Der Kinematograph (September 1923)

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Nummer 862 63 Der Ri'ncmatjgcapfj Seite 7 Für den Verständigungsfrieden Gedanken zum Saisonbe^inn am 1. September Von H. Rosenfeld. Direktor der National-Film-A.-G. D ie Saison steht dicht vor uns. Und in der Saison haben wir alle zunächst einmal mit dem Publikum zu tun. Das ist das Leitmotiv der nachfolgenden kurzen Aus¬ führungen. Ich kann jnd will mich augenblicklich nicht auf alle die Streitmomente einlassen, welche zurzeit noch ungelöst oder halb gelöst zwischen Verleih und Theater¬ besitz bestehen. Die Saison steht vor uns. Und die Saison ist für uns das A und O, das Entscheidende unseres Gc- schäftslebcns. Und die Saison braucht praktisches Arbei¬ ten von beiden Seiten. Die schwebenden Streitigkeiten werden bis zum 1. Sep¬ tember noch nicht gelöst sein. Wir müssen also meinem Empfinden nach zunächst einmal den Burgfrieden her- stelien und die Arbeit beginnen, jene Arbeit, die uns den Erfolg bringen soll und mit dem Erfolg die Möglichkeit, weiter zu existieren .... Ich möchte das Augenmerk der Beteiligten auf den einen Punkt hinlcnkcn, der in den Spalten dieses Blattes schon mehrmals berührt worden ist. und der gerade heute für uns zu einer Angelegenheit von fundamentaler Wich¬ tigkeit wird: das Herausbringen der Filme. Wenn man ge¬ sehen hat. wie sorgfältig der größte Teil der amerikani¬ schen und englischen Theaterbesitzer an das Hcraus- bringen seiner Filme gehl, begreift man sehr gut, daß diese Leute mit ihren Filmen beim Publikum Erfolg haben müssen. Es ist doch eine alte Erfaluung, daß jedes Masscn- publikum — nicht nur das Kinopublikum — sowohl sug¬ gestionsfähig als auch suggestionsbedürftig ist. Die Leute wollen nicht nur etwas angezeigt bekommen, sie wollen auf das Besondere aufmerksam gemacht wer¬ den; sie wollen haben, daß men ihnen sagt, was sic dann selber noch finden sollen. Das wird nur durch eine ge¬ schickte Aufmachung, durch eine zielbcwußtc Einstellung des Publikums erreicht. Und die liegt bei uns noch sehr im argen. Die Reklame soll „anziehend", meinetwegen sogar „anreizend" sein, d. h. sie soll die Leute anzichcn oder ihre Neugier „reizen". Die stereotype Ausstellung der Photos und das ewig in derselben Form erfolgende Aushängen der Plakate allein machen cs nicht. Das ist eine Reklame. Die Anordnung, die Aufmachung machen cs. Bei den meisten Theatern bietet das Foyer tagaus tag¬ ein immer denselben Eindruck . . . nichts Neues, nichts Anregendes, nichts, was einen veranlassen könnte, stehen zu bleiben. Auch die Form der Anzeigen in den Tages¬ zeitungen — immer dieselbe, ohne neue Note, ohne irgend etwas, das die Aufmerksamkeit fesseln, das anreizen könnte. . . . Sehen denn wirklich viele Theaterbesilzer noch nicht ein. daß eine flaue Anzeige hinausgeworfcncs Geld ist. begreifen sic nicht, daß eine gute, schmissige Anzeige, die noch lange nicht geschmacklos zu sein braucht, das Viel¬ fache ihrer Kosten wieder einbringt?! Bleibt nicht in vielen Fällen es irgendeinem Angestellten überlassen, die Reklame zu ordnen?! Große Geschäfte, die mit großem Publikum und großen Umsätzen rechnen, halten sich eigene Reklamechefs mit einem Stab von Dekorateuren usw. Sie wissen, wieviel die Aufmachung beim Publikum ausmacht. Viele Theaterbesitzer wollen das nicht glau¬ ben. Viele meinen, ihr Hauptgeschäft liege im Verhandeln und Abschließen mit dem Verleih, im Erzielen möglichst niedriger Filmpreise, und eventuell noch im-Unter¬ bieten der Konkurrenz in bezug auf die Eintrittspreise. Die meisten vergessen, daL sie ihr Hauptgeschäft mit dem Publikum zu machen haben, daß sie ihre Ware nicht nur möglichst billig einzuhandcln, sondern auch möglichst teuer zu verkaufen haben, daß ihr Markt nicht in den Verleihbureaus, sondern in ihrem eigenen Theater liegt. Gerade die Frage der Eintrittspreise ist an dieser Stelle schon ausführlich und oft gewürdigt worden. Und doch möchte ich auf eines noch einmal aufmerksam machen; Wenn auch die Hamburger Versammlung gerade in die¬ sem entscheidenden Moment es verabsäumt hat. die Rege¬ lung dieser Angelegenheit auf die Tagesordnung zu setzen, so ist sie doch heute für uns alle von grundlegender Be¬ deutung, denn wir kaufen und bezahlen in der Produktion mit Gold, und der Theaterbesitzer muß sein in dieser Hin¬ sicht noch arg verwöhntes Publikum daran gewöhnen, daß die Leute, die für seine Erholung und Zerstreuung nach der Tagesarbeit tätig sind, nicht daran denken, ihrerseits mit Einnahmen zufrieden zu sein, cie noch nicht im ent¬ ferntesten an d : e Friedenspreise terankommen. Das Publikum ist heute daran gewöhnt — solange der heutige Währungszustand bleiben wird —, täglich für all seine Bedürfnisse andere Preise gefordert zu bekommen. Das Publikum besteht zum großen Teile aus Leuten, welche selbständig auf die Erhöhng ihrer Gehälter und Löhne drücken . . . und die meisten der Theaterbesitzer haben, wenn sic ehrlich sein wollen, die Erfahrung ge¬ macht. daß Preissteigerungen, die nicht allzu sprunghaft sind, nur ein momentanes Nachlassen des Besuches zur Folge hatten, nicht aber das Geschäft als solches ver¬ darben, denn der erhöhte Preis trachte gewöhnlich den kleinen Ausfall an Besuchern wieder wett. Ich rede hier von den Theatern, welche von guten Geschäftsleuten ge¬ leitet werden und die als Theater selbst einem Bedürfnis ihrer Gegend, ihres Stadtteiles usw. entsprechen. Ich selbst habe nicht den geringsten Zweifel, daß diese Art der Theater heute schon mit einer unzweifelhaft guten Sai¬ son rechnen können — denn das Kino ist und bleibt trotz allem noch das billigste Massenvergnügen, das wir haben. Etwas ganz anderes ist es mit jenen Theatern, welche seinerzeit als Konjunkturunternehmen begründet worden sind und deshalb heute, wo die Großkonjunktur vorbei ist und das Lichtspiclgewerbe mehr und mehr ein solid bür¬ gerlicher, kaufmännisch zu leitender Beruf wird, zum Ab¬ sterben verurteilt sind. Es wäre in hohem Grade wünschenswert, wenn die vor¬ stehenden Punkte von Verleihern und Theaterbesitzern gleichmäßig gewürdigt würden. Der Verleih kann den Theaterbesitzer mächtig unterstützen, wenn er ihm Finger¬ zeige gibt, wie in den großen Städten die Filme seines Be¬ triebes herausgebrachl wurden, welche Art von Reklame usw. von anderen Theatern erfolgreich gefunden wurde usw. Auf diese Weise käme ein großes und sicher erfolg¬ reiches Zusammenarbeiten für beide Teile heraus. Die Filme würden anständig herausgebracht, der Thealcr- besitzer würde sein Geschäft machen, und der Verleiher ebenso, und zahlreiche Scherereien wegen Nachlässen in der Filmmiete usw. würden ein für allemal aufhören, weil der Theaterbesitzer endlich einmal lernen würde, nicht nur gute Filme auszubeuten, sondern auch aus der. schlie߬ lich immer wieder vorhandenen, Mittelware auch das Möglichste hcrauszuholen. — Gerade an dieser Stelle, im „Kinematograph". der sich mit all diesen Problemen schon des öfteren befaßt hat,