Der Kinematograph (July 1923)

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Seite 6 Dcc Rtncmotogropft Nummer 858 Jannings geht Hin großzügiger deutsch-ital F'N’e Dinge wandeln sich manchmal schnell. Noch vor *—^ kurzem sahen die Italiener ihr Heil in einer Flucht nach Deutschland, heute ziehen unsere Pro ninenten in das Land des Lorbeers und der Goldorangen. Der Spiritus rector dieses Künstleraustauschcs ist Cavallierc Baratollo, der Schöpfer der U. C. I., die einst, eine italienische Ufa dem Jüngling gleich, mit tausend Masten hinauszog und die dann zusainmenbrach, weil man am Arno und Tiber zwar viel von Kunst, aber wenig von Organisation verstand. Jetzt hat man sich, wie uns unser Gewährsmann mitteilt, auf sich selbst besonnen. Man will deutsche Organisation und deutsches tiefer angelegtes Künstlertum mit feurigein italienischen Temperament mischen. ..Quo vadis?". der große unvergessene Film, soll wieder¬ auferstehen. Kmil Jannings ist als Darsteller des Nero ausersehen Mit den beliebtesten deutschen Künstlern beliebt auf dem Weltmarkt - schweben Verhandlungen. Auch ein deutscher Regisseur, ein ..Mann mit Namen“, wird \ ielleirht nach Süden wandern. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht Direktor de Rosa, der bekanntlich Maria Jakobi rii und jetzt Ghionc nach Deutschland brachte und der in der engen Zusammen¬ arbeit der deutschen und -talienischer Filmindustrie die beste Sicherung im Kampf gegen die amerikanische Kon¬ kurrenz auf dem Weltmarkt sieht. Wir haben allen Grund, die Plane Baratollos und de Rosas zu fördern. Der deutsche Film allein schaffts. Monopolverletzungen T~\ic Film- und Lichtspicl-A.-G. („Flag") hatte für teures englisches Geld von der Mount Everest Kommission der Londoner Royal Geographical Society den Film erwor¬ ben, welchen die Mount Everest Expedition des Jahres 1922 von ihrer Reise mitgebracht Satte. — Die Flag hat das Monopol für Deutschland und das besetzte Gebiet. Man kann sich denken, daß der in Pfunden zu zahlende Preis für deutsche Begriffe ein ansehnlicher war. Gaumont in Paris hat denselben Film für Frankreich erworben. Gerade als die Flag die propagandistischen Vorarbeiten für den Film beginnen wollte, stellte sich her¬ aus. daß dieser Film im besetzten Gebiete bereits lief, und zwar in dem der Pax-Film-A.-G. gehörigen Residenz¬ theater in Düsseldorf. Da die Theatcrlcitung nachweiscn konnte, daß sie den Film rechtmäßig von der in Köln ansässigen Pax-Film-A.-G. gemietet hatte, konnte man in dem besetzten Düsseldorf zunächst nichts machen. Eine Reklamation bei der Pax-Film-A.-G. hatte zur Folge, daß diese Gesellschaft Farbe bekannte und zugab, von Gaumont diesen Film zur Ausnützung im besetzen Ge¬ biete erhalten zu haben. Die Pax-Film-A.-G. ist eine von Gaumont finanzierte deutsche Gesellschaft. Sic läßt sich als angeblich deutsche Finna von Gaumont dazu gebrauchen, die schwer erwor¬ benen deutschen Monopolrechte auf diesen Film auf deut¬ schem Grund und Boden mit Füßen zu treten. Die Gaumontmarke ist ja französisch und wird, wenn es not tut. mit Waffengewalt geschützt. — Deutsche Behörden können im besetzen Gebiete das deutsche Recht nicht gegen die Bajonette der Franzosen in Schutz nehmen. — Die Monopol Verletzung Gaumonts durch die Pax-Film- nach Italien? ienis*cher Künstleraustausch wenn sich nicht vieles ändert, nicht. Wie man dem deut¬ schen und dem reindeutschen Film vielfach noch gegen¬ übersteht. schildert ein anderer Artikel in dieser Numme'. Man nimmt deutsche Films, wenn man sie ramschen kann, aber man liebt sie nicht, weil unsere Menschen und unsere Art dem Amerikaner nicht liegen. Die deutsch-italienische Mischung git>t da. aus verschiedenen Gründen, den guten Klang. Man will ganz zielbewußt Deutsche nach Italien, und umgekehrt Italiener nach Berlin bringen. Die Gruppe, die Jannings engagierte, steht der deutschen Gründung nicht fern, in deren Zentrum Franzeska Bertini sich befindet, die unter Karols Leitung bei uns demnächst mit der Arbeit beginnt. Großen Anteil an dieser Internationalisierung, die letzten Endes eine nationale Stärkung bedeutet, hat Karl Rratz, der sich ganz in der Stille große Verdienste um unsere Industrie erworben hat, und der heute als Draht¬ zieher hinter den Kulissen vielleicht mehi Einfluß auf dem internationalen Markt hat. als vom Generaldirektorenstuhl in der Köthencr Straße aus. Die neuen Pläne bringen uns ein gutes Stück weiter. Die Italiener befürchten nur, und vielleicht nicht mit Un¬ recht, daß die kleinen Gernegroße, die sich nach außen immer wieder als die „Führer“ gebärden, irgendwelche Verordnungen veranlassen, die Hindernisse irgendwelcher Art heraufbeschwören, die den deutsch - italienischen Freundschaftsbund empfindlich stören könnten. im besetzten Gebiet A -G. liegt klar auf der Hand. — Das Verleihen dieses Filmes auf deutschem Boden — auch wenn er besetzt ist — bedeutet nichts weiter als eine Rechtsvergewaltigung der französischen Industrie, zu welcher eine angeblich deutsche Firma, die leider in Deutschland eingetragen ist. noch hilfreiche Hand bietet. Dieses Vorgehen ist so unerhört, daß es in der weitesten Öffentlichkeit bekannt werden sollte. Die Lichtspiel¬ theater Deutschlands aber sowie des besetzten Gebietes sollten solidarisch mit dem deutschen Verleiher, der „Flag“, sein und diesen Gewaltakt der Franzosen nicht nur mit einem Boykott des von der Pax-Film angebotenen Mount-Everest-Filmes beantworten, sondern mit einem Boykott der Pax-Filmc überhaupt. Wird dieser über¬ mütige Eingriff nicht umgehend und kraftvoll abgewehrt, so bleibt im besetzten Gebiete der Rechtsvergewaltigung Tür und Tor geöffnet. Auf unbesetztem Boden werden die deutschen Behörden das Recht des deutschen Verleihers zu schützen wissen, im besetzten Gebiete aber kann nur ein einmütiger Boykott die Franzosen belehren, daß Macht das Unrecht noch lange nicht zum Recht stempelt. Interessant ist die Tatsache, daß Herr Schilling, der Direktor der Pax-Film-Gcsellschaft, Inhaber mehrerer deutscher Theater und auch Mitinhaber des Düsseldorfer Residenztheaters ist. Wir empfehlen, schleunigst durch den Londoner Her¬ steller bei den englischen Behörden zu Köln und durch die deutschen Fachverbände alle nur möglichen Schritte zu tun. Wenn das System Schilling Schule macht, sind die Folgen nicht auszudenken.