Der Kinematograph (September 1923)

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17. Jahrgang, Nr. 862 63 Berlin, 2. September 1923 1f FILN'FACHBUIT Die Index-Katastrophe Von A r o s. P)ic Preisentwicklung, die sich auf dem Pickschen Index aufbaut, ist in ein neues, gefährliches Stadium getreten. Der Filmindex hat bereits in der Vorwoche den Reichs¬ index um zwölf Prozent überholt und wird, wenn unsere Kalkulationen und vor allem die neuen Zuschlagszahlen richtig sind, seinen Abstand von jener Zahl, die Teuerung von Lebenshaltung und Bekleidung zum Ausdruck bringt, noch vergrößern. Worauf das zurückzuführen ist, soll hier nicht untersucht werden. Wir haben keinen Grund, an den Ausrechnungen Picks zu zweifeln und sehen auch für die praktische Lösung keinerlei Vorteil, wenn man jetzt die Stichhaltigkeit der einen oder anderen Position bezweifelt. Katastrophal wird dieses Stadium nur dadurch, daß die Preissteige¬ rung im Kino ein stärkeres Tempo einschlägt, als die allgemeine Stei¬ gerung der Lebensbedürfnisse. Der Einwand, daß die Theater¬ besitzer früher ihre Preise nicht ge¬ nügend schnell und hoch nach oben entwickelt hätten, ist hier nicht mehr stichhaltig; denn es handelt sich gar nicht mehr um den Preis von der vorigen Woche, sondern um das Tempo, das die Preis¬ erhöhung in der nächsten und über¬ nächsten Woche haben müßte, um mit der Steigerung, die die Ver¬ leiher vorgesehen haben, Schritt halten. Es gibt im Augenblick kein Ge¬ werbe in Deutschland, das in der Lage wäre, die tatsächliche Ver¬ teuerung der Herstellung und des Vertriebes ganz durch Abwälzung auszugleichen. Die Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben muß auf anderem Wege erreicht werden. Die Substanzgewinne, die man durch günstige Einkäufe von Rohfilm, durch große Leihmieten bei dem einen odei anderen Theaterbesilzer, der das große Geschäft macht, erzielt hat, müssen dazu benutzt werden, dem kleinen Theaterbesitzer einen angemessenen Preis einzuräumen. Wir sind durch unsere ganze Haltung von dem Verdacht befreit, eine Antiverleiherpolitik zu treiben; wir haben auch nicht zu widerlegen, daß wir etwa den Standpunkt des Herrn Scheer und seines Reichsverbandes durch dick und dünn verteidigen. Wir stehen hier einlach vor der Tatsache, daß eine Erhöhung der Leihmieten in einem Tempo erfolgt, das. ganz allgemein volkswirtschaftlich betrachtet, von einer großen Zahl der kleinen Theater- besitzer nicht zu tragen ist. Das Theaterpublikum kann eine Steigerung der Ein¬ trittspreise nicht mitmachen, die s ch in einem größeren Ausmaß bewegt als die Erhöhung des Einkommens. Dieses Einkommen abef richtet sich in besten Fall nach dem Reichsindex, der, wie schon eben bemerkt, jetzt vom Filmindex erheblich überholt wird. Aber ein anderes Faktum macht die Teucrungszuschlagpolilik ge¬ radezu katastrophal. Das ist der Versuch einer Anzahl Verleiher, den drei- and vierfachen Grund¬ preis der reuen Produktion zu¬ grunde zu legen. Man mot.viert das mit den höhe¬ ren Gestehungskosten. Diese Tat¬ sache ist aber, wenn man die Artikel führender Persönlichkeiten aus dem Verleihverbande verfolgt, schon in dem Pickschen Index mit berück¬ sichtigt. Sollte das nicht der Fall sein, so muß nach dieser Richtung hin eine Revision des Index statt¬ finden; denn es ist ein unhaltbarer Zustand, daß man auf der einen Seite mit Indexzahlen rechnet, die vom t. Iani.ar 1922 oder vom 1. Mai 1921 ausgeben, und dann eineGrund- zahl benutzt, die willkürlich fest¬ gesetzt ist. Im Augenblick, wo man das tut, verläßt man den korrekten, wirtschaftspolitisch jederzeit zu ver¬ teidigenden Boden. Ein Index verliert seine Beweis¬ kraft, wenn die Grundzahl, mit der in Zusammenhang gebracht wird, willkürlich ermittelt oder festgesetzt wird. Dieses Verfahren ist unverständlich, wenn man tagtäg¬ lich hört, daß Verleiher in freier Vereinbarung die alte Grundzahl ermäßigen, weil sic aus Kartellgründen ge¬ zwungen sind, die Teuerungszuschläge absolut innezuhalten. Uns liegen Aeußcrungen von einer ganzen Anzahl deut¬ scher kleiner und mittlerer Verleiher vor. die selbst den Standpunkt vertreten, daß die Preise, die auf Grund der alten Grundzahl verlangt werden, von vielen Theater- besitzern im Augenblick nicht mehr getragen werden können. Es wird Hochbetrieb in der Härtekommission geben, soweit man dieses Instrument überhaupt erst noch benutzt. Man treibt die kleinen und mittleren Verleiher dazu, die strenge Verbandsdisziplin vorn- und hinten¬ herum zu durchlöchern.