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Der Kinematograph (October 1923)

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17. Jahrgang, Nr. 867 68 Berlin, 7. Oktober 1923 1f FILN'FACHBUIT " Der Ausweg Von A r o s. G rau in grau der politische Horizont. Düsterer als je zeichnet sich die Silhouette des Wirtschaftslebens. Der Millionentaumel ist vom Milliardenwahnsinn abge¬ löst. Substanzcrhaltung und Substanzvermchrung sind theoretische Begriffe, die in der Praxis abgelöst sind von der Sorge um die Beschaffung des Notwendigsten. Zu der Sorge, wo man das Geld hernimmt, die schwierige und komplizierte Überlegung, wie man die eingehenden Beträge vor Ent¬ wertung sichert, weil meist dasGeld. das am Abend die Kasse gekom¬ men ist, schon anderen Tage noch die Hälfte der Kaufkraft besitzt. Diese fürchter¬ liche Unsicherheit trifft in erster Linie die Fabrikanten und Verleiher schwer, die mit Pa- piermarkeingängen zu rechnen haben und die später in Gold Lizenzen er¬ werben und Kopien kaufen sollen. Die Fabrikanten schränken sich im¬ mer weitet meisten Hersteller warten. Gewehr bei Fuß, bis sich die Zeiten bessern, und die Wagemutigen führen unter un¬ säglichen Schwierigkeiten das Experiment zu Ende, mit dem festen Vorsatz, das einmal Begonnene zu vollenden und dann mit den anderen zu warten. Die Zeiten, wo die Ausländer sich um die deutsche Ware drängten, sind vorüber. Man kann den Käufer aus der Fremde auf der Friedrichstraße mit der berühmten Laterne des Diogenes suchen, um — genau so, wie jener Mann im grauen Altertum — nichts, gar nichts zu finden. Es ist müßig, zu streiten, ob wir mit diesem oder jenem Preis über der Weltmarktparität sind, denn wenn diese im Wirtschaftsleben entscheidende Grenze heute noch nicht erreicht ist, wird sie morgen sicherlich schon über¬ schritten sein. Tatenlos sehen die meisten zu, malen die Film-Götter¬ dämmerung an die Wand, sprechen von dem Niederbruch des deutschen Films, ohne zu überlegen, wie cs anders sein kann Heute geht es nicht mehr darum, ob der Index einige Millionen Punkte höher oder niedriger steht, heute kann nicht mehr darum gestritten werden, ob man die Preise schneller oder langsamer erhöht, heute hat jeder, wie wir das schon mehrfach auscinandergese.zt haben, dafür zu sorgen, daß er sich genau so mit Sekundenschnellig- keit umstellt, wie die Verhältnisse sich wirtschaftlich und politisch ent¬ wickeln. ln dem Augen¬ blick. wo diese Zeilen geschrieben werden. erwägt man für Deutsch¬ land die Bildung eines überparla- mentarischen Ka¬ binetts. Man denkt an eine Art Direk¬ torium mit dikta¬ torischer Gewalt. So etwas fehlt uns auch beim Film, nicht etwa für die Durchführung einer Diktatur der Preise. Sendern zur Durch¬ führung von ande¬ ren wirtschaftlichen Maßnahmen. die wichtiger sind als Leihmieten und Ver¬ tragsbedingungen. Die Schmutzkon¬ kurrenz muß um jeden Preis ausgeschaltet werden, jene Konkurrenz, die ihr Geschäft glaubt durch Unterbieten machen zu können, die grundsätzlich ihren Preis niedriger hält, als der Nachbar, oder die durch Freikarten, Er¬ mäßigungskarten und andere Methoden, die mit seriöser Geschäftsführung nichts zu tun haben, besser abzuschnei¬ den glauben, als der Nachbar. Es fehlt uns der Diktator, der endlich einmal die Pro¬ grammlänge bestimmt und der dafür sorgt, daß in keinem deutschen Lichtspielhaus mehr als ein Drama und ein Lustspiel gezeigt wird. Der diejenigen zur Raison bringt, die immer noch glauben, mindestens dreieinhalb- bis vier¬ tausend Meter in einem Programm abrollen zu müssen. Es fehlt der Diktator — um von den Fabrikanten zu sprechen — der der Überzahlung der Stars ein Ende macht, der dem Hersteller durch den Zwang beibringt.