Der Kinematograph (August 1923)

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Seite 18 Nummer 860 61 t»cr Rmcmatograpfi so vom Publikum empfunden wird, wie sie der Manuskript¬ dichter und Regisseur gewollt hat. Die anderen Leistungen — Liga Brink, Blandine Ebinger, Agnes Straub, Gertrud Welker, A’.fons Fryland — treten vollständig zurück, obwohl sic alle Ausgezeich¬ netes leisten. Besonderes Lob verdient Fritzarno Wagner, der mit seinen letzten Leistungen in die Reihe der ersten deut¬ schen Filmphotographen gerückt ist.. Dia Szenen, wo die Toten ins Leben wandeln, mahnen an die besten schwe¬ dischen Vorbilder. („Fuhrmann des Todes" usw.) Bei der Berliner Premiere wurde der Erfolg nicht zu¬ letzt durch die ausgezeichnete Begleitmusik erzielt, die Kapellmeister Schmidt-Gentncr zusammengestellt hat und die wiederum ein Beweis dafür ist, wie wesentlich die musikalische Illustration für die Gesamtwirkung ist. „Psischa". Fabrikat: Atlantic-Charitonoff-Film G. m. b. H. Regie: Nicolai Malikoff. Manuskript: Maria Tokarskaja. Hauptrollen: Olga Gsowskaja, E. Chowanskaja, Ossip Runitsch, Michail Tarchanow. Photographie: W. Sieversen. Länge. 1900 Meter (6 Akte). Verleih: Martin Deutler-Film A.-G. Uraufführung: Tauentzien-Palast. Eine Liebesgeschichte aus dem Rußland der Leibeigen¬ schaft. Emigrierte Russen haben diesen Film in Deutsch¬ land hergestellt, so daß das historische Milieu, die Sitten und Gebräuche, deren amüsante Schilderung hier einen großen Raum einnimmt, sozusagen verbürgt echte sind Psischa ist die Tänzerin der Kaiserin Katharina; sie liebt einen leibeigenen Tänzer, der an dem Gutshofe rach ihr schmachtet, von dem sie selbst stammt. Der alte Guts¬ herr will den Jungen nur freigeben, wenn sie .... Das gibt fast ein Drama. Schließlich fliehen beide von einem mit koloriertem Feuerwerk veranstalteten Gartenfest (ein Akt lang) und werden von Kosaken eingefangen. Ein Brief der Kaiserin befreit das Tänzerpaar vor der Aus¬ peitschung. Die Regie Malikoffs verbreitet über diesem langatmigen Spiel jene Süßlichkeit, die eine Geschmack - forderung der ehern, besseren russischen Gesellschaft zu sein scheint. Auch vor. den Darstellern, die keineswegs über dem deutschen mittleren Niveau stehen, geht die gleiche Wirkung aus. Der Mitternachtszug. Fabrikat Lucifer-Film. Regie: James Bauer. Manuskript: Armin Petersen. Hauptrollen: Hans Mierendorff, Violetta Napierska, Dora Bergner, Louis Ralph, Josef Klein. Photographie: Lüttgens. Bauten: Knauer und Gottlieb Hesch. Länge: 1938 m (5 Akte). Uraufführung: Alhambra. Eine Schmugglergeschichte, die wenigstens so geschickt inszeniert ist, daß das Publikum bis fast zum Ende des Films in gespannter Unklarheit bleibt. Zwischendurch läuft eine sehr ethische Liebesgeschichte, in der Hans Mierendorff Gelegenheit hat, seine reife Männlichkeit an zwei Frauen zu beweisen. Die eine ist eine gute mit Mutterinstinkten gesegnete Frau, an der er eine Stütze im Unglück findet. Die andere, die Böse, endet, nachdem sie ihm viel Leid gebracht und verlassen hat, selbst im Unglück. Deren Verführer ist Louis Ralph. Der Film ist sauber gearbeitet und findet auch Beifall. „Freund Ripp.“ Fabrikat: Huszar-Film. Regie: Alfred Halm. Hauptrollen: Karl Huszar, L. Haskel, H. Werner-Kahle. Photographie: Arpäd Viragh. Uraufführung: Richard-Oswald-Lichtspiele. Karl Huszar, uns bisher als komische, groteske Film- Erscheinung bekannt, hat, dem unerfcrschlichen Ratschluß menschlicher Ambitionen folgend, selbstständig einen eigenen Film gemacht, in dem er neben anderen Dingen auch die Hauptrolle innehatte. Das glühende Bestreben jedes aufsteigenden Sternes nach t'reier Bahn hat ihm, der einmal eine blutende Hoffnung der an Komik armen deutschen Filmindustrie war, nach kurzem Dasein ein Ende bereitet. Er ist keine Hoffnung mehr. Hoffentlich. Dieser Film beweist es. Zu betrauern ist nur der schöne dressierte Hund Ripp, der ohne Knurren bis in den letzten Akt dieses grausamen Schauspiels den Befehlen einer Handvoll blutiger Dilettanten gehorchen mußte. Amen. • „Dunkle Gassen.“ Fabrikat: Erfmann-Film, Berlin. Regie: Jack Wortheng. Hauptrolle: Battling Siki, Magnus Stifter, A. Fryland, Bauten: Robert Neppach. Länge: 1605 Meter (5 Akte). Vertrieb: Domo-Film. Uraufführung: Mozartsaal. Boxkämpfe im Film sind eine amerikanische Note, und berühmte Boxer in eine Filmhandlung einzureihen, ist ebenfalls amerikanisch. „Dunkle Gasse n“, die sich im Mozart-Saal den Blicken öffneten, liegen um jenes sensationelle Boxmatch herum, in dem der Neger Battling Siki (oder wie man halt so heißt) seinen Landsmann Tom Barker das Nasenbein und die Rippen einschlug. Der „Ring" steigt sogar als geschickt angebrachter Höhepunkt über den dunklen Gassen herauf, und was sich sonst in ihnen vollzieht, hat zwar die abenteuerliche Logik des Kinos, aber auch ihre atemraubende Spannung und Be¬ wegung. Ein amerikanischer Gentleman versucht seine reiche Cousine durch chinesische Verbrecher ums Leben zu bringen. Aber die gelbhäutigen Schurken haben irgendwo ein gefühlvolles Herz und verschleppen das schöne Mädchen nur in die unheimlichen Winkel der düsteren Chinatown, allwo es von dem -.reuen schwarzen Diener entdeckt und errettet wird. Die Handlung ist ab¬ wechslungsreich und völlig auf Sensation gestellt, wobei mancherlei neue Überraschungen gelingen. Das alles ge¬ schieht freilich nur, um den bereits vorher gefilmter Box¬ kampf ins rechte Licht zu rücken, und die Regie hat darin nicht mit dicken Deutlichkeiten gespart. Das Match wirkt wie ein Teil des Filmes, wenn auch das kundige Auge einige Lücken entdeckt, die man zu überbrücken vergaß. Battling Siki ist als Boxer vollendet, als Dar¬ steller freilich völlig unbeholfen — im Gegensatz zu den Chinesen, die geradezu erstaunliche schauspielerische Leistungen vollbringen. De-, schönen Erbin schenkte die Französin Charlotte Duval Gesicht und Begabung; sie ge¬ hört zu den erfreulichsten neueren Erscheinungen der Filmwelt. Von deutschen Darstellern bemühten sich vor allem Alfons Fryland und Magnus Stifter mit bestem Ge¬ lingen um den Erfolg. Es war nicht ihre Schuld, wenn die Boxkämpfe mehr als die schauspielerischen Partien des Filmes interessierten, auf diese Wirkung steuerten Manuskript und Regie hin. Daß die internationale Be¬ setzung, die in Chinatown Amerikas, in Paris und sich sonstwo zutragende Handlung eigentlich einen deutschen Film decken, wird niemand erkennen, dem nicht der Zu¬ fall verriet, daß Peter Paul Feiner die Angelegenheit arrangiert hatte.