Filme. ln einem Notenbestand, der allen Ansprüchen genügen soll, müssen sich vierzig bis fünfzig Piecen finden, die als Solonummern verwendet w'crdcn können. Dazu gehören Ouvertüren, Suiten. Sätze aus Sin'onien usw. Dazu ge¬ hören aber nicht Fantasien, ■’otpourris, Tänze und Opcrcttcnschlagcr. Damit kommen wir zum zweiten Punkt, der wesentlich ist, nämlich die Frage: Was soll denn als Zwischenmusik gewählt werden? Grundsätzlich ist da zu sagen: nur wertvolle Stücke. Werke mi einem gewissen inneren Gehalt, die aber trotz¬ dem nicht zc schwer sein dürfen. D e ganz moderne Musik schaltet zum größten Teil aus. weil die Kinobesucher zu jener Gruppe von Musiklicbhaberr gehören, denen die Melodie alles, die Philosophie in Noten aber nichts be¬ deutet. Wir werden demnächst eine Liste eines erfolg¬ reichen Praktikers bringen, die mehr sagt als theoretische Aus«, inandersc tzungen. Begrenzt wird die Wahl der Stücke durch die Leistungs¬ fähigkeit des Orchesters oder genauer gesagt durch die Zahl der Musiker, die zur Verfügung stehen. Drei oder fünf Mann sollen nicht die Tannhäuser¬ ouvertüre spielen, sondern sich an Terzette oder Quartette von Mozart oder Haydn halten. Was als Begleitmusik zum Film sehr recht ist. ist als Solodarbietung meist zu billig. Es braucht als Beweis nur darauf hingewiesen zu werden, daß die* Filmillustration auch für den Theater¬ besucher etwas sekundär ist, während die Einlage des Orchesters als Ding an sich betrachtet werden muß. Viel gesündigt wird dann auch nicht nur in der Wahl des Stückes, sondern in der Wahl der Noten. Die Art. Meisterwerke der Kinomusik ROEHR VERLAG A.-G. Ouvertüren « Spohr „ Weber * Lortzing _ Rci>sigcf Fantasien Drei Erntetänze ITtiree Dance« Suiten und sinf. Mittelsätze Mozart. tl-Jur. 11 .. Scrcwata i Scrcwala , Sylvia, lat, Tote! i II. ROEHR VERLAG A.-G., BERLIN W66, Flauerslr. 76 - Groft- Sortiment ür in* und auslündisdic Musik. Sailen, lustrumenie, Zubehörteile. -